Ich schlage vor, einfach mal in der Geschichte weiter zurück zu gehen. Zum Verständnis. Würde der Diskussion gut tun, denke ich.
Die
Kurden in der Türkei stellen mit schätzungsweise 18 Prozent der Gesamtbevölkerung (ca. 14–15 Millionen)[SUP]
[1][/SUP] die größte
ethnische Minderheit in der Türkei dar. Da bei den Volkszählungen in der Türkei seit 1985 nicht mehr nach der Muttersprache gefragt wird, gibt es keine exakten Angaben zur Anzahl der Kurden in der Türkei. Auf der Grundlage des
Vertrags von Lausanne erkannte die neugegründete
Türkei die
Kurden – im Gegensatz zu den
Armeniern und
Griechen – nicht als ethnische Minderheit an.
Weite Bevölkerungsteile der Kurden lebten seit dem 11. Jahrhundert unter türkischem Einfluss, zunächst unter den
Seldschuken und später unter den
osmanischen Herrschern. Zu den ersten offiziellen Beziehungen zwischen Kurden und dem osmanischen Reich kam es im Jahre 1514. Am
Krieg von Çaldıran nahmen die Kurden auf Seiten der Osmanen teil. Dadurch erlangten sie die Möglichkeit, ihre autonomen Herrschaftsformen im osmanischen Reich fortzuführen. Die autonome Struktur der kurdischen Fürstentümer dauerte bis ins 19. Jahrhundert, ohne zu weiteren Konflikten zu führen.[SUP]
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Von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Jahre 1880 und dann weiter bis zum
Ersten Weltkrieg gab es zahlreiche kurdische Aufstände, in deren Folge die kurdischen Fürsten ausgeschaltet wurden und die autonomen Herrschaftsstrukturen ein Ende fanden. Teile der kurdischen Eliten fassten daraufhin den Entschluss, einen unabhängigen Staat zu gründen.[SUP]
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Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg wurde den Kurden durch die
Triple Entente im Frieden von Sèvres 1920 einerseits das Recht auf Selbstbestimmung zugebilligt. Andererseits wurde das kurdische Gebiet aufgeteilt: Die südwestlichen Regionen
Kurdistans waren französischer Einflussbereich und wurden so
Syrien zugeschlagen, Großbritannien wurde Mandatsmacht im heutigen
Irak, dem die südöstlichen kurdischen Landesteile zugefügt wurden.
Angesichts der Besetzung und Teilung der Türkei organisierte
Mustafa Kemal, später Atatürk, den Widerstand gegen die europäischen
Besatzungsmächte und
Griechenland. Durch geschicktes Taktieren und Appellieren an die religiösen Empfindungen der Kurden sicherte er sich die Unterstützung der kurdischen Stammesführer und
Scheichs. Die Kurden kämpften darauf erfolgreich auf Seiten der Türken gegen die Besatzungsmächte im
nationalen Befreiungskampf.
Im neu ausgehandelten
Vertrag von Lausanne (24. Juli 1923) wurden die Bestimmungen von Sèvres jedoch revidiert und die Autonomiezugeständnisse an die Kurden fielen weg. Die Reformen von Atatürk,
Laizismus und
Säkularisierung, stießen bei den durch feudale Strukturen und Religiosität geprägten Kurden auf Widerstand. Hinzu kam, dass die
kemalistische Ideologie einen homogenen türkischen Staat vorsah. Gegen diese Reformen und türkische Assimilierungsversuche kam nun seitens der Kurden Widerstand auf.
Bekannt wurde der Ausspruch des türkischen Justizministers Mahmut Esat Bozkurt zur Kurdenfrage. Im Jahre 1930 äußerte er, die Türken seien die Herren des Landes. Diejenigen, die keine „echten Türken“ (
Öztürkler) seien, hätten nur ein einziges Recht: Das Recht, Diener oder Sklave zu sein.[SUP]
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Zwischen den Jahren 1925 und 1938 gab es etwa zwanzig kurdische Aufstände, die religiös, wirtschaftlich und politisch motiviert waren. Aufstände wie der
Koçgiri-Aufstand (1920),
Scheich-Said-Aufstand (1925), der
Ararat-Aufstand (1930) und der
Dersim-Aufstand (1938) wurden von der
türkischen Armee niedergeschlagen. Den Kämpfen folgten umfangreiche Türkisierungsmaßnahmen, so wurden türkische Nachnamen eingeführt und Ortsbezeichnungen durch türkische ersetzt. Daneben erfolgten auch Umsiedlungen mit Deportationen von Kurden und gleichzeitiger Neuansiedlung von Türken.[SUP]
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Die Kurden galten im Sprachgebrauch als
Bergtürken.[SUP]
[5][/SUP] Der offizielle Gebrauch der kurdischen Sprache war lange Zeit verboten.
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[h=3]Nicht als Minderheit anerkannt[/h] Bedingt dadurch, dass die Türken erst im Hochmittelalter in Kleinasien eingewandert sind, wie auch durch die spätere Nationalitätenpolitik existiert in der Türkei ein ethnisch-religiöses Mosaik. Die meisten Völker, welche in der Türkei leben, werden nicht als eigenständige ethnische Gruppen anerkannt. Die wesentlichen Gruppen sind:
[h=5]Geschichte[/h] Nach einem ersten
gescheiterten Versuch 1876 begann der türkische
Parlamentarismus mit der
jungtürkischen Revolution von 1908. Auch nach der Republikgründung 1923 wurde kurdischen Notabeln (Stammesführern) unter der Bedingung, die Unteilbarkeit der Nation nicht zu bekämpfen, die Vertretung ihrer Interessen in
Ankara gestattet.[SUP]
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Schon vor der Republikgründung gab es Aufstände der Kurmandschen und Zaza, getrieben durch nationale und religiöse Motive:
Die Türkei reagierte stets mit militärischer Härte. Daneben griff der Staat zu folgenden Maßnahmen:
- Die Existenz eines kurdischen Volkes wurde jahrzehntelang staatlicherseits geleugnet.
- Zahlreiche Ortsnamen (die meisten davon Kurmandschi und Zazaki) wurden türkisiert.
- Kurmandschen und Zaza erhielten türkische Nachnamen.
- Der Gebrauch des Kurmandschi und Zazaki in der Öffentlichkeit wurde 1983 gesetzlich verboten.[SUP][35][/SUP] Das Verbot wurde 1991 aufgehoben.[SUP][36][/SUP]
- Mit dem sogenannten „Tunceli-Gesetz“[SUP][37][/SUP] wurden Regionen in Westanatolien für die Ansiedlung (wörtlich „Assimilierung“) der kurdischen Bevölkerung ausgewiesen. Andere Regionen sollten gänzlich evakuiert werden. Weitere Zonen wurden für die Neuansiedlung türkischstämmiger Siedler freigegeben. Traditionen wurden verboten und Stammesrechte aufgehoben. (vgl. Franz)
- Kurdische Parteien wurden mehrfach verboten (HEP, HADEP, DEHAP, DEP, DTP), kurdische Politiker inhaftiert und Dutzende von ihnen ermordet.
Zu einer offenen kurdischen Vertretung im Parlament kam es nach 1991, als die
SHP einige
HEP-Mitglieder als unabhängige Kandidaten in ihre Listen aufnahm. Die kurdische Partei HEP scheiterte an der Zehn-Prozent-Hürde. Durch die Zusammenarbeit mit der SHP schafften es 14 HEP-Politiker als Unabhängige ins Parlament. Einige Zeit danach beendete die SHP die Zusammenarbeit mit der HEP. Grund dafür waren verschiedene nationalistische Äußerungen der kurdischen Parlamentarier und vor allem solche, die aus Sicht der SHP nicht genügend Distanz zur
PKK aufwiesen.[SUP]
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