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Nachrichten aus dem Rest der Welt

Politik des Antichrist: Peter Thiel als Weltideenlieferant
Versteht man Weltpolitik besser, wenn man sie im Zeichen des Antichrist analysiert? Peter Thiel, milliardenschwerer Tech-Unternehmer, hält Wokeness für ein Zeichen verweltlichten Hyperchristentums.


Auch Wladimir Solowjow, der große russische Dichter und Religionsphilosoph, verstorben im Jahre 1900, ist ein Geschichtenerzähler wie Peter Thiel, der quicklebendige amerikanische Investor, Tech-Unternehmer und Milliardär deutscher Herkunft, beide vereint im Narrativ des Antichrist (wir kommen noch dazu: zur endzeitlichen Verkörperung des Satans lege Thiel). Aber beide eben doch auch grundverschieden darin, dass von Thiel die performative Faszination eines ideengeschichtlich hochgerüsteten Tausendsassas ausgeht, der mit seinem im weitesten Sinne philosophischen Gepäck nicht etwa im Amte des öffentlichen Intellektuellen unterwegs ist, welcher dann und wann ein Buch schriebe und sich im übrigen als paukerhafter „Richtigsteller des Tages“ (Klaus Wagenbach) gefallen würde. Nein, Thiel tritt als technologischer Macher und disruptiver Souffleur der Weltpolitik auf und sorgt damit – je nach Perspektive des Betrachters – für Aufklärung oder den Eindruck irrlichternder Mythologie, ist jedenfalls mit demokratiekritischen Zitaten und Etiketten wie „rechtslibertär“ nicht abzufertigen.

Darin, dass Thiel nicht entlang der Systeme denkt, nicht die bereit liegenden Deutungsschemata bedient, sondern, beispielsweise, den Antichrist in seine Zeitdiagnosen mit einer Geläufigkeit einbezieht und vorkommen lässt, als sei er, der Antichrist, eine empirisch-politische Figur wie Donald Trump, Angela Merkel, Elon Musk oder Kamala Harris – darin ist Thiel – noch einmal: je nach Sicht des Betrachters – ein kurioser oder recht eigentlich analytischer Kopf. Ebendiese schillernde, vom Diesseits wie vom Jenseits bestimmte Weltsicht reizte den irgendwie kongenial tickenden Roger Köppel, Chefredakteur der „Weltwoche“, in der aktuellen Ausgabe des Blattes mit Thiel ein längeres Interview zu führen.

Thiels performativer Kniff
In diesem Gespräch wird die erwähnte Polit-Prominenz auf derselben Bedeutungsebene wie der metaphysisch beheimatete Antichrist behandelt. Thiel gibt zu Protokoll, dass „die religiöse Dimension für mich die entscheidendere Kategorie als ,der Westen’“ sei. Weltgeschichte wird hier gleichsam ohne weiteres mit Heilsgeschichte kurzgeschlossen, das ist Thiels performativer Kniff. Und „ja, Wokeness ist in gewisser Hinsicht ,hyperchristlich’, ein verweltlichtes Hyperchristentum“, darin vom Antichrist getrieben.

 
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