Afroasiatis
Top-Poster
Ich habe an dieses Thema gedacht, nachdem ich dieses Thread gelesen habe:
http://www.balkanforum.info/f16/vor...-seldschuken-sahen-griechen-56298/index4.html
..und zwar besonders die Diskussion zwischen Harput und Toruko-jin über die Bedeutung des Islams bei der türkischen nationalen Identität. Ich denke, dass es eine ähnliche Frage gibt, fast überall wo es einmal Osmanisches Reich war (ein Reich, in dem die Religionszugehörigkeit ein grundlegendes Element war, und die Ethnie eher bedeutungslos).
Also, anscheinend sind von allen Nationen der Region die Griechen und die Türken am ähnlichsten in diesem Bereich. Grob gesagt: beide Nationen sind dadurch entstanden, dass man Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Heimatländern, aber gemeinsamer Religion, in einem Land zusammen gebracht hat. In Griechenland waren dass griechisch-, slawisch-, albanisch-, vlachisch-, türkischsprachige Orthodoxen, in der Türkei türkisch-, kurdisch-, lasisch-, slawisch-, tscherkesich-, krimtatarisch-, albanischsprachige u.a. Muslime. Interessant ist hier, dass sogar die Abgrenzung zwischen Griechen und Bulgaren nicht so viel auf Sprache sondern auf Religion basiert war (Patriarchisten vs. Exarchisten).
In allen diesen Menschen wurde dann die Sprache der Mehrheit (griechisch bzw. türkisch) und eine damit verbundene nationale Identität den übrigen mehr oder weniger aufgezwungen, wobei interessanterweise die meisten auch nicht dagegen reagiert haben. Interessant ist auch, dass in beiden Ländern jeweils eine wichtige Ausnahme gab, also eine ethnische Gruppe die doch reagiert hat, aber nicht alle sondern nur Teile davon: die Kurden in der Türkei und die Slawischsprachigen in Griechenland.
Mittlerweile gibt es in beiden Ländern auch eine gewisse sprachliche Homogenität (wobei da Griechenland weiter als die Türkei ist). Ist mir klar, dass die religiöse Homogenität nicht absolut ist. Es gibt genug Atheisten/Agnostiker/Deisten die sich als Griechen bzw. Türken fühlen - ich bin selbst ein davon. Trotzdem haben sogar diese i. d. R. eine orthodoxe bzw. muslimische Familienherkunft, was sie mit der Mehrheit verbindet. Eine interessante Frage sind hier die Juden in beiden Ländern, und in Griechenland auch die Katholiken, beide sind aber heute sehr wenig.
Was denkt ihr, stimmt das so ungefähr?
Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?
Bei den Bulgaren, obwohl sie mit den Serben/Griechen/Rumänen die gleiche Religion teilen, musste man erst die bulgarische Exarchie gründen, damit man richtig mit der Nationenbildung anfängt. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Pomaken sich richtig als Bulgaren fühlen, bis heute nicht.
Die einzigen, die in meinen Augen vielleicht es doch geschafft haben, eine Nation zu bilden, die über religiöse Identitäten hinaus geht, sind die Albaner und (teilweise) die Araber. Eventuell könnten es auch die Kurden (wenn man auch an die Yesiden denkt?) wobei diese sowieso noch am Anfang ihrer Nationenbildung sind. Bei den Arabern sage ich nur teilweise, weil a)nicht alle arabisch-sprachige Christen sie sich als Araber fühlen, obwohl viele davon zu Gründer des arabischen Nationalismus gehören, b) Islam als Teil der arabischen Identität gesehen wurde, was z. T. auch von den christlichen arabischen Nationalisten akzeptiert war, c) weil jetzt Islamismus stark geworden ist, was auf die Nationenbildung Folgen haben kann.
Kann man das alles so mehr oder weniger sagen? Und die Frage ist, kann in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und Diversifizierung die Religionsherkunft identitätsstiftend bleiben? Andererseits, kann es die Sprache vielleicht auch nicht, besonders wenn man an die Zuwanderung denkt?
http://www.balkanforum.info/f16/vor...-seldschuken-sahen-griechen-56298/index4.html
..und zwar besonders die Diskussion zwischen Harput und Toruko-jin über die Bedeutung des Islams bei der türkischen nationalen Identität. Ich denke, dass es eine ähnliche Frage gibt, fast überall wo es einmal Osmanisches Reich war (ein Reich, in dem die Religionszugehörigkeit ein grundlegendes Element war, und die Ethnie eher bedeutungslos).
Also, anscheinend sind von allen Nationen der Region die Griechen und die Türken am ähnlichsten in diesem Bereich. Grob gesagt: beide Nationen sind dadurch entstanden, dass man Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Heimatländern, aber gemeinsamer Religion, in einem Land zusammen gebracht hat. In Griechenland waren dass griechisch-, slawisch-, albanisch-, vlachisch-, türkischsprachige Orthodoxen, in der Türkei türkisch-, kurdisch-, lasisch-, slawisch-, tscherkesich-, krimtatarisch-, albanischsprachige u.a. Muslime. Interessant ist hier, dass sogar die Abgrenzung zwischen Griechen und Bulgaren nicht so viel auf Sprache sondern auf Religion basiert war (Patriarchisten vs. Exarchisten).
In allen diesen Menschen wurde dann die Sprache der Mehrheit (griechisch bzw. türkisch) und eine damit verbundene nationale Identität den übrigen mehr oder weniger aufgezwungen, wobei interessanterweise die meisten auch nicht dagegen reagiert haben. Interessant ist auch, dass in beiden Ländern jeweils eine wichtige Ausnahme gab, also eine ethnische Gruppe die doch reagiert hat, aber nicht alle sondern nur Teile davon: die Kurden in der Türkei und die Slawischsprachigen in Griechenland.
Mittlerweile gibt es in beiden Ländern auch eine gewisse sprachliche Homogenität (wobei da Griechenland weiter als die Türkei ist). Ist mir klar, dass die religiöse Homogenität nicht absolut ist. Es gibt genug Atheisten/Agnostiker/Deisten die sich als Griechen bzw. Türken fühlen - ich bin selbst ein davon. Trotzdem haben sogar diese i. d. R. eine orthodoxe bzw. muslimische Familienherkunft, was sie mit der Mehrheit verbindet. Eine interessante Frage sind hier die Juden in beiden Ländern, und in Griechenland auch die Katholiken, beide sind aber heute sehr wenig.
Was denkt ihr, stimmt das so ungefähr?
Jetzt zu ex-Jugoslawien: soweit ich weiß, war auch hier die religiöse Herkunft die Grundlage für die Abgrenzung der Nationen, jedenfalls war es so nach dem Zerfall Jugoslawiens und was den Serben/Kroaten/Bosniaken angeht. Oder nicht? Natürlich sind die Slowenen und die Slawomazedonier interessante Ausnahmen: sind hier sprachliche Unterschiede am wichtigsten?
Bei den Bulgaren, obwohl sie mit den Serben/Griechen/Rumänen die gleiche Religion teilen, musste man erst die bulgarische Exarchie gründen, damit man richtig mit der Nationenbildung anfängt. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Pomaken sich richtig als Bulgaren fühlen, bis heute nicht.
Die einzigen, die in meinen Augen vielleicht es doch geschafft haben, eine Nation zu bilden, die über religiöse Identitäten hinaus geht, sind die Albaner und (teilweise) die Araber. Eventuell könnten es auch die Kurden (wenn man auch an die Yesiden denkt?) wobei diese sowieso noch am Anfang ihrer Nationenbildung sind. Bei den Arabern sage ich nur teilweise, weil a)nicht alle arabisch-sprachige Christen sie sich als Araber fühlen, obwohl viele davon zu Gründer des arabischen Nationalismus gehören, b) Islam als Teil der arabischen Identität gesehen wurde, was z. T. auch von den christlichen arabischen Nationalisten akzeptiert war, c) weil jetzt Islamismus stark geworden ist, was auf die Nationenbildung Folgen haben kann.
Kann man das alles so mehr oder weniger sagen? Und die Frage ist, kann in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und Diversifizierung die Religionsherkunft identitätsstiftend bleiben? Andererseits, kann es die Sprache vielleicht auch nicht, besonders wenn man an die Zuwanderung denkt?