[h=1]Zypern denkt über Flucht unter Rettungsschirm nach[/h] Auch der griechisch bevölkerte Teil Zyperns muss möglicherweise bald unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen. Bislang konnte sich das Land nur mit einem russischen Kredit über Wasser halten
Die Regierung des griechisch bevölkerten Teils Zyperns denkt laut über eine baldige Flucht unter den EU-Rettungsschirm nach. Das Land will deswegen dringend schon an diesem Mittwoch im Parlament die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen.
Sowohl der Vorsitzende des Europaausschusses im Parlament, Averof Neofytou, als auch Finanzminister Vassis Shiarly und Notenbankchef Nicos Anastassiades äußerten sich am Freitag und Samstag dahingehend, dass Zypern möglicherweise den neuen europäischen Rettungsfonds ESM in Anspruch nehmen werde, der voraussichtlich erst im Juli aktiviert werden wird – falls bis dahin alle beteiligten Länder den europäischen Fiskalpakt ratifizieren.
Zypern kann bereits seit einem Jahr an den Finanzmärkten keine Kredite mehr zu bezahlbaren Zinsen aufnehmen. Es hat jedoch bis jetzt versucht, Hilfen der EU und des IMF zu vermeiden, um die damit einher gehenden Strukturreformen nicht anpacken zu müssen.
Insbesondere will man die vergleichsweise niedrige Unternehmensteuer von 10 Prozent behalten. Viele Finanzdinstleister sind wegen der günstigen Steuern auf der Insel ansässig, die nebenbei als Paradies für Geldwäscher gilt.
[h=2]Kredit von 2,5 Milliarden unter Marktkonditionen[/h] Die Ursachen der
Krise auf Zypern klingen wie eine Mischung der Probleme von Spanien und Griechenland. Ein wilder Bauboom, der zu einem Crash auf dem Immobilienmarkt führte; ein aufgeblähter Beamtenapparat, und unbezahlbare Renten, die nicht gesenkt werden können, wenn man nicht einen Aufstand der sehr mächtigen Gewerkschaften riskieren will.
Hinzu kommt, als Tüpfelchen auf dem "i" von "Krise", dass das einzige Kraftwerk des Landes im Juli zerstört wurde, als in der Nähe offen gelagerte Munition explodierte. Sie war einst auf dem Weg nach Syrien beschlagnahmt und dann auf offenem Gelände unsicher gelagert worden.
Bislang konnte sich das Land über Wasser halten und gleichzeitig Reformen vermeiden, indem es einen russischen Kredit von 2,5 Milliarden Euro weit unter Marktkonditionen bekam, nämlich zu einem Zinssatz von 4,5 Prozent. Die Summe sollte angeblich für das ganze Jahr reichen. Es reicht aber wohl doch nicht, Aussichten auf weitere russische oder auch chinesische Kredite scheinen ungewiss, und so beginnt man nun laut über Hilfe der EU nachzudenken (erforderlich wären wohl rund zehn Milliarden Euro).
Reformen will man dennoch nicht gerne angehen. Ohne genauer zu werden, sagte Finanzminister Shiarly am Freitag, dass Zypern Europäische Notkredite bekommen könnte, aber ohne die schmerzlichen Sparmaßnahmen, wie sie Griechenland aufgebürdet wurden, "wenn wir rechtzeitig die richtigen Schritte unternehmen." Welche das sein könnten, sagte er nicht.
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