Die USA werden im Juni wieder selbst Menschen ins Weltall schicken, und haben dann von diesem Jahr an auch erstmals zwei verschiedene Möglichkeiten dies zu tun. Einmal den Starliner von Boeing und einmal die Crew Dragon von SpaceX. Der Starliner von Boeing wird auf einer Atlas 5 fliegen, welche von russischen RD-180 bzw. zukünftig RD-181 Triebwerken angetrieben wird, die Crew Dragon allerdings von einer Falcon 9, welche von amerikanischen Merlin-Triebwerken angetrieben wird.
Die Lieferverträge für die RD-181 sind allerdings gestaffelt, der Vertrag sieht eine Mindestabnahme von 20 Triebwerken vor, die in 20er Schritten auf 60 wachsen kann. Allerdings hat ULA (der Entwickler und Betreiber der Atlas 5-Rakete) bereits einen Liefervertrag für BE-4-Triebwerke des amerikanischen Raumfahrtunternehmens Blue Origin (Besitzer: Jeff Bezos, aka reichster Mensch der Welt) unterzeichnet, mit welchen die geplante Vulcan-Rakete fliegen wird, die die Atlas 5 beerben soll. D.h., sobald die Vulcan-Rakete einsatzbereit sein wird, werden die USA vollständig unabhängig von russischen Importen sein. Da die Vulcan bereits 2021 einsatzbereit sein soll, würde es mich stark wundern, wenn mehr als die erste Staffel an Triebwerken bestellt wird. 20 Triebwerke reichen für 20 Atlas 5-Starts, womit ULA bis 2023 eingedeckt wäre.
Für die russische Raumfahrtindustrie sieht es tatsächlich nicht gut aus: In den letzten Jahren hat SpaceX bereits den russischen Marktanteil an kommerziellen Satellitenstarts von über 50% im Jahr 2010 auf fast 0% im Jahr 2018 gesenkt. Dazu werden in den 2020ern mit der New Glenn von Blue Origin, der BFR von SpaceX, und der Vulcan von ULA gleich drei verschiedene Raketen der nächsten Generation einsatzbereit sein, die allesamt 100% inländisch hergestellt werden. Aufgrund der schlechten finanziellen Lage und der schwierigen Zukunftsperspektive war auch der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Dimitry Rogozin neulich bei Putin, damit dieser neue Gelder bewilligt, um eigene Forschungen im Bereich der Raketen der nächsten Generation zu finanzieren (solche, die mit flüssigem Methan fliegen).
Aber nicht nur die USA ziehen davon: Auch die EU hat mit der Ariane 6 eine neue Rakete in den Startlöchern, und auch Indien und China treiben ihre Eigenentwicklungen voran. Russland hat sich zu lange auf sowjetischer Technologie ausgeruht, und droht jetzt die einzige wirklich wettbewerbsfähige High-Tech-Branche des Landes zu verlieren.