Iranischer Präsident droht mit Ende des Weltfriedens
Ahmadi-Nedschad droht mit Ende des "Weltfriedens"
Irans Präsident warnt vor Einschaltung des UN-Sicherheitsrats - Hinweise mehren sich, daß Teheran militärischen Konflikt will
von Boris Kalnoky
Istanbul - Irans Präsident Ahmadi-Nedschad hat die Staatengemeinschaft am Wochenende mit drohenden Worten davor gewarnt, im Atomkraft-Streit mit Teheran den Weltsicherheitsrat einzuschalten. Die Worte, die er dabei benutzte, sind es wert, genau betrachtet zu werden. Ahmadi-Nedschad warnte unter anderem, eine Anrufung des Weltsicherheitsrates werde den "Weltfrieden gefährden", und weckte damit Befürchtungen, es werde über kurz oder lang zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit dem Iran kommen. In einem weniger bemerkten Satz warf er den westlichen Atommächten eine "Doppelmoral" vor, da sie selbst Atomwaffen besäßen, anderen Staaten jedoch solche Waffen vorenthielten.
Diese Formulierung war für manche Beobachter ungewollt entlarvend, suggerierte sie doch, daß es dem Iran tatsächlich um den Erwerb von Atomwaffen geht - eine Absicht, die Ahmadi-Nedschad in derselben Rede am Samstag mehrfach leugnete.
Der Iran hatte vergangene Woche Siegel der UN von Atomanlagen entfernt, in denen Uran angereichert werden kann. Rechtlich gesehen ist das Land durchaus befugt, Uran anzureichern. Die westliche Staatengemeinschaft verdächtigt die Regierung jedoch, zu militärischen Zwecken atombombentaugliches Uran gewinnen zu wollen. Daher soll das Land nach dem Wunsch der USA und der EU-Unterhändler vor den Weltsicherheitsrat zitiert werden, wo Sanktionen aber nur mit der fraglichen Zustimmung Rußlands und Chinas möglich sind.
Sollte der Weltsicherheitsrat mit dem Thema befaßt werden, so verpflichtet ein neues Gesetz die iranische Regierung, die seit zwei Jahren währende freiwillige Einschränkung des Atomprogramms aufzuheben und die Anreicherung von Uran fortzusetzen. Gleichzeitig würden die bisher akzeptierten kurzfristigen Kontrollen der Internationalen Atombehörde IAEA untersagt.
Die iranische Regierung forderte die EU auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Atomgespräche waren vergangene Woche als Reaktion auf das Brechen der UN-Siegel gestoppt worden.
Die für westliche Begriffe zunehmend irrational anmutenden Äußerungen des iranischen Präsidenten haben zu der Frage geführt, was ihn letztlich motiviert. Manchen Beobachtern zufolge ist es sein Glaube, die Rückkehr des verschollenen "Zwölften Imam" herbeiführen zu können. Im Klartext bedeutet dies das Ende der Welt (und der weltweite militärische Sieg des schiitischen Islam).
Eine der ersten Handlungen des Präsidenten war, mehr als 13 Millionen Euro der Dschamkaran-Moschee zu schenken. In diesem Heiligtum befindet sich ein Brunnen, der im Volksglauben der "Briefkasten" des Zwölften Imam ist. Man kann ihm Botschaften zukommen lassen, indem man sie dort ins Wasser wirft. Manchmal sagt ein Gerücht ebensoviel wie harte Fakten über die Lage eines Landes. Im Iran sind viele Menschen überzeugt, daß Ahmadi-Nedschad alle seine Minister verpflichtete, mit ihm gemeinsam einen Brief an den Imam zu schreiben und in den Brunnen zu werfen. Inhalt: Man wolle alles tun, um seine schnelle Rückkehr zu ermöglichen.
Man besinnt sich nun auch auf den damals nur wirr klingenden Wortlaut der Antrittsrede des Präsidenten letzten November vor den Vereinten Nationen. Die schockierende Rede, die den westlichen Ländern "Staatsterrorismus" vorwarf, endete mit einem Appell an Allah, den "Verheißenen" zu entsenden, "jenes perfekte und reine Wesen, das die Welt mit Gerechtigkeit und Frieden erfüllen wird". Wenn es sich um den Mahdi handelt: Dessen Rückkehr erfolgt zum Auftakt eines am Ende siegreichen Krieges der rechtgläubigen Muslime gegen Israel und den Rest der Welt.
http://www.welt.de/data/2006/01/16/831932.html