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Religion und Nation in Balkan und Nahen Osten

Afroasiatis

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Ich habe an dieses Thema gedacht, nachdem ich dieses Thread gelesen habe:

http://www.balkanforum.info/f16/vor...-seldschuken-sahen-griechen-56298/index4.html

..und zwar besonders die Diskussion zwischen Harput und Toruko-jin über die Bedeutung des Islams bei der türkischen nationalen Identität. Ich denke, dass es eine ähnliche Frage gibt, fast überall wo es einmal Osmanisches Reich war (ein Reich, in dem die Religionszugehörigkeit ein grundlegendes Element war, und die Ethnie eher bedeutungslos).

Also, anscheinend sind von allen Nationen der Region die Griechen und die Türken am ähnlichsten in diesem Bereich. Grob gesagt: beide Nationen sind dadurch entstanden, dass man Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Heimatländern, aber gemeinsamer Religion, in einem Land zusammen gebracht hat. In Griechenland waren dass griechisch-, slawisch-, albanisch-, vlachisch-, türkischsprachige Orthodoxen, in der Türkei türkisch-, kurdisch-, lasisch-, slawisch-, tscherkesich-, krimtatarisch-, albanischsprachige u.a. Muslime. Interessant ist hier, dass sogar die Abgrenzung zwischen Griechen und Bulgaren nicht so viel auf Sprache sondern auf Religion basiert war (Patriarchisten vs. Exarchisten).
In allen diesen Menschen wurde dann die Sprache der Mehrheit (griechisch bzw. türkisch) und eine damit verbundene nationale Identität den übrigen mehr oder weniger aufgezwungen, wobei interessanterweise die meisten auch nicht dagegen reagiert haben. Interessant ist auch, dass in beiden Ländern jeweils eine wichtige Ausnahme gab, also eine ethnische Gruppe die doch reagiert hat, aber nicht alle sondern nur Teile davon: die Kurden in der Türkei und die Slawischsprachigen in Griechenland.
Mittlerweile gibt es in beiden Ländern auch eine gewisse sprachliche Homogenität (wobei da Griechenland weiter als die Türkei ist). Ist mir klar, dass die religiöse Homogenität nicht absolut ist. Es gibt genug Atheisten/Agnostiker/Deisten die sich als Griechen bzw. Türken fühlen - ich bin selbst ein davon. Trotzdem haben sogar diese i. d. R. eine orthodoxe bzw. muslimische Familienherkunft, was sie mit der Mehrheit verbindet. Eine interessante Frage sind hier die Juden in beiden Ländern, und in Griechenland auch die Katholiken, beide sind aber heute sehr wenig.

Was denkt ihr, stimmt das so ungefähr?


Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?

Bei den Bulgaren, obwohl sie mit den Serben/Griechen/Rumänen die gleiche Religion teilen, musste man erst die bulgarische Exarchie gründen, damit man richtig mit der Nationenbildung anfängt. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Pomaken sich richtig als Bulgaren fühlen, bis heute nicht.

Die einzigen, die in meinen Augen vielleicht es doch geschafft haben, eine Nation zu bilden, die über religiöse Identitäten hinaus geht, sind die Albaner und (teilweise) die Araber. Eventuell könnten es auch die Kurden (wenn man auch an die Yesiden denkt?) wobei diese sowieso noch am Anfang ihrer Nationenbildung sind. Bei den Arabern sage ich nur teilweise, weil a)nicht alle arabisch-sprachige Christen sie sich als Araber fühlen, obwohl viele davon zu Gründer des arabischen Nationalismus gehören, b) Islam als Teil der arabischen Identität gesehen wurde, was z. T. auch von den christlichen arabischen Nationalisten akzeptiert war, c) weil jetzt Islamismus stark geworden ist, was auf die Nationenbildung Folgen haben kann.

Kann man das alles so mehr oder weniger sagen? Und die Frage ist, kann in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und Diversifizierung die Religionsherkunft identitätsstiftend bleiben? Andererseits, kann es die Sprache vielleicht auch nicht, besonders wenn man an die Zuwanderung denkt?

 
Ich habe an dieses Thema gedacht, nachdem ich dieses Thread gelesen habe:

http://www.balkanforum.info/f16/vor...-seldschuken-sahen-griechen-56298/index4.html

..und zwar besonders die Diskussion zwischen Harput und Toruko-jin über die Bedeutung des Islams bei der türkischen nationalen Identität. Ich denke, dass es eine ähnliche Frage gibt, fast überall wo es einmal Osmanisches Reich war (ein Reich, in dem die Religionszugehörigkeit ein grundlegendes Element war, und die Ethnie eher bedeutungslos).

Also, anscheinend sind von allen Nationen der Region die Griechen und die Türken am ähnlichsten in diesem Bereich. Grob gesagt: beide Nationen sind dadurch entstanden, dass man Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Heimatländern, aber gemeinsamer Religion, in einem Land zusammen gebracht hat. In Griechenland waren dass griechisch-, slawisch-, albanisch-, vlachisch-, türkischsprachige Orthodoxen, in der Türkei türkisch-, kurdisch-, lasisch-, slawisch-, tscherkesich-, krimtatarisch-, albanischsprachige u.a. Muslime. Interessant ist hier, dass sogar die Abgrenzung zwischen Griechen und Bulgaren nicht so viel auf Sprache sondern auf Religion basiert war (Patriarchisten vs. Exarchisten).
In allen diesen Menschen wurde dann die Sprache der Mehrheit (griechisch bzw. türkisch) und eine damit verbundene nationale Identität den übrigen mehr oder weniger aufgezwungen, wobei interessanterweise die meisten auch nicht dagegen reagiert haben. Interessant ist auch, dass in beiden Ländern jeweils eine wichtige Ausnahme gab, also eine ethnische Gruppe die doch reagiert hat, aber nicht alle sondern nur Teile davon: die Kurden in der Türkei und die Slawischsprachigen in Griechenland.
Mittlerweile gibt es in beiden Ländern auch eine gewisse sprachliche Homogenität (wobei da Griechenland weiter als die Türkei ist). Ist mir klar, dass die religiöse Homogenität nicht absolut ist. Es gibt genug Atheisten/Agnostiker/Deisten die sich als Griechen bzw. Türken fühlen - ich bin selbst ein davon. Trotzdem haben sogar diese i. d. R. eine orthodoxe bzw. muslimische Familienherkunft, was sie mit der Mehrheit verbindet. Eine interessante Frage sind hier die Juden in beiden Ländern, und in Griechenland auch die Katholiken, beide sind aber heute sehr wenig.

Was denkt ihr, stimmt das so ungefähr?


Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?

Bei den Bulgaren, obwohl sie mit den Serben/Griechen/Rumänen die gleiche Religion teilen, musste man erst die bulgarische Exarchie gründen, damit man richtig mit der Nationenbildung anfängt. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Pomaken sich richtig als Bulgaren fühlen, bis heute nicht.

Die einzigen, die in meinen Augen vielleicht es doch geschafft haben, eine Nation zu bilden, die über religiöse Identitäten hinaus geht, sind die Albaner und (teilweise) die Araber. Eventuell könnten es auch die Kurden (wenn man auch an die Yesiden denkt?) wobei diese sowieso noch am Anfang ihrer Nationenbildung sind. Bei den Arabern sage ich nur teilweise, weil a)nicht alle arabisch-sprachige Christen sie sich als Araber fühlen, obwohl viele davon zu Gründer des arabischen Nationalismus gehören, b) Islam als Teil der arabischen Identität gesehen wurde, was z. T. auch von den christlichen arabischen Nationalisten akzeptiert war, c) weil jetzt Islamismus stark geworden ist, was auf die Nationenbildung Folgen haben kann.

Kann man das alles so mehr oder weniger sagen? Und die Frage ist, kann in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und Diversifizierung die Religionsherkunft identitätsstiftend bleiben? Andererseits, kann es die Sprache vielleicht auch nicht, besonders wenn man an die Zuwanderung denkt?






Du machst dich bei den Nationalisten verschiedenster Couleur hier aber schön unbeliebt, mit diesen "ketzerischen" Thesen. :lol:

Dass Menschen verschiedener Herkunft und Sprache zusammengefasst und unter eine "dominante Kultur und Sprache" assimiliert wurden, war glaube ich bei allen sogenannten modernen Nationalstaaten der Fall. Beste Beispiele sind die zentralistischen Staaten Frankreich und Spanien, welche schon seit Jahrhunderten eine Politik der gnadenlosen kulturellen und sprachlichen "Vernichtung" ihrer Minderheiten betreiben. Ebenso Italien, was in der Theorie zwar seine ethnischen Minderheiten anerkennt, aber in der Praxis seit Bestehen eine analog rigide Sprachpolitik betreibt wie die Franzosen.


Heraclius
 
Wieso Albaner am Anfang der Nationsbildung und was soll das "vielleicht noch geschafft"? Sind wir Affen oder was?
 
Ich habe an dieses Thema gedacht, nachdem ich dieses Thread gelesen habe:

http://www.balkanforum.info/f16/vor...-seldschuken-sahen-griechen-56298/index4.html

..und zwar besonders die Diskussion zwischen Harput und Toruko-jin über die Bedeutung des Islams bei der türkischen nationalen Identität. Ich denke, dass es eine ähnliche Frage gibt, fast überall wo es einmal Osmanisches Reich war (ein Reich, in dem die Religionszugehörigkeit ein grundlegendes Element war, und die Ethnie eher bedeutungslos).

Ich denke trotzdem, dass man hier zwischen dem Balkan und dem Nahen Osten differenzieren muss. Auf dem Balkan geht diese Entwicklung stark auf das O.R. zurück, da durch den 'Export' ihrer Religion die relative Stabilität aufgebrochen wurde. Im Nahen Osten lebten bereits Jahrhunderte vorher christl. und musl. Araber nebeneinander oder eben miteinander. Zwar gab es Katholiken und Orthodoxe auf dem Balkan und damit ein Unterscheidungsmerkmal, diese Halbinsel war dennoch homogen christlich vor dem Auftreten der Osmanen. Die Araber sahen sich viel früher und viel stärker mit dieser Frage konfrontiert aufgrund ihrer religiösen Verschiedenheit.


Also, anscheinend sind von allen Nationen der Region die Griechen und die Türken am ähnlichsten in diesem Bereich. Grob gesagt: beide Nationen sind dadurch entstanden, dass man Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Heimatländern, aber gemeinsamer Religion, in einem Land zusammen gebracht hat. In Griechenland waren dass griechisch-, slawisch-, albanisch-, vlachisch-, türkischsprachige Orthodoxen, in der Türkei türkisch-, kurdisch-, lasisch-, slawisch-, tscherkesich-, krimtatarisch-, albanischsprachige u.a. Muslime. Interessant ist hier, dass sogar die Abgrenzung zwischen Griechen und Bulgaren nicht so viel auf Sprache sondern auf Religion basiert war (Patriarchisten vs. Exarchisten).
In allen diesen Menschen wurde dann die Sprache der Mehrheit (griechisch bzw. türkisch) und eine damit verbundene nationale Identität den übrigen mehr oder weniger aufgezwungen, wobei interessanterweise die meisten auch nicht dagegen reagiert haben. Interessant ist auch, dass in beiden Ländern jeweils eine wichtige Ausnahme gab, also eine ethnische Gruppe die doch reagiert hat, aber nicht alle sondern nur Teile davon: die Kurden in der Türkei und die Slawischsprachigen in Griechenland.
Mittlerweile gibt es in beiden Ländern auch eine gewisse sprachliche Homogenität (wobei da Griechenland weiter als die Türkei ist).

Hier stimme ich dir zu. Im Falle der Türkei füge ich aber hinzu, dass alle jungen Kurden praktisch ausnahmslos bilingual sind. Griechenland ist in diesem Punkt weiter, aber nicht per se. Denn die Türken dort pflegen ja ihre Muttersprache in ihren Familien genauso wie es die Kurden tun. Nur ist ihre Zahl in den unterschiedlichen Staaten unterschiedlich hoch. Nimmt man die Kurden in der Türkei und die Türken in Griechenland jeweils als ein Faktor, sehe ich nicht, warum Griechenland weiter sein sollte. Oder? Wir reden hier allerdings ausschließlich von sprachlichen Merkmalen.

Ist mir klar, dass die religiöse Homogenität nicht absolut ist. Es gibt genug Atheisten/Agnostiker/Deisten die sich als Griechen bzw. Türken fühlen - ich bin selbst ein davon. Trotzdem haben sogar diese i. d. R. eine orthodoxe bzw. muslimische Familienherkunft, was sie mit der Mehrheit verbindet. Eine interessante Frage sind hier die Juden in beiden Ländern, und in Griechenland auch die Katholiken, beide sind aber heute sehr wenig.

Was denkt ihr, stimmt das so ungefähr?

Ich würde nicht anders argumentieren.

Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?

Interessanterweise hatte ich das Glück, mich letzte Woche mit einem Erasmusstudenten aus Slowenien zu unterhalten. Er erklärte mir, dass er bspw. Serbisch verstehe, umgekehrt könnten die Serben ihn aber nur sehr schwer verstehen. Dennoch denke ich aber, dass gerade die Nähe zu Österreich ausschlaggebend war. So wurden Slowenen in Österreich lobend erwähnt, weil sie in Mentalität und Kultur den Österreichern (und Ungarn) stark ähnelten. Das hatte ich irgendwo gelesen.

Bei den Bulgaren, obwohl sie mit den Serben/Griechen/Rumänen die gleiche Religion teilen, musste man erst die bulgarische Exarchie gründen, damit man richtig mit der Nationenbildung anfängt. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Pomaken sich richtig als Bulgaren fühlen, bis heute nicht.

Die einzigen, die in meinen Augen vielleicht es doch geschafft haben, eine Nation zu bilden, die über religiöse Identitäten hinaus geht, sind die Albaner und (teilweise) die Araber.

Das stimmt im Falle der Albaner, allerdings geht das nicht auf ihre gesellschaftliche Progressivität zurück.

Eventuell könnten es auch die Kurden (wenn man auch an die Yesiden denkt?) wobei diese sowieso noch am Anfang ihrer Nationenbildung sind.

Bei den stark nationalistischen Kurden, ja. Man glaubt es kaum, aber die Kurden sind in diesem Aspekt den Türken sehr ähnlich. Ein 'wahrer' Kurde ist und bleibt ein sunnitischer Kurde. Natürlich wird gerade jetzt - am Anfang dieses Prozesses - die Gemeinsamkeit der kurdischen Kultur betont. Aber das war ausnahmslos bei allen Nationen der Fall zu Beginn. Die Kurden sind aber noch orthodoxer im Glauben als die Türken. Generell sind die Kurden nicht so homogen wie es auf dem ersten Blick ausschauen mag.

Z.B.: DPK-PUK-Konflikt

Im Zentrum des Bebens - nation-building im Koma

Parallel zu den spontanen Revolutionsbewegungen und Massendemonstrationen im Nahen Osten und in Nordafrika hat sich die politische Lage im irakischen Kurdistan ebenfalls destabilisiert. Hier streiten sich allerdings organisierte politische Bewegungen. Eine neu ins Leben gerufene Protestpartei trägt den Namen: Goran (Veränderung). Die Richtungskämpfe in Kurdistan reichen bis in die Zeit des Bürgerkriegs der 1990er Jahre zurück.


Im Zentrum des Bebens - nation-building im Koma - Eurasisches Magazin

Oder Syrien. Dort sind die Kurden ebenfalls zerstritten. Ein Teil ist neutral, ein Teil hat sich den Rebellen angeschlossen. Viele (sunnitische) Kurden in der Türkei sind gegen Assad, andere Kurden aus Syrien haben sich gegen die Aufständigen positioniert. Nur, in westlichen Medien findet das kaum Beachtung.

Bei den Arabern sage ich nur teilweise, weil a)nicht alle arabisch-sprachige Christen sie sich als Araber fühlen, obwohl viele davon zu Gründer des arabischen Nationalismus gehören,

Wie soll ich das verstehen? Christ als Ethnie kann es ja wohl nicht geben.

b) Islam als Teil der arabischen Identität gesehen wurde, was z. T. auch von den christlichen arabischen Nationalisten akzeptiert war,

Wie passt das zusammen?

c) weil jetzt Islamismus stark geworden ist, was auf die Nationenbildung Folgen haben kann.

Sogar wird, nehme ich an.

Kann man das alles so mehr oder weniger sagen? Und die Frage ist, kann in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und Diversifizierung die Religionsherkunft identitätsstiftend bleiben? Andererseits, kann es die Sprache vielleicht auch nicht, besonders wenn man an die Zuwanderung denkt?

Diese letzten Fragen kann ich weder mit einem einfach Ja noch mit einem Nein beantworten. Vielmehr sehe ich eine immer komplexer werdende Gemengelage. Nur weiß ich nicht, wie dieses Wirrwarr wieder geordnet werden kann. Ich vermute, dass genau an diesem Punkt der arabische Frühling ansetzen wird.
 
Du machst dich bei den Nationalisten verschiedenster Couleur hier aber schön unbeliebt, mit diesen "ketzerischen" Thesen. :lol:

Dass Menschen verschiedener Herkunft und Sprache zusammengefasst und unter eine "dominante Kultur und Sprache" assimiliert wurden, war glaube ich bei allen sogenannten modernen Nationalstaaten der Fall. Beste Beispiele sind die zentralistischen Staaten Frankreich und Spanien, welche schon seit Jahrhunderten eine Politik der gnadenlosen kulturellen und sprachlichen "Vernichtung" ihrer Minderheiten betreiben. Ebenso Italien, was in der Theorie zwar seine ethnischen Minderheiten anerkennt, aber in der Praxis seit Bestehen eine analog rigide Sprachpolitik betreibt wie die Franzosen.


Heraclius

Ja, das war schon etwas gespitzt formuliert, ich hatte schon versucht, ein schöneres Wort dafür zu denken, bin aber auf keins gekommen :). Also mit "aufgezwungen" meinte ich hier dass es ihnen keine andere Möglichkeit gegeben wurde, nicht unbedingt dass das auch durch Gewalt passiert ist.

Und ja, was du sagst stimmt natürlich auch, so war es im Prinzip in allen Nationalstaaten. Der Unterschied im Fall von Griechenland und der Türkei ist, dass die Leute sich hier auf der Grundlage einer gemeinsamen Religion zusammengefunden haben, und diese Religion diente auch als Abgrenzung zu den anderen, bis auch eine sprachliche Homogenität erreicht wurde.

Natürlich ist das mit der Religion als zentrales nationales Identitätsmerkmal nicht nur in unseren Region zu finden. Gibt es in einigen Fällen sogar in Westeuropa: britische Insel sind hier ein gutes Beispiel.

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Wieso Albaner am Anfang der Nationsbildung und was soll das "vielleicht noch geschafft"? Sind wir Affen oder was?

"Am Anfang der Nationsbildung" war auf die Kurden bezogen, nicht die Albaner. Und "vielleicht noch geschafft" war für die Nationsbildung ohne Bezug auf eine bestimmte Religion, also im Gegensatz zu den Griechen, Türken, Bulgaren und andere Balkanvölkern.
 
Ich selber ,finde das die Ethnie nichts mit der Religion zu tun hat und auch nichts zu tun haben sollte.
z.B: In Makedonien gibt es orthodoxe Makedonier ,sowie auch muslimische (Torbeshen). Genauso wie in Albanien ,gibt es Albaner die Muslime sind ,aber auch Albaner die Katholiken sind.

Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?

Die Sprache hatte damals eher weniger damit zu tun ,sondern eher die Ethnien und deren Kultur
 
Ich selber ,finde das die Ethnie nichts mit der Religion zu tun hat und auch nichts zu tun haben sollte.
z.B: In Makedonien gibt es orthodoxe Makedonier ,sowie auch muslimische (Torbeshen). Genauso wie in Albanien ,gibt es Albaner die Muslime sind ,aber auch Albaner die Katholiken sind.



Die Sprache hatte damals eher weniger damit zu tun ,sondern eher die Ethnien und deren Kultur

Es gibt auch einige Katholiken und Methodisten wie den ehemaligen Präsidenten Boris Trajkovski.
Religion hat nichts mit Nation zutun, vorallem auch in einem Staat der laizistisch ist und keine Staatsreligion hat.
 

Ich denke trotzdem, dass man hier zwischen dem Balkan und dem Nahen Osten differenzieren muss. Auf dem Balkan geht diese Entwicklung stark auf das O.R. zurück, da durch den 'Export' ihrer Religion die relative Stabilität aufgebrochen wurde. Im Nahen Osten lebten bereits Jahrhunderte vorher christl. und musl. Araber nebeneinander oder eben miteinander. Zwar gab es Katholiken und Orthodoxe auf dem Balkan und damit ein Unterscheidungsmerkmal, diese Halbinsel war dennoch homogen christlich vor dem Auftreten der Osmanen. Die Araber sahen sich viel früher und viel stärker mit dieser Frage konfrontiert aufgrund ihrer religiösen Verschiedenheit.


Ja, stimmt auch.



Hier stimme ich dir zu. Im Falle der Türkei füge ich aber hinzu, dass alle jungen Kurden praktisch ausnahmslos bilingual sind. Griechenland ist in diesem Punkt weiter, aber nicht per se. Denn die Türken dort pflegen ja ihre Muttersprache in ihren Familien genauso wie es die Kurden tun. Nur ist ihre Zahl in den unterschiedlichen Staaten unterschiedlich hoch. Nimmt man die Kurden in der Türkei und die Türken in Griechenland jeweils als ein Faktor, sehe ich nicht, warum Griechenland weiter sein sollte. Oder? Wir reden hier allerdings ausschließlich von sprachlichen Merkmalen.


Also, mit "Türken" hier meinst du die muslimischen Türken, oder? An diese habe ich gar nicht gedacht, weil sie zumindest bis vor Paar Jahrzehnten sowieso nicht als Teil der griechischen Nation gesehen wurden, weder von den Griechen noch von sich selbst. Meine Aussage galt nur für die muslimischen Minderheiten in der Türkei und die orthodoxen in Griechenland. In der Türkei gibt es noch eine Minderheit, die zumindest nicht völlig in der türkischen Nation assimiliert ist (Kurden), während in Griechenland diese Assimilationsprozess fast abgeschlossen ist - soweit ich weiß, auch bei den türkischsprachigen Christen. Dabei hat allerdings auch geholfen, dass ein großer Teil der Slawomazedonier mit dem Bürgerkrieg aus Griechenland geflohen ist, und der Rückkehr ihnen nicht erlaubt wurde.



Interessanterweise hatte ich das Glück, mich letzte Woche mit einem Erasmusstudenten aus Slowenien zu unterhalten. Er erklärte mir, dass er bspw. Serbisch verstehe, umgekehrt könnten die Serben ihn aber nur sehr schwer verstehen. Dennoch denke ich aber, dass gerade die Nähe zu Österreich ausschlaggebend war. So wurden Slowenen in Österreich lobend erwähnt, weil sie in Mentalität und Kultur den Österreichern (und Ungarn) stark ähnelten. Das hatte ich irgendwo gelesen.

Ja, stimmt alles so wie du es sagst. Kann ich sagen, weil ich mit einem slowenischen Mädchen jahrelang zusammen war, und auch schon mehrmals in Slowenien war. Ich habe das über Slowenen geschrieben, weil ich gehofft habe, dass jemand hier aus ex-Jugoslawien mehr darüber erzählen könnte.



Bei den stark nationalistischen Kurden, ja. Man glaubt es kaum, aber die Kurden sind in diesem Aspekt den Türken sehr ähnlich. Ein 'wahrer' Kurde ist und bleibt ein sunnitischer Kurde. Natürlich wird gerade jetzt - am Anfang dieses Prozesses - die Gemeinsamkeit der kurdischen Kultur betont. Aber das war ausnahmslos bei allen Nationen der Fall zu Beginn. Die Kurden sind aber noch orthodoxer im Glauben als die Türken. Generell sind die Kurden nicht so homogen wie es auf dem ersten Blick ausschauen mag.

Z.B.: DPK-PUK-Konflikt

Im Zentrum des Bebens - nation-building im Koma

Parallel zu den spontanen Revolutionsbewegungen und Massendemonstrationen im Nahen Osten und in Nordafrika hat sich die politische Lage im irakischen Kurdistan ebenfalls destabilisiert. Hier streiten sich allerdings organisierte politische Bewegungen. Eine neu ins Leben gerufene Protestpartei trägt den Namen: Goran (Veränderung). Die Richtungskämpfe in Kurdistan reichen bis in die Zeit des Bürgerkriegs der 1990er Jahre zurück.


Im Zentrum des Bebens - nation-building im Koma - Eurasisches Magazin

Oder Syrien. Dort sind die Kurden ebenfalls zerstritten. Ein Teil ist neutral, ein Teil hat sich den Rebellen angeschlossen. Viele (sunnitische) Kurden in der Türkei sind gegen Assad, andere Kurden aus Syrien haben sich gegen die Aufständigen positioniert. Nur, in westlichen Medien findet das kaum Beachtung.

Das alles ist schon interessant. Über die Kurden und ihre Beziehung zum syrischen Bürgerkrieg habe ich etwas mitbekommen, weil es im Athener Viertel wo ich früher wohnte viele syrische Kurden gab.


Wie soll ich das verstehen? Christ als Ethnie kann es ja wohl nicht geben.

Also, diese, die sich nicht als Araber sehen, sehen sie sich als Nachfahren der Völker die vor der arabischen Eroberung da waren, also Phönizier, Assyrer, pharaonischen Ägypter etc. Kann ich nicht sagen, wie viel diese als Anteil sind. Es gibt aber anscheinend schon mehrere die beides kombinieren können, also eine arabische nationale Identität mit einem zusätzlichen Bezug zu vorarabischen Völkern, die sie im Vergleich zu den muslimischen Arabern "einheimischer" macht.

Wie passt das zusammen?

Hier kann ich dir nicht Vieles sagen, weil ich es selbst nicht gut verstehe. Ich hatte vor vielen Jahren eine Vorlesung über arabischen Nationalismus besucht (hatte nichts mit meinem Studium zu tun, nur aus Interesse). Da wurde es erwähnt, dass auch für viele der christlichen arabischen Nationalisten Islam einen hohen Stellenwert hatte, darunter auch Leute wie Michel Aflaq, wenn ich es mir richtig erinnere. Ich denke, sie hatten Mohammed, und damit auch den Islam, in einem arabisch-nationalistischen Weise gelesen, ohne aber daraus für sich selbst eine Notwendigkeit zur Konvertierung zu sehen. Ich kann ein bisschen meine Notizen von damals suchen, und dir mehr dazu sagen.

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Ich selber ,finde das die Ethnie nichts mit der Religion zu tun hat und auch nichts zu tun haben sollte.
z.B: In Makedonien gibt es orthodoxe Makedonier ,sowie auch muslimische (Torbeshen). Genauso wie in Albanien ,gibt es Albaner die Muslime sind ,aber auch Albaner die Katholiken sind.

Ja, für die Albaner habe ich es auch erwähnt.

Werden diese Torbeshen von den Orthodoxen generell als Teil der Nation ohne Vorbehalte akzeptiert?

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Es gibt auch einige Katholiken und Methodisten wie den ehemaligen Präsidenten Boris Trajkovski.
Religion hat nichts mit Nation zutun, vorallem auch in einem Staat der laizistisch ist und keine Staatsreligion hat.

Einige Katholiken gibt es auch in Griechenland (vor allem in Syros), und diese werden auch heute schon als Teil der Nation akzeptiert, wobei viele Griechen vermutlich nicht über ihre Existenz wissen. Eins der wichtigsten und beliebtesten griechischen Musiker war katholisch (Markos Vamvakaris).

Trotzdem sehe ich das eher als die Ausnahme die den Regel bestätigt. Weil sie sehr wenig waren, wurden sie von den Orthodoxen nicht als Bedrohung empfunden, und sie hatten selbst auch nicht viel Auswahl: für eine eigene Nation waren sie zu wenig, und es gab keine andere Nation im Gegend, der sie sich anschließen konnten.
 
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