Keine Loslösung der Serben-Republik"
Keine Loslösung der Serben-Republik"
Bosniens Serben drohen mit einem Unabhängigkeits-Referendum - Der Bosnien-Beauftragten Christian Schwarz-Schilling im STANDARD-Interview
Bosniens Serben drohen mit einem Unabhängigkeits-Referendum. Mit dem internationalen Bosnien-Beauftragten Christian Schwarz-Schilling sprach Josef Kirchengast.
STANDARD: Die Serben der Republika Srpska, der serbischen Republik in Bosnien-Herzegowina, drohen mit einem Unabhängigkeitsreferendum, falls der Kosovo ein souveräner Staat wird: Was für den Kosovo gelte, müsse dann auch für sie gelten. Wie real ist die Gefahr, dass Bosnien-Herzegowina als Staat auseinanderbricht?
Schwarz-Schilling: Sämtliche der genannten Begründungen sind völlig indiskutabel. Die Republik Srpska ist keine historisch langlebige Region wie der Kosovo, sondern eine in Dayton (Friedensabkommen 1995, Red.) geschaffene Einheit, als Möglichkeit, den Krieg friedlich zu beenden. Die internationale Gemeinschaft ist hier total einig, von Washington über Europa bis Russland, dass es eine Herauslösung der Republika Srpska durch ein Referendum oder ähnliches nicht geben kann und wird.
STANDARD: Ließen sich die Serben davon beeindrucken, wenn der Kosovo tatsächlich unabhängig würde?
Schwarz-Schilling: Ich habe keine Veranlassung, davon auszugehen, dass man diese Signale nicht verstanden hat.
STANDARD: Was wäre so fürchterlich daran, wenn alle diese Entitäten unabhängig würden und dann, im Zuge eine forcierten EU-Integration, auf diese Weise wieder zusammenwüchsen, mit offenen Grenzen, freiem Personen- und Warenverkehr und so weiter?
Schwarz-Schilling: Wir räumen jetzt nicht die Phase des 21. Jahrhunderts für den Nachholbedarf an Kleinstaaterei und nationalistische Überzeichnungen ein, um ihnen weiterhin Geld, Truppen und Stabilität zu geben. Europa leistet ja jeden Tag etwas, und dafür gibt es Bedingungen. Der wirkliche Fehler ist, dass man die Kosovo-Frage viel zu lange ungelöst gelassen hat.
STANDARD: Im Fall Montenegros scheint die EU nichts gegen Kleinstaaterei zu haben.
Schwarz-Schilling: Dieses Land ist eben schneller gewesen als Serbien im Erkennen, dass man auf einem falschen Weg war. Sie können Ministerpräsident Djukanoviæ einen Opportunisten nennen - oder einen, der sich den heutigen Gegebenheiten Europas früher angepasst hat als andere.
STANDARD: Ist man sich in Brüssel und in westeuropäischen Staatskanzleien bewusst, dass auf dem Balkan wieder etwas hochgehen kann, wenn man nicht entschlossen und nachhaltig genug handelt?
Schwarz-Schilling: In den Staatskanzleien sehr wohl. Weniger bei den Medien und in der Bevölkerung, weil ja dort Gott sei Dank nicht jeden Tag eine Bombe hochgeht. Sie sehen es doch in Österreich selbst: Sie haben eine sehr, sehr gute Politik mit sehr viel Verständnis für Bosnien-Herzegowina. Und die Umfragedaten zur Bereitschaft, Bosnien in die EU aufzunehmen, sind äußerst schlecht. (DER STANDARD, Printausgabe, 19. September 2006)
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