G
Gelöschtes Mitglied 8317
Guest
[h=2]Diese Nachrichten sind ganz nach Putins Geschmack[/h]Nach dem Nachrichtensender „Russia Today“ gibt es jetzt ein neues mediales Spielzeug Putins. „Sputnik News“ heißt der digitale Satellit des Kremls im Netz. Er soll die Welt mit russischer Propaganda versorgen.
Oktober 1957, als die UdSSR den Amerikanern in der Raumfahrt noch einen Schritt voraus schien, war der sowjetische Satellit „Sputnik“ der erste von Menschen geschaffene Trabant, der die Erdumlaufbahn erreichte. „Weggefährte“ oder „Begleiter“ bedeutet der Name. Er passt zu dem Nachrichtenportal, das seit vergangenem November im Internet seine Botschaften verbreitet: „Sputnik News“ ist ein treuer Begleiter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Hinter „Sputnik News“ steht das Medienkonglomerat „Rossija Sewodnja“ (Russland heute). Es gehört dem russischen Staat und wurde im Dezember 2013 durch die Unterzeichnung des Erlasses Nr. 894 von Putin gegründet: Der Auslandsrundfunkdienst „Stimme Russlands“ und die Agentur „Ria Novosti“ wurden aufgelöst und zu einer neuen Agentur verschmolzen - der „Internationalen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja“.
Diese führt unter anderem mit „Sputnik News“ die russische Medienoffensive im „Informationskrieg“ und will eine Antwort auf die „russenfeindliche Haltung“ westlicher Medien geben. Eine solche sieht die russische Regierung etwa in der kritischen Berichterstattung zu Sotschi, dem Ukraine-Konflikt oder dem Abschuss der Malaysia- Airlines-Maschine MH17. Vom Duktus her gleicht „Sputnik News“ dem russischen Auslandsender „RT“, der ebenfalls „Rossija Sewodnja“ gehört: Kreml im O-Ton.
[h=2]Digitale Feuerkraft[/h]Der Aufwand für „Sputnik“ ist gewaltig. Das Redaktionsnetz erstreckt sich nach eigenen Angaben auf 130 Standorte in 34 Ländern. Täglich würden achthundert Stunden Programm in dreißig Sprachen produziert - auf Russisch, Deutsch, Abchasisch, Aserbaidschanisch, Englisch, Arabisch, Armenisch, Georgisch, Dari, Spanisch, Kasachisch, Krim-Tatarisch, Kirgisisch, Chinesisch, Kurdisch, Lettisch, Moldawisch, Tadschikisch, Polnisch, Portugiesisch, Paschtunisch, Serbisch, Türkisch, Usbekisch, Ukrainisch, Finnisch, Französisch, Hindi, Estländisch und Japanisch. In englischer, spanischer, arabischer und chinesischer Sprache sind Newsticker eingerichtet, die von den Redaktionen in Washington, Kairo, Peking und Montevideo betrieben werden.
Wie viel Energie die russische Propaganda in digitale Feuerkraft investiert, zeigt nicht nur ein Projekt wie „Sputnik“, sondern auch das Heer vom Staat bezahlter Internettrolle, die Blogs, Foren und soziale Netzwerke mit kremlfreundlichen Beiträgen fluten. Die Zeitungen „Moi Rajon“ und „Nowaja Gaseta“ berichteten unlängst über ein Haus im Norden St. Petersburgs, in dem mehr als vierhundert Angestellte rund um die Uhr im Sinne Putins Stimmung machen. Sie seien nach Themengebieten und Departements unterteilt und strikt organisiert. Sie setzen täglich Tausende Beiträge und Kommentare auf Blogs, Plattformen wie Livejournal und Twitter ab und verbreiten Verschwörungstheorien - nach strenger redaktioneller Anleitung. Als Reaktion auf die Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow sollten die Staatstrolle entweder schreiben, die Tat gehe auf das Konto ukrainischer Oligarchen, die diese der russischen Regierung anhängen wollten. Oder, dass hinter Nemzows Ermordung seine eigenen Anhänger steckten, die den Protest der Opposition stärken wollten.
Diese Form der Propaganda geschieht verdeckt. Bei „Sputnik“ hat sie einen offiziellen Kanal. Dort sehen sich Interviewpartner emotional aufgeladenen Suggestivfragen ausgesetzt, auf dass sie passende Antworten geben. Elmar Giemulla, Professor für Luftrecht an der TU Berlin, etwa bekam zu spüren, in welche Zwickmühle man bei „Sputnik“ kommen kann. Er vertritt zwei Angehörige der Opfer des Flugs MH17 und ist davon überzeugt, dass die Ukraine für den Absturz des Flugzeugs mitverantwortlich ist - dem Sinne nach, dass die Maschine in dem betreffenden Luftraum nichts zu suchen hatte. An einer eindeutigen Schuldzuweisung und Exkulpation der von Putin unterstützten Separatisten, die der „Sputnik“-Fragesteller im Sinn hatte, war Giemulla nicht gelegen. Doch konnte er nicht verhindern, dass das Fazit des Gesprächs lautete, eine ukrainische Verschwörung sorge offenbar dafür, dass die wahren Hintergründe im Verborgenen blieben.
[h=2]Bei Google-News-Ergebnissen ganz oben dabei[/h]Die Berichterstattung von „Sputnik“ konzentriert sich auf Putin und seine Sicht der Dinge. „Rossija Sewodnja“ selbst nennt das „die russische Interpretation der globalen Geschehnisse“. Der Verschwörungsaspekt, den Putin und seine Getreuen pflegen, darf nicht fehlen. „Sputnik“ gibt wie der Kanal „Russia Today“ an, „über das zu berichten, was andere verschweigen“. „Telling the Untold“, das war auch der Slogan, unter dem der Generaldirektor Dmitri Kisseljow und Margarita Simonjan, Chefredakteurin von „Rossija Sewodnja“, „Sputnik News“ vor internationalem Publikum vorstellten. „Sputnik“, so die Selbstbeschreibung, „zeigt den Weg zu einer multipolaren Welt, die auf der Achtung der nationalen Interessen, Kultur, Geschichte und Traditionen eines jeden Landes aufgebaut ist.“
Das russische Wirtschaftsblatt „RBKdaily“ berichtet, „Rossija Sewodnja“ verfüge in diesem Jahr über ein Investitionsbudget von 15,4 Milliarden Rubel (etwa 263,2 Millionen Euro), das seien 41 Prozent mehr als im Vorjahr. Für „Sputnik News“ sollen zusätzlich 6,48 Milliarden Rubel vorgesehen sein. Durch Geschick bei der Suchmaschinenoptimierung hat es „Sputnik News“ geschafft, bei Google-News-Ergebnissen ganz oben neben Qualitätsmedien aufgelistet zu werden. Sucht man bei Google News Nachrichten zum Fall MH17, so erscheinen „Sputniks“ Beiträge an zweiter und dritter Stelle.
In der Leserbrief-Abteilung der deutschsprachigen Sputnik-Seite findet sich eine Vielzahl angeblich hiesiger Stimmen. Sie bedanken sich für die nüchterne und ausgewogene Berichterstattung, für Detailfülle und Informationsgehalt. Andere Medien seien „gekauft“, „gleichgeschaltet“ und „Mainstream“. Den Nutzern bietet „Sputnik“ auch die Möglichkeit, Russisch zu lernen. Im Angebot sind kurzgetaktete Kurse, in denen fleißig konjugiert wird. Die Moderatoren sagen dabei immer wieder: „Sprechen Sie nach.“
Quelle: FAZ
Oktober 1957, als die UdSSR den Amerikanern in der Raumfahrt noch einen Schritt voraus schien, war der sowjetische Satellit „Sputnik“ der erste von Menschen geschaffene Trabant, der die Erdumlaufbahn erreichte. „Weggefährte“ oder „Begleiter“ bedeutet der Name. Er passt zu dem Nachrichtenportal, das seit vergangenem November im Internet seine Botschaften verbreitet: „Sputnik News“ ist ein treuer Begleiter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Hinter „Sputnik News“ steht das Medienkonglomerat „Rossija Sewodnja“ (Russland heute). Es gehört dem russischen Staat und wurde im Dezember 2013 durch die Unterzeichnung des Erlasses Nr. 894 von Putin gegründet: Der Auslandsrundfunkdienst „Stimme Russlands“ und die Agentur „Ria Novosti“ wurden aufgelöst und zu einer neuen Agentur verschmolzen - der „Internationalen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja“.
Diese führt unter anderem mit „Sputnik News“ die russische Medienoffensive im „Informationskrieg“ und will eine Antwort auf die „russenfeindliche Haltung“ westlicher Medien geben. Eine solche sieht die russische Regierung etwa in der kritischen Berichterstattung zu Sotschi, dem Ukraine-Konflikt oder dem Abschuss der Malaysia- Airlines-Maschine MH17. Vom Duktus her gleicht „Sputnik News“ dem russischen Auslandsender „RT“, der ebenfalls „Rossija Sewodnja“ gehört: Kreml im O-Ton.
[h=2]Digitale Feuerkraft[/h]Der Aufwand für „Sputnik“ ist gewaltig. Das Redaktionsnetz erstreckt sich nach eigenen Angaben auf 130 Standorte in 34 Ländern. Täglich würden achthundert Stunden Programm in dreißig Sprachen produziert - auf Russisch, Deutsch, Abchasisch, Aserbaidschanisch, Englisch, Arabisch, Armenisch, Georgisch, Dari, Spanisch, Kasachisch, Krim-Tatarisch, Kirgisisch, Chinesisch, Kurdisch, Lettisch, Moldawisch, Tadschikisch, Polnisch, Portugiesisch, Paschtunisch, Serbisch, Türkisch, Usbekisch, Ukrainisch, Finnisch, Französisch, Hindi, Estländisch und Japanisch. In englischer, spanischer, arabischer und chinesischer Sprache sind Newsticker eingerichtet, die von den Redaktionen in Washington, Kairo, Peking und Montevideo betrieben werden.
Wie viel Energie die russische Propaganda in digitale Feuerkraft investiert, zeigt nicht nur ein Projekt wie „Sputnik“, sondern auch das Heer vom Staat bezahlter Internettrolle, die Blogs, Foren und soziale Netzwerke mit kremlfreundlichen Beiträgen fluten. Die Zeitungen „Moi Rajon“ und „Nowaja Gaseta“ berichteten unlängst über ein Haus im Norden St. Petersburgs, in dem mehr als vierhundert Angestellte rund um die Uhr im Sinne Putins Stimmung machen. Sie seien nach Themengebieten und Departements unterteilt und strikt organisiert. Sie setzen täglich Tausende Beiträge und Kommentare auf Blogs, Plattformen wie Livejournal und Twitter ab und verbreiten Verschwörungstheorien - nach strenger redaktioneller Anleitung. Als Reaktion auf die Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow sollten die Staatstrolle entweder schreiben, die Tat gehe auf das Konto ukrainischer Oligarchen, die diese der russischen Regierung anhängen wollten. Oder, dass hinter Nemzows Ermordung seine eigenen Anhänger steckten, die den Protest der Opposition stärken wollten.
Diese Form der Propaganda geschieht verdeckt. Bei „Sputnik“ hat sie einen offiziellen Kanal. Dort sehen sich Interviewpartner emotional aufgeladenen Suggestivfragen ausgesetzt, auf dass sie passende Antworten geben. Elmar Giemulla, Professor für Luftrecht an der TU Berlin, etwa bekam zu spüren, in welche Zwickmühle man bei „Sputnik“ kommen kann. Er vertritt zwei Angehörige der Opfer des Flugs MH17 und ist davon überzeugt, dass die Ukraine für den Absturz des Flugzeugs mitverantwortlich ist - dem Sinne nach, dass die Maschine in dem betreffenden Luftraum nichts zu suchen hatte. An einer eindeutigen Schuldzuweisung und Exkulpation der von Putin unterstützten Separatisten, die der „Sputnik“-Fragesteller im Sinn hatte, war Giemulla nicht gelegen. Doch konnte er nicht verhindern, dass das Fazit des Gesprächs lautete, eine ukrainische Verschwörung sorge offenbar dafür, dass die wahren Hintergründe im Verborgenen blieben.
[h=2]Bei Google-News-Ergebnissen ganz oben dabei[/h]Die Berichterstattung von „Sputnik“ konzentriert sich auf Putin und seine Sicht der Dinge. „Rossija Sewodnja“ selbst nennt das „die russische Interpretation der globalen Geschehnisse“. Der Verschwörungsaspekt, den Putin und seine Getreuen pflegen, darf nicht fehlen. „Sputnik“ gibt wie der Kanal „Russia Today“ an, „über das zu berichten, was andere verschweigen“. „Telling the Untold“, das war auch der Slogan, unter dem der Generaldirektor Dmitri Kisseljow und Margarita Simonjan, Chefredakteurin von „Rossija Sewodnja“, „Sputnik News“ vor internationalem Publikum vorstellten. „Sputnik“, so die Selbstbeschreibung, „zeigt den Weg zu einer multipolaren Welt, die auf der Achtung der nationalen Interessen, Kultur, Geschichte und Traditionen eines jeden Landes aufgebaut ist.“
Das russische Wirtschaftsblatt „RBKdaily“ berichtet, „Rossija Sewodnja“ verfüge in diesem Jahr über ein Investitionsbudget von 15,4 Milliarden Rubel (etwa 263,2 Millionen Euro), das seien 41 Prozent mehr als im Vorjahr. Für „Sputnik News“ sollen zusätzlich 6,48 Milliarden Rubel vorgesehen sein. Durch Geschick bei der Suchmaschinenoptimierung hat es „Sputnik News“ geschafft, bei Google-News-Ergebnissen ganz oben neben Qualitätsmedien aufgelistet zu werden. Sucht man bei Google News Nachrichten zum Fall MH17, so erscheinen „Sputniks“ Beiträge an zweiter und dritter Stelle.
In der Leserbrief-Abteilung der deutschsprachigen Sputnik-Seite findet sich eine Vielzahl angeblich hiesiger Stimmen. Sie bedanken sich für die nüchterne und ausgewogene Berichterstattung, für Detailfülle und Informationsgehalt. Andere Medien seien „gekauft“, „gleichgeschaltet“ und „Mainstream“. Den Nutzern bietet „Sputnik“ auch die Möglichkeit, Russisch zu lernen. Im Angebot sind kurzgetaktete Kurse, in denen fleißig konjugiert wird. Die Moderatoren sagen dabei immer wieder: „Sprechen Sie nach.“
Quelle: FAZ