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Sechs Olympia-Geschichten aus Sotschi: Medaillen sind nicht alles
Nicht alle Olympioniken in Sotschi werden mit Medaillen in ihre Heimat zurückkehren. Für einige Athleten ist die Teilnahme an den Winterspielen jedoch bereits der größte Erfolg.
Sieg von Bryan Fletcher
Beim US-amerikanischen Nordischen Kombinierer Bryan Fletcher wurde im Alter von drei Jahren Leukämie diagnostiziert. Er musste sich einer Chemotherapie unterziehen. Als Bryan eingeschult wurde, hatte er fast keine Haare mehr auf dem Kopf. Doch seine Klassenkameraden waren jedes Mal begeistert, wenn er mit einem Ninja-Kostüm in der Schule auftauchte. Trotz der schweren Diagnose mit einer Überlebenschance von 15 Prozent ließ ihn seine Mutter im Alter von vier Jahren zum Skispringen gehen.
"„Skispringen hat mich von der Chemotherapie, den Ärzten, der Behandlung abgelenkt. Damals hatte ich keine große Überlebenschance. Deswegen sagte mir meine Mutter - mach, was du willst", so der Olympia-Teilnehmer in einem Interview.
Mit sechs Jahren erlitt Fletcher einen Hirnschlag, die meisten verlieren anschließend ihre Kindheitserinnerungen.
Heute ist Fletcher 27 Jahre alt. 2011 und 2012 wurde er von der US Sports Academy als bester Athlet in der Nordischen Kombination ausgezeichnet. 2012 siegte er auf der Großschanze bei einem Weltcup in Norwegen. Der Sportler organisiert regelmäßig Spende-Aktionen für Stiftungen, die gegen den Krebs kämpfen.
Experten zufolge könnte Fletcher bei Olympia den Sprung unter die ersten zehn schaffen. Doch unabhängig von seinem persönlichen Abschneiden in Sotschi - seine Teilnahme an den Spielen ist bereits Gold wert.
Traum ist wichtiger als Geld
Justin Reiter ist einer der besten US-Snowboarder. An den Olympischen Spielen in Vancouver konnte er nicht teilnehmen, weil er einfach kein Geld hatte. Um zu den Spielen in Sotschi reisen zu können, sparte er Geld und wohnte ein Jahr lang im seinem Auto.
"„Das könnte als mein Trainingscamp bezeichnet werden. Hier ist mein Schlafraum", sagt Reiter und zeigt auf den Kofferraum seines Vans, in dem ein Klappbett montiert ist. „Hier im Innenraum ist mein Büro. Doch ich beschwere mich nicht. Ich will niemanden zum Weinen bringen. Ich habe diese Entscheidung bewusst getroffen", sagt er.
Reiter ist Vizeweltmeister. Die Silbermedaille bewahrt er im Handschuhfach auf.
Eine Goldmedaille in Sotschi würde Reiter keinen großen Geldsegen bescheren. In den USA bekommen die Athleten für Olympia-Gold nur 25.000 Dollar. Doch der Traum, Gold in Sotschi zu holen, ist für den Snowboarder wichtiger als ein Haus oder Geld.
Der Ski-Opa
Der mexikanische Skifahrer Hubertus von Hohenlohe ist einer der extravagantesten Athleten bei den Winterspielen. Seine Fans nennen ihn Ski-Opa. Der 55-Jährige ist nicht nur der älteste Sportler bei den Spielen in Sotschi, sondern auch der einzige Vertreter Mexikos.
Der Nachfahre einer deutschen Adelsfamilie leitet persönlich den von ihm gegründeten mexikanischen Skisportverband. Er schickt also sich selbst zu den Winterspielen. Für den Auftritt auf der Piste in Sotschi ließ der passionierte Hobby-Sänger einen Skianzug im mexikanischen Folklore-Look anfertigen.
Hubertus von Hohenlohe nahm bereits an zwölf Weltmeisterschaften und sechs Olympischen Spielen teil.
Der mexikanische Skiläufer hat bescheidene Pläne für Sotschi. „"Es wäre gut, in die Top 50 zu gelangen. Vielleicht sogar in die Top 40. In Vancouver habe ich es auf Platz 46 geschafft. Meinen Rekord würde ich gern verbessern", so Hubertus von Hohenlohe.
Norwegischer „Prinz" feiert Comeback
Der norwegische Skirennläufer Aksel Lund Svindal erlitt 2007 bei einem Training eine schwere Verletzung. Wie Medien damals berichteten, hatte sich der Norweger bei dem Unfall Knochenbrüche im Gesicht und im Rücken zugezogen, ein Ski hatte sich in seinen Oberschenkel gebohrt.
Fast zwei Jahre dauerte seine Rehabilitation. Doch das Comeback des "norwegischen „Prinzen" war ein Triumph. In der Saison 2008/2009 gewann Svindal den Gesamtweltcup. Das war nur der Beginn seiner beeindruckenden Siegesserie.
Bei den Olympischen Spielen in Vancouver gewann Svindal Gold im Super-G, Silber in der Abfahrt und Bronze im Riesenslalom.
Experten hatten eine Goldmedaille in Sotschi erwartet, doch Svindal schaffte es in der Abfahrt nur auf den vierten Platz.
"„Der vierte Platz ist der schlimmste", sagte Svindal. „"Doch es ist nicht das erste und anscheinend nicht das letzte Mal. Wenn man um die Medaillen kämpfen will, muss man auch auf eine Niederlage gefasst sein", so der Sportler.
Der Norweger ist bekannt für seine strenge Selbsteinschätzung. Svindal kehrte erst vor fünf Jahren nach einer zweijährigen Unterbrechung zum Sport zurück.
Langer Weg zu Gold
Beim international erfolgreichen Bobfahrer Steven Holcomb wurde 2001 die Augenkrankheit Keratokonus diagnostiziert. Ihm drohte damals der komplette Verlust seiner Sehkraft. Mit jedem weiteren Tag sah er schlechter, dennoch fuhr weiter Bob im Eiskanal.
Bei den Olympischen Spielen 2006 schaffte er es im Zweierbob auf Platz 14 und im Viererbob auf Platz 6. 2007 gewann er die WM im Zweierbob. Damals halfen ihm weder Brillen noch Kontaktlinsen, er führte den Bob nach Gefühl durch die Bahn.
2008 fand er einen Arzt, der ihm helfen konnte. Heute ist Holcomb mehrfacher Weltmeister, Olympia-Sieger in Vancouver und einer der Gold-Favoriten in Sotschi.
Im November 2012 veröffentlichte er seine Autobiografie „"But Now I See". In diesem Buch berichtet er von seinen Depressionen während seiner Krankheit, doch er hielt an seinem Traum fest, eine Olympiamedaille zu gewinnen.
Die wichtigste Medaille für Pluschenko
Bei der Vorbereitung auf die Winterspiele in Sotschi fürchtete der zweifache Olympia-Sieger Jewgeni Pluschenko nach seiner schwierigen Bandscheiben-Operation, zum Invaliden zu werden.
Seine Ehefrau Jana Rudkowskaja sagte, dass die Reha nach der Operation an der Wirbelsäule ihn physisch und mental sehr beansprucht hatte. Im Februar 2013 war Pluschenko in Israel operiert worden. Am 9. Februar 2014 gewann er Goldmedaille im Team-Wettbewerb in Sotschi.
"„In Russland konnte niemand diese Operation durchführen", sagte Rudkowskaja in einem Interview mit der Sportnachrichtenagentur R-Sport. "Den einzigen Arzt, der Garantien gab, fanden wir in Israel. Doch seine Chancen wurden nicht prognostiziert. Alles hänge von Jewgeni und seiner Willenskraft ab, so die Ärzte. Wir reisten nach Israel und machten diese komplizierte Operation. Bei Jewgeni wurde eine Bandscheibe entfernt und durch Kunststoff ersetzt.
„Dann begann eine schreckliche Geschichte namens Rekonvaleszenz". „Im Juni gab es ein Treffen mit dem Trainerstab. "Trainer Alexej Mischin sagte, wenn Jewgeni im September nicht mit den Vierfachsprüngen beginnt, ist ein Comeback sinnlos. Im Juni begann er mit Einzel- und Doppelsprüngen. Er hatte schreckliche Schmerzen. Bei den Doppelsprüngen stürzte er. Als die Doppelsprünge mehr oder weniger gelangen, ging es weiter mit den Dreifach-Sprüngen. Dann begannen psychologische Probleme. Er hatte Angst zu stürzen und eine Behinderung davonzutragen."
Am 13. und 14. Februar wird Pluschenko als Gewinner von vier Olympiamedaillen (zweimal Gold, zweimal Silber) in Sotschi aufs Eis gehen. Neben Pluschenko konnte nur der Schwede Gillis Grafström vier Medaillen als Eiskunstläufer gewinnen. Der Russe könnte mit seiner fünften Medaille Sportgeschichte schreiben. Ob es Gold, Silber oder Bronze werde, sei dabei nur nebensächlich, so die Fans.
http://de.ria.ru/opinion/20140213/267827442.html