Ich bin sicher kein Freund der EU in ihrer jetzigen Form, aber über einen EU-Austritt in der aktuellen Situation nachzudenken ist abenteuerlich. Meinst Du, der IWF hätte heute weitere 3,24 Mrd. € frei gegeben, wenn GR nicht in der EU wäre???
Die europäische Linke, zusammen mit Teilen der Sozialdemokratie, hat von Anfang an darauf bestanden, dass Länder in der Schuldenkrise nicht auf Kosten der Bevölkerung saniert und "totgespart" werden dürfen. Insofern ist Deine Ablehnung einer Zusammenarbeit nicht nur unverständlich, sondern äusserst kontraproduktiv.
Für die Widerstandskraft durch eine "orthodoxe Ethik" hätte ich gerne Beispiele. Waren nicht alle Politiker und Generäle in GR orthodox? Die Kirche hatte wohl keinen sooo grossen Anteil am Widerstand gegen die Putschisten, oder???
Ich würde mir nichts mehr wünschen als ein Griechenland ohne Kredite vom IWF. Dir scheint nicht bekannt zu sein, dass die Kreditvergabe durch den IWF und die Weltbank ein Mittel ist, um Länder der Dritten Welt hoch zu verschulden um als Gläubiger Forderungen stellen zu können. Beispiele sind in in Afrika und Südamerika zu sehen, wo enorme Privatisierungen stattgefunden haben auf Geheiß des IWF. Ebenso ist es mit Griechenland geschehen, nicht nur seit der Krise sondern seit über dreißig Jahren. Als einziges Mitglied besitzen die USA ein Recht auf ein Votum, da für Entscheidungen im IWF eine Zustimmung von 85% der Mitglieder benötigt wird, die USA aber einen Stimmanteil von 16% haben.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen Orthodoxie auf dem Papier und gelebter Orthodoxie. Griechenland hat seit 1821 noch nie ehrliche Politiker hervorgebracht. Das Problem liegt hierbei in den Oberschichtskreisen Griechenlands, die seit dem Bestehen der Nation Interessen fremder Mächte vertraten und es immer noch tun, und nicht bei der Orthodoxie und der Moral der Heiligen Schrift. Die Humanozentrik hat jedenfalls keine vorzeigbareren Ergebnisse hervorgebracht. Arbeit einer zukünftigen Regierung wäre es auch, die Institutionen der Kirche nicht anfällig für Einflussnahme durch die Politik zu machen. Wie das geschehen soll und kann, muss die Praxis zeigen.
Griechenland muss, ob mit oder ohne Europäer, so oder so sparen und die staatlichen Institutionen auf Vordermann bringen, und das heißt auch, dass die Ministerien und Kommunen von Schmarotzern und Betrügern gereinigt werden müssen. Das muss
sowieso geschehen. Nur ist es ein großer Unterschied, ob das aus Eigeninitiative geschieht oder auf Zwang von Außen hin.
Die Linken hingegen haben die Problematik an sich überhaupt nicht erkannt und würden am Staat überhaupt nichts verändern. Ich bin ein Befürworter eines starken und regulierenden Staates, aber auch ein starker Staat muss richtig organisiert sein und darf keinen Platz für Betrügereien bieten. Die Linken sagen zwar, dass sie den Schuldendienst einstellen wollen, aber sie erklären nicht, wie sie das Land dann und noch dazu ohne Reformen über die Runden bringen wollen. Was soll das sein? So kann man kein Land aus der Abhängigkeit führen. Außerdem bin ich, wie schon gesagt, nicht bereit, Linke Kräfte zu unterstützen, deren Prioritäten in der selbstverliebten Umsetzung europäischer und kosmopolitischer Ideen sitzen anstatt das Land pragmatisch zu führen.
Hierzu ein Zitat aus Lenins "Kommunistischer Moral":
"Die herrschenden Kreise der USA exportieren kosmopolitische Ideen in dem Bestreben, die Völker der anderen Länder zu zwingen, ihre nationale Souveränität aufzugeben und ihre Wirtschaft und Kultur den amerikanischen Monopolen zur Ausplünderung zu überlassen. Die Ehrfurcht vor allem Ausländischen kam den Aposteln der kosmopolitischen Ideen sehr gelegen; sie trug ihrem ganzen Wesen nach einen antipatriotischen Charakter."
Übertragbar auf Europa und den Eurozentrismus der Linken.