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"Roter Napoleon" Vo Nguyen Giap ist tot

Das würde ich so unterstreichen. Außerdem ist es schlicht falsch, dass die Einbindung in die kapitalistische Wirtschaft allgemeinen Wohlstand schafft.

Volle Zustimmung. Ich mein, wieso wurden die Philippinen (nach dem amerikanischen Sieg) kein Land wie Südkorea? Wenn es beispielsweise kein Nordkorea heute geben würde, würde auch nicht Südkorea so funktionieren und existieren, wie sie es heute tut. Man will da bewusst eine "heile Welt" zeigen, was es eigentlich gar nicht ist. Wenn die Kommunisten nicht in China an der Macht wären, wäre Hongkong heute genau so bedeutend wie Madagaskar. Die Logik eines erfolgreichen Kapitalismus ist eigentlich sehr einfach zu erklären: du nimmst denjenigen etwas weg was sie nicht mal haben und investierst genau dort, damit wieder etwas "heran wächst". Das Ziel in Vietnam war klar, bzw. ein globales kapitalistisches System zu installieren und den Kommunismus (obwohl ich den genau so kritisch stehe) ein für alle mal zu beseitigen - im Fall von Vietnam haben genau da die Amis einen Sieg errungen, und nicht auf dem Schlachtfeld. Dort herrscht zurzeit eine strenge kapitalistische Diktatur, die an diejenige erinnert, die schon vor langer Zeit im Süd-Vietnam installiert wurde und mit denen sie heute "freundschaftliche" Beziehungen pflegen.
 
Ein Kommunist ist per de­fi­ni­ti­o­nem kein Demokrat und kein Freiheitsmensch, wenn wir uns anschauen, zu was diese Idee in den Gesellschaften geführt hat, in denen er durchgesetzt wurde. Insofern hat die Welt keinen Demokraten verloren. Allerdings kann man ihn dafür gratulieren, dass er eine hegomoniale Außenmacht besiegt hat. Er hat die äußere Souveränität Vietnams verteidigt - und das war es auch schon. Die Gesellschaft, die Wirtschaft, den Staat - die Lebenswirklichkeit in Vietnam - hat er nicht verändert. In meinen Augen ist er ein halber Revolutionär.

Hat schon was was du sagst. Gut, Vietnam hätte sicherlich einige wirtschaftliche Reformen durchführen müssen und wurden von Gorbatschow selbst 1986 dazu gezwungen. Es ist auch richtig, dass der damalige Führer Nguyen Van Linh sein Land nicht weiter in die Isolation treiben sehen wollte. Das mit der "kapitalistischen Diktatur" war ein bisschen von mir überspitzt. Ihr Reformpaket (Doi Moi hiess es glaub ich) hat keine kapitalistische Diktatur dargestellt wie wir sie heute kennen. Das Konzept der nationalen Unabhängigkeit für die sie im Krieg gekämpft haben, ermöglichte ihnen auch, dass sie der eigene Herr im Hause sein durften, bzw. nicht so wie in Ost-Europa die gezwungen waren ihre Unternehmen, Ressourcen an die Ausländer zu verkaufen. Es stimmt, dass die Vietnamesen eigene Unternehmen haben, die mit Ölquellen und anderen wichtigen Ressourcen selber handeln. Beispielsweise sämtliche Hotels in Saigon sind das Eigentum einer einzigen staatlichen Unternehmung. Bemerkenswert ist auch, dass sie keine all zu hohen Schulden haben (vielleicht mit Ausnahme von Süd-Vietnam, aber ist wie gesagt eine spezielle Geschichte für sich selbst - tragische eher).

Es stimmt ebenfalls, dass ihr System nicht an die globale kapitalistische Ausbeutung erinnert (sprich riesige Schulden, Defizite in der Zahlungsbilanz, Privatisierung und Verkauf von Ressourcen zu Spottpreisen an die Ausländer). Man könnte jetzt denken, dass wenn man ein privates Unternehmen führt und dass man den Ausländern erlaubt hat im Vietnam zu investieren kann, dass genau all dies den heutigen globalen Kapitalismus darstellt, aber dem ist nicht so. Sie stellt mehr die "vergessene" Lenins "neue ökonomische Politik" dar, bzw. was sie auch schlussendlich ist
 
Das würde ich so unterstreichen. Außerdem ist es schlicht falsch, dass die Einbindung in die kapitalistische Wirtschaft allgemeinen Wohlstand schafft.

Das habe ich auch nicht geschrieben. Tatsache ist, dass sich die wirtschaftliche Situation vieler Vietnamesen seit 1986 verbessert hat...

... Dort herrscht zurzeit eine strenge kapitalistische Diktatur, die an diejenige erinnert, die schon vor langer Zeit im Süd-Vietnam installiert wurde und mit denen sie heute "freundschaftliche" Beziehungen pflegen.

Südvietnam war bis zum Zusammenbruch Klient der USA, fast ohne eigene Industrie. Ohne massive finanzielle und materielle Unterstützung durch die Amis wäre die (nie demokratisch legitimierte) Regierung innerhalb von Wochen erledigt gewesen.
Ich will die Probleme Vietnams keinesfalls kleinreden, aber 2009 ist das Pro-Kopf-Einkommen auf über 1.000$/Jahr gestiegen und damit ist Vietnam ein "Middle Income Country". Das es noch beträchtliche Einkommensunterschiede zwischen Stadt und Land gibt ist sicher ein großes Problem, aber wenn man die Ausgangslage von 1975 betrachtet, ist das schon eine Leistung...

Auswärtiges Amt - Wirtschaft
 
Ein Kommunist ist per de­fi­ni­ti­o­nem kein Demokrat und kein Freiheitsmensch, wenn wir uns anschauen, zu was diese Idee in den Gesellschaften geführt hat, in denen er durchgesetzt wurde. Insofern hat die Welt keinen Demokraten verloren. Allerdings kann man ihn dafür gratulieren, dass er eine hegomoniale Außenmacht besiegt hat. Er hat die äußere Souveränität Vietnams verteidigt - und das war es auch schon. Die Gesellschaft, die Wirtschaft, den Staat - die Lebenswirklichkeit in Vietnam - hat er nicht verändert. In meinen Augen ist er ein halber Revolutionär.

Der Kommunismus ist Utopie wie es der vollkommene Kapitalismus ist, er ist unerreichbar. Die Versuche des 20. Jahrhunderts, dem kommunistischen Ideal näher zu kommen,sind entweder gescheitert oder namentlich missbraucht worden um ein Wechselspiel der Eliten durchzusetzen. Es ist daher falsch auf zu behaupten, dass der Kommunismus irgendwo durchgesetzt worden ist, das ist nämlich nicht der Fall. In seinen vorgesehen Gewaltstrukturen ist der Kommunismus vollständig demokratisch, es gibt quasi nichts demokratischeres als der Arbeiterschaft die Produktionsmittel zu überlassen während der Kapitalismus ohne Sicherheitsmechanismen kollektivem Mord gleichkommt. Ich stimme mit vielen kommunistischen Prinzipien nicht überein, z.B. was das Thema Religion betrifft, oder die Gesellschaftsvorstellung Marx', welche ganz klar eurozentrisch geprägt ist. Aber deine Beschreibung ist nicht richtig.

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Das habe ich auch nicht geschrieben. Tatsache ist, dass sich die wirtschaftliche Situation vieler Vietnamesen seit 1986 verbessert hat...

Verbesserungen sind relativ. Außerdem muss man auch immer sehen, was die tatsächlichen Korrelationen sind oder ob bestimme Dinge vielleicht eine ganz andere Ursache haben. Die Werte die du nennst sind absoluter Natur und in einem Land wie Vietnam gehe ich davon aus, dass der geschaffene Reichtum auf städtische Mittel- und Oberschichten zurückzuführen ist. Außerhalb westlicher Staaten ist so etwas wie eine Mittelschicht eigentlich nicht existent, daher halte ich es für wahrscheinlich, dass die Erhöhung absoluter Werte ungleich verteilt ist.
 
naja ich kann mich der Begeisterung für diesen Mann nicht anschließen, es ist eben nicht so gewesen, dass alle Vietnamesen für den Kommunismus gewesen sind, ganz im Gegenteil die Zivilbevölkerung wurden von den jeweiligen Eliten die Anhänger der verschiedenen politischen Systeme gewesen sind, dementsprechend gezwungen gegeneinander Krieg zu führen.

Der Vietnamkrieg war ein Stellvertreterkrieg und dementsprechend waren die sich daran beteiligten Eliten Vietnams Mitschuld dass es so weit kommen konnte.
 
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Der Vietnamkrieg war ein Stellvertreterkrieg und dementsprechend waren die sich daran beteiligten Eliten Vietnams Mitschuld dass es so weit kommen konnte.

Lesetipp:

Barbara Tuchmann: Die Torheit der Regierenden

Könnte Deinen Horizont erweitern...

1919 versuchte ein junger Mann, der Versammlung zu den Verhandlungen über die Friedensverträge in Versailles ein Dokument zu überreichen.

hochiminhfrance1920.jpg

Ho Chi Minh (1920) in Frankreich

In dem Schreiben wurde der amerikanische Präsident Wilson an sein 14-Punkte-Programm erinnert, dass auch das Selbstbestimmungsrecht für alle Völker forderte. Deshalb baten die Vietnamesen um Unterstützung gegen die französische Kolonialherrschaft. Ho wurde weder vorgelassen noch angehört...
Erst danach wandte er sich der Komintern zu, weil diese wohl die einzige Chance bot, die Unabhängigkeit zu erlangen...
 
naja ich kann mich der Begeisterung für diesen Mann nicht anschließen, es ist eben nicht so gewesen, dass alle Vietnamesen für den Kommunismus gewesen sind, ganz im Gegenteil die Zivilbevölkerung wurden von den jeweiligen Eliten die Anhänger der verschiedenen politischen Systeme gewesen sind, dementsprechend gezwungen gegeneinander Krieg zu führen.
Der Vietnamkrieg war ein Stellvertreterkrieg und dementsprechend waren die sich daran beteiligten Eliten Vietnams Mitschuld dass es so weit kommen konnte.

Charlie, in erster Linie geht es hier nicht um den Kommunismus (der eben so viele Opfer genommen hat, ohne Zweifel). Man muss es so sehen, dass die Unterstützung der Bevölkerung für die Entkolonialisierung und Befreiung notwendig war, bzw. die Verteidigung der eigenen Souveränität vor irgend einem Land, wird in jedem souveränen Staat als Pflicht angesehen und nennt sich Mobilisation. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Vietnam war gegen die Französisch Kolonialregierung, und eine kleine Minderheit der Kollaborateuren in Kriegszeiten gehören nicht zur legitimen demokratischen Kräften, sondern ist ganz einfach Verrat, und Verrat wird in vielen Ländern mit dem Tod bestraft. Also es gibt wohl keinen Zweifel daran, dass eine deutliche Mehrheit der Zivilisten motiviert war, sich im Kampf für die Befreiung von der Französischen Aggression (danach der amerikanischen) zu stellen. Es stimmt dass die Mobilisation bei nicht wenigen auch Erpressung/Folter ins Spiel kam, aber wie bereits erwähnt, ist die Mobilisierung durch die Gesetze der meisten Staaten noch heute geregelt.
 
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