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PKK organisiert Proteste mit Kindern
Zuspruch für Kurdenführer Öcalan nimmt ab
Günther Seufert
ISTANBUL. Im Südosten der Türkei dauern die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Demonstranten auf der einen und Armee sowie Polizei auf der anderen Seite an. Am Wochenende wurden zwei Menschen getötet und etwa zehn verletzt. Die Demonstrationen waren vergangene Woche durch die Beerdigungen mehrerer PKK-Kämpfer in Diyarbakir ausgelöst worden. Gestern verlagerten sie sich in die Provinz.
In Kiziltepe, Silopi, Yüksekova und Silvan ging die Polizei mit Panzern und Tränengas gegen Demonstranten vor, die Steine warfen, Behörden stürmten und Barrikaden errichteten. In Van zogen Sicherheitskräfte mit über einhundert Fahrzeugen, darunter Panzern, durch die Stadt und schüchterten potenzielle Demonstranten ein. In Adana formierten sich Kinder und Jugendliche zum Protestzug, zündeten Reifen an und wurden von der Polizei vertrieben.
Die Szenerie in Adana ist typisch für die Unruhen der letzten Tage. "80 Prozent der Demonstranten in Diyarbakir sind Minderjährige", sagte Efkan Ala, Gouverneur von Diyarbakir. Tatsächlich sind fast die Hälfte der 77 Verhafteten in Diyarbakir unter 18 Jahre. Kinder und Jugendliche sind heute eines der Instrumente der PKK, die die Proteste über Internetseiten und den von Dänemark aus sendenden Kanal Roj TV anleitet. "Sie haben den Kindern fünf türkische Lira und Molotowcocktails in die Hand gedrückt", verharmlost Landwirtschaftsminister Mehdi Eker die Situation, doch die Probleme liegen tiefer und reichen mehr als zehn Jahre zurück.
Um der PKK die Logistik zu entziehen, räumte die türkische Armee Mitte der neunziger Jahre tausende Dörfer, brannte viele nieder. "In der Region Diyarbakir wurden dreitausend Dörfer zwangsgeräumt", sagt Mesut Yldrm, Vorsitzender des muslimischen Menschenrechtsvereins Mazlum in der Stadt. "Wir stehen einer Generation von in die Stadt geschwemmten Menschen gegenüber, die keinen Halt haben."
In einer Untersuchung der Provinzverwaltung von 2004 kommen 80 Prozent der gefassten minderjährigen Taschendiebe aus der zwangsgeräumten Region. Ihre Familien haben im Durchschnitt sieben Kinder, nahezu ein Drittel ihrer Väter und fast 90 Prozent ihrer Mütter können weder schreiben noch lesen. "Weder sie selbst noch ihre Eltern trauen dem Staat", sagt Ihsan Babaoglu, Chef der Regionalbüros der Gewerkschaft Egitim-Sen. Mit Hilfe dieser verlorenen Generation organisiert die PKK die größten Ausschreitungen seit Jahren. Denn unter Geschäftsleuten, Berufsverbänden und NGO bröckelt die Unterstützung für Abdullah Öcalan, den Führer der Partei, der seit 1999 in türkischer Haft sitzt.
PKK organisiert Proteste mit Kindern
Zuspruch für Kurdenführer Öcalan nimmt ab
Günther Seufert
ISTANBUL. Im Südosten der Türkei dauern die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Demonstranten auf der einen und Armee sowie Polizei auf der anderen Seite an. Am Wochenende wurden zwei Menschen getötet und etwa zehn verletzt. Die Demonstrationen waren vergangene Woche durch die Beerdigungen mehrerer PKK-Kämpfer in Diyarbakir ausgelöst worden. Gestern verlagerten sie sich in die Provinz.
In Kiziltepe, Silopi, Yüksekova und Silvan ging die Polizei mit Panzern und Tränengas gegen Demonstranten vor, die Steine warfen, Behörden stürmten und Barrikaden errichteten. In Van zogen Sicherheitskräfte mit über einhundert Fahrzeugen, darunter Panzern, durch die Stadt und schüchterten potenzielle Demonstranten ein. In Adana formierten sich Kinder und Jugendliche zum Protestzug, zündeten Reifen an und wurden von der Polizei vertrieben.
Die Szenerie in Adana ist typisch für die Unruhen der letzten Tage. "80 Prozent der Demonstranten in Diyarbakir sind Minderjährige", sagte Efkan Ala, Gouverneur von Diyarbakir. Tatsächlich sind fast die Hälfte der 77 Verhafteten in Diyarbakir unter 18 Jahre. Kinder und Jugendliche sind heute eines der Instrumente der PKK, die die Proteste über Internetseiten und den von Dänemark aus sendenden Kanal Roj TV anleitet. "Sie haben den Kindern fünf türkische Lira und Molotowcocktails in die Hand gedrückt", verharmlost Landwirtschaftsminister Mehdi Eker die Situation, doch die Probleme liegen tiefer und reichen mehr als zehn Jahre zurück.
Um der PKK die Logistik zu entziehen, räumte die türkische Armee Mitte der neunziger Jahre tausende Dörfer, brannte viele nieder. "In der Region Diyarbakir wurden dreitausend Dörfer zwangsgeräumt", sagt Mesut Yldrm, Vorsitzender des muslimischen Menschenrechtsvereins Mazlum in der Stadt. "Wir stehen einer Generation von in die Stadt geschwemmten Menschen gegenüber, die keinen Halt haben."
In einer Untersuchung der Provinzverwaltung von 2004 kommen 80 Prozent der gefassten minderjährigen Taschendiebe aus der zwangsgeräumten Region. Ihre Familien haben im Durchschnitt sieben Kinder, nahezu ein Drittel ihrer Väter und fast 90 Prozent ihrer Mütter können weder schreiben noch lesen. "Weder sie selbst noch ihre Eltern trauen dem Staat", sagt Ihsan Babaoglu, Chef der Regionalbüros der Gewerkschaft Egitim-Sen. Mit Hilfe dieser verlorenen Generation organisiert die PKK die größten Ausschreitungen seit Jahren. Denn unter Geschäftsleuten, Berufsverbänden und NGO bröckelt die Unterstützung für Abdullah Öcalan, den Führer der Partei, der seit 1999 in türkischer Haft sitzt.
