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Nachrichten aus Kanada

Kanada zwischen zwei Welten – Mark Carney, die europäische Aufrüstung und Trumps imperialer Lockruf
Es war ein Moment seltener Klarheit in einer zunehmend multipolaren Welt: Am 27. Mai, nur wenige Stunden nach seiner Thronrede, sprach der kanadische Premierminister Mark Carney in einem exklusiven Interview mit CBCs Power & Politics über den künftigen Kurs seiner Regierung – und über Kanadas Rolle in einer Welt, in der „Abhängigkeit“ längst kein neutrales Wort mehr ist.
„75 Cent von jedem Verteidigungsdollar gehen in die USA. Das ist nicht klug“, sagte Carney mit nüchternem Ton.
Seine Vision? Ein Bruch mit alten Gewissheiten – und ein entschlossener Schulterschluss mit Europa. Denn während der alte Kontinent mit ReArm Europe eine Verteidigungsinitiative in nie dagewesener Höhe von 1,25 Billionen Dollar plant, will Kanada einsteigen – bis spätestens zum Nationalfeiertag am 1. Juli. „Wir machen große Fortschritte“, so Carney. „Bis zum Canada Day wollen wir etwas Konkretes sehen.“
Trumps Gegenangebot: Koloniallogik im Social-Media-Gewand
Doch während Carney über europäische Souveränität spricht, wartet südlich der Grenze bereits das Imperium – in Form eines Präsidenten, der sich nicht mit Absagen begnügt. Donald J. Trump ließ über Truth Social verlauten:
„Ich habe Kanada gesagt, dass unser Golden Dome System 61 Milliarden Dollar kosten wird, wenn sie eine getrennte, aber ungleiche Nation bleiben – aber NULL Dollar, wenn sie unser geliebter 51. Bundesstaat werden. Sie ziehen das Angebot in Betracht!“
Die Botschaft ist so durchschaubar wie beunruhigend: Wer Kanadas Verteidigung sichern will, solle sich gleich politisch einverleiben lassen. Ein ironiefreies Remake des 19. Jahrhunderts in digitaler Verpackung.

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„Kanada empfängt den Sturm – Trumps Auftritt als globale Feuerprobe“
Kananaskis, ein Ort der Stille, hoch in den kanadischen Rockies gelegen, wird an diesem Wochenende zur Bühne eines weltpolitischen Dramas. Hier, wo der Wind zwischen den Gipfeln pfeift und das Echo vergangener G8-Gipfel noch spürbar ist, treffen sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen – unter ihnen ein US-Präsident, der nicht gekommen ist, um zu einen, sondern um zu spalten. Donald Trump, der Mann, der Kanada öffentlich zur 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten erklären wollte, reist in ein Land, das sich unter Premierminister Mark Carney längst zur diplomatischen Gegenkraft formiert hat. Und Carney, der ehemalige Zentralbankchef mit intellektueller Klarheit und politischer Entschlossenheit, empfängt diesen Präsidenten nicht mit devotem Protokoll, sondern mit einer Agenda der Abgrenzung.

Trump führt Krieg – wirtschaftlich, rhetorisch, strategisch – gegen genau jene Länder, die ihn nun am Verhandlungstisch erwarten. Zölle, Drohungen, Nationalismus. Was einst als G7 das Versprechen globaler Koordination war, ist unter Trump zur geopolitischen Zerreißprobe geworden. Carney hat aus diesen Vorzeichen Konsequenzen gezogen: Kein gemeinsames Abschlussdokument, kein künstlich erzeugter Konsens. Wie schon Macron 2019 in Biarritz verweigert er sich dem diplomatischen Ritual und ersetzt es durch eine nüchterne Zusammenfassung – ein „Chair’s Summary“, das nichts vorgaukelt, was nicht vorhanden ist. Denn die Einheit ist brüchig, das Vertrauen geschwächt, die Erwartung an diesen Gipfel: gedämpft bis alarmiert. Die Risse in der globalen Architektur werden deutlich, sobald Trump das Gelände betritt. Auf dem Papier geht es um Wachstum, Klima, Sicherheit – in Wahrheit geht es um das Verhältnis zu einem Präsidenten, der Regeln nur kennt, um sie zu durchbrechen. Volodymyr Selenskyj wird erwartet, ein weiteres Mal gezwungen, sich dem erratischen Auftreten jenes Mannes auszusetzen, der einst die US-Unterstützung für sein Land an Bedingungen knüpfte. Auch Claudia Sheinbaum, Mexikos neue Präsidentin, wagt ihr erstes persönliches Treffen mit Trump – wohlwissend, dass jeder Händedruck auf diplomatischem Porzellan stattfindet.

 
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