Mit dem Holocaust wurde das jüdische Thessaloniki ausgelöscht
Ein Augenzeuge berichtet über die Barberei
Während der deutschen NS-Besatzung wurden rund 86 Prozent der griechischen Juden ermordet. Die schrecklichen Jahre werden ebenso verdrängt wie die schwierige Frage der griechischen Kollaboration bei den Kriegsverbrechen.
86 Prozent der griechischen Juden ermordet
Sie weinten. Der Zug hielt nicht an, denn die Fahrt dauerte sechs Tage. Außen war Stacheldraht. Es gab einen großen Bottich, in den man urinierte, man uriniert ja vor Angst. Und Wasser, Wasser, Wasser, man schrie nach Wasser, so durstig war man.
Dazu Kounio: „Kurz bevor wir Auschwitz erreichten, sah ich durch das Fenster nicht einen, nicht zwei, nicht drei, nicht vier – es waren fünf riesige hohe Schornsteine. Und über dem schwarzen Rauch stieg weißer Rauch auf – das waren die Aschenreste, das waren die Seelen der Menschen.“
Die Deutschen ermordeten rund 86 Prozent der 70.000 bis 80.000 griechischen Juden.
Bis heute ist kaum bekannt, dass griechische Beamte bei der Verhaftung und Enteignung mithalfen. Die griechische Gendarmerie trieb die Juden in Thessaloniki zur Zwangsarbeit zusammen, griechische Polizisten bewachten die jüdischen Gettos und griechische Sachbearbeiter verwalteten mit das geraubte jüdische Eigentum.
Kollaboration vieler Griechen
Die Stadtverwaltung von Thessaloniki machte sogar mit dem zuständigen deutschen Kriegsverwaltungsrat Max Merten gemeinsame Sache, einem korrupten Kriegsverbrecher. Denn die Kommunalbeamten hatten es bereits seit Jahren auf den jüdischen Friedhof der Stadt abgesehen, weil sie dort eine Universität bauen wollten. Nun, mithilfe der Nazis, raubten sie das Grundstück, das mit seinen 400.000 Gräbern den größten jüdischen Friedhof Europas umfasste.
Während der deutschen NS-Besatzung wurden rund 86 Prozent der griechischen Juden ermordet. Die schrecklichen Jahre werden ebenso verdrängt wie die schwierige Frage der griechischen Kollaboration bei den Kriegsverbrechen.
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