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Schweinegrippe
WHO hebt Alarmphase auf zweithöchste Stufe
Tödliche Grippewellen
Die schlimmsten Pandemien der Neuzeit
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der sich ausbreitenden Schweinegrippe das Pandemierisiko auf die zweithöchste Stufe 5 angehoben. Das teilte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Mittwochabend vor Journalisten in Genf mit. Damit steht die weltweite Ausbreitung des mutierten Schweinegrippevirus H1N1 unmittelbar bevor. Chan appellierte an alle internationalen Organisationen wie die Weltbank sowie an die Pharmaindustrie und die Forschung, alle Kapazitäten bereitzustellen, um eine Pandemie zu vermeiden.
Chan rief außerdem alle Länder auf, umgehend ihre Pandemie-Notfallpläne zu aktivieren. Im Falle einer Pandemie sei „die gesamte Menschheit bedroht“, sagte Chan.
In Phase 5 steht fest, dass das Virus in mindestens zwei Ländern auf einem Kontinent von Mensch zu Mensch übertragen wird. Jetzt ruft die WHO auch zur verstärkten Produktion von Grippemitteln und weiteren Vorsorgemaßnahmen etwa im Gesundheitswesen auf. Die Eindämmung der Krise läuft nun auf vollen Touren und in allen Bereichen an.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO unterscheidet zwischen sechs Pandemie-Phasen: Phase 1 – geringes Risiko: Keine neuen Influenzavirus-Subtypen werden beim Menschen entdeckt.
Erst am Montag war die seit 2005 wegen der Vogelgrippe geltende Stufe 3 auf 4 heraufgesetzt worden. Das bedeutete, dass das neue Grippevirus von Tieren auch Menschen infizieren kann und von Mensch zu Mensch übertragen wird. Bei der höchsten Stufe 6 wird von einer weltweiten Ausbreitung des Virus ausgegangen, also von einer Pandemie.
In den USA wurde am Mittwoch der erste Todesfall durch das Virus bestätigt, in Mexiko jedoch die Zahl der Toten durch die Grippe erheblich nach unten korrigiert. In Deutschland wurden fünf Tage nach den ersten Berichten über eine Epidemie in Mexiko drei Erkrankungen an dem neuen Virus bestätigt. Experten untersuchen unterdessen die Schleimhaut-Abstriche von immer mehr Deutschen. Bei den ersten Patienten haben die Antiviren-Mittel angeschlagen – doch der tückische Erreger versetzt die Behörden in wachsende Alarmbereitschaft. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums erklärte jedoch auf Anfrage, der Pandemie-Notfallplan in Deutschland werde keinesfalls vor Donnerstag Vormittag in Kraft treten. Dann müsse zunächst darüber beraten werden.
Die Grippe erreicht Deutschland mit Ansage. Bereits seit Tagen heißt es bei den zuständigen Stellen: Ja, eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland das Virus A/H1N1 nachgewiesen wird.
Am Mittwochmorgen dann teilt das zuständige Robert Koch-Institut RKI den Fund des Erregers bei drei zurückgekehrten Mexiko-Reisenden mit. Krank sind eine 22 Jahre alte Frau, die mit Anzeichen von Grippe in Hamburg in die Klinik kam. „Der Patientin geht es relativ gut“, sagt ihr behandelnder Arzt Gerd Burchard wenig später. Krank war auch eine 37-Jährige aus dem bayerischen Kulmbach – am Tag des Nachweises ist sie aber schon wieder genesen. Heikler ist die Lage bei einem 37-Jährigen, der in der Uniklinik Regensburg behandelt wird, weil er noch eine andere Krankheit hat. Aber auch bei ihm hätten sich die Symptome gebessert, heißt es.
Viel ist von „Beruhigung“ die Rede, als sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und RKI-Chef Hacker in Berlin an die Öffentlichkeit wenden. Doch Schmidt sagt auch: „Niemand von uns weiß, wie die Ausbreitungen weitergehen.“ Und: „Niemand weiß, ob in den nächsten Stunden noch neue Fälle dazukommen.“ Mehrere Schritte sind nötig, um ein Grippevirus genau zu bestimmen. Die letzten Analysen nimmt das Nationale Referenzzentrum des RKI in Berlin vor.
Die Bundeskanzlerin meldet sich zu Wort. „Wir sind in allen Fragen gut vorbereitet, so dass sich die Menschen in Deutschland darauf verlassen können, dass die Regierung das Mögliche und Notwendige tut“, sagt Angela Merkel (CDU). Hacker teilt mit: Das RKI will die Öffentlichkeit jetzt täglich über die Grippe unterrichten. Notfalls stünden Spezialteams bereit, die in deutsche Regionen ausschwärmen könnten. Hacker sagt auch: Bis es einen Impfstoff gibt, kann es „drei Monate plusminus einige Wochen“ dauern. „Das ist biologisches Material."
Niemand weiß, wie sich das Virus weiter verbreitet. Ein Satz von Ulla Schmidt hallt noch nach. „Wenn wir überhaupt eine Chance haben, ist es die, durch frühzeitiges Erkennen die Infektionswege zu unterbrechen“, sagt sie. Da melden sich auch schon die ersten Virologen zu Wort und zweifeln an einer hohen Verbreitungsfähigkeit des Erregers. Und nur etwa ein Prozent der Infizierten sei zudem in Lebensgefahr. Ein Vergleich mit der normalen Grippe zeigt, dass die Schweinegrippe nach jetzigem Stand noch relativ kleine Auswirkungen hat. 5000 bis 8000 Grippetote gibt es üblicherweise in einer Saison in Deutschland. Allerdings: Das Virus A/H1N1 ist wahrscheinlich weiter wandelbar. Die Gefahr der weltweiten Ausbreitung ist da.
Die Momentaufnahme eines Tages: Es gibt den ersten Grippetoten außerhalb Mexikos. Allerdings handelt es sich um ein 23 Monate altes mexikanisches Kind, das von seinen Eltern eigens zur Behandlung in eine Klinik in die USA gebracht worden war. In den EU-Ländern sind bis zum Abend 19 bestätigte Fälle von Schweinegrippe aufgetreten. Außerhalb der EU gibt es 171 Fälle, die meisten davon mit 91 in den USA. Erste Verdachtsfälle werden aus Afrika gemeldet.
Doch was kann man noch tun: Vorerst gilt zur Vorbeugung gegen die neue Krankheit dasselbe wie bei der normalen Grippe: Man soll sich seine Hände oft waschen und sich davor schützen, Huster oder Nießer abzubekommen - natürlich vor allem in der Nähe von Mexiko-Heimkehrern. Sich Grippemittel zur Vorbeugung verschreiben zu lassen, sei falsch, mahnt Schmidt.
ap/AFP/dpa/oc
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Quelle: welt.de, 29.04.2009
WHO hebt Alarmphase auf zweithöchste Stufe
29. April 2009, 22:17 Uhr
Wegen der grassierenden Schweinegrippe hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die fünfte von sechs möglichen Warnstufen ausgerufen: Warnstufe fünf bedeutet, dass eine Pandemie – eine sich über Länder und Kontinente hinweg ausbreitende Infektionskrankheit – unmittelbar bevorsteht.
Wegen der grassierenden Schweinegrippe hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die fünfte von sechs möglichen Warnstufen ausgerufen: Warnstufe fünf bedeutet, dass eine Pandemie – eine sich über Länder und Kontinente hinweg ausbreitende Infektionskrankheit – unmittelbar bevorsteht.
Tödliche Grippewellen
Die schlimmsten Pandemien der Neuzeit
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der sich ausbreitenden Schweinegrippe das Pandemierisiko auf die zweithöchste Stufe 5 angehoben. Das teilte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Mittwochabend vor Journalisten in Genf mit. Damit steht die weltweite Ausbreitung des mutierten Schweinegrippevirus H1N1 unmittelbar bevor. Chan appellierte an alle internationalen Organisationen wie die Weltbank sowie an die Pharmaindustrie und die Forschung, alle Kapazitäten bereitzustellen, um eine Pandemie zu vermeiden.
Chan rief außerdem alle Länder auf, umgehend ihre Pandemie-Notfallpläne zu aktivieren. Im Falle einer Pandemie sei „die gesamte Menschheit bedroht“, sagte Chan.
In Phase 5 steht fest, dass das Virus in mindestens zwei Ländern auf einem Kontinent von Mensch zu Mensch übertragen wird. Jetzt ruft die WHO auch zur verstärkten Produktion von Grippemitteln und weiteren Vorsorgemaßnahmen etwa im Gesundheitswesen auf. Die Eindämmung der Krise läuft nun auf vollen Touren und in allen Bereichen an.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO unterscheidet zwischen sechs Pandemie-Phasen: Phase 1 – geringes Risiko: Keine neuen Influenzavirus-Subtypen werden beim Menschen entdeckt.
Erst am Montag war die seit 2005 wegen der Vogelgrippe geltende Stufe 3 auf 4 heraufgesetzt worden. Das bedeutete, dass das neue Grippevirus von Tieren auch Menschen infizieren kann und von Mensch zu Mensch übertragen wird. Bei der höchsten Stufe 6 wird von einer weltweiten Ausbreitung des Virus ausgegangen, also von einer Pandemie.
In den USA wurde am Mittwoch der erste Todesfall durch das Virus bestätigt, in Mexiko jedoch die Zahl der Toten durch die Grippe erheblich nach unten korrigiert. In Deutschland wurden fünf Tage nach den ersten Berichten über eine Epidemie in Mexiko drei Erkrankungen an dem neuen Virus bestätigt. Experten untersuchen unterdessen die Schleimhaut-Abstriche von immer mehr Deutschen. Bei den ersten Patienten haben die Antiviren-Mittel angeschlagen – doch der tückische Erreger versetzt die Behörden in wachsende Alarmbereitschaft. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums erklärte jedoch auf Anfrage, der Pandemie-Notfallplan in Deutschland werde keinesfalls vor Donnerstag Vormittag in Kraft treten. Dann müsse zunächst darüber beraten werden.
Die Grippe erreicht Deutschland mit Ansage. Bereits seit Tagen heißt es bei den zuständigen Stellen: Ja, eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland das Virus A/H1N1 nachgewiesen wird.
Am Mittwochmorgen dann teilt das zuständige Robert Koch-Institut RKI den Fund des Erregers bei drei zurückgekehrten Mexiko-Reisenden mit. Krank sind eine 22 Jahre alte Frau, die mit Anzeichen von Grippe in Hamburg in die Klinik kam. „Der Patientin geht es relativ gut“, sagt ihr behandelnder Arzt Gerd Burchard wenig später. Krank war auch eine 37-Jährige aus dem bayerischen Kulmbach – am Tag des Nachweises ist sie aber schon wieder genesen. Heikler ist die Lage bei einem 37-Jährigen, der in der Uniklinik Regensburg behandelt wird, weil er noch eine andere Krankheit hat. Aber auch bei ihm hätten sich die Symptome gebessert, heißt es.
Viel ist von „Beruhigung“ die Rede, als sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und RKI-Chef Hacker in Berlin an die Öffentlichkeit wenden. Doch Schmidt sagt auch: „Niemand von uns weiß, wie die Ausbreitungen weitergehen.“ Und: „Niemand weiß, ob in den nächsten Stunden noch neue Fälle dazukommen.“ Mehrere Schritte sind nötig, um ein Grippevirus genau zu bestimmen. Die letzten Analysen nimmt das Nationale Referenzzentrum des RKI in Berlin vor.
Die Bundeskanzlerin meldet sich zu Wort. „Wir sind in allen Fragen gut vorbereitet, so dass sich die Menschen in Deutschland darauf verlassen können, dass die Regierung das Mögliche und Notwendige tut“, sagt Angela Merkel (CDU). Hacker teilt mit: Das RKI will die Öffentlichkeit jetzt täglich über die Grippe unterrichten. Notfalls stünden Spezialteams bereit, die in deutsche Regionen ausschwärmen könnten. Hacker sagt auch: Bis es einen Impfstoff gibt, kann es „drei Monate plusminus einige Wochen“ dauern. „Das ist biologisches Material."
Niemand weiß, wie sich das Virus weiter verbreitet. Ein Satz von Ulla Schmidt hallt noch nach. „Wenn wir überhaupt eine Chance haben, ist es die, durch frühzeitiges Erkennen die Infektionswege zu unterbrechen“, sagt sie. Da melden sich auch schon die ersten Virologen zu Wort und zweifeln an einer hohen Verbreitungsfähigkeit des Erregers. Und nur etwa ein Prozent der Infizierten sei zudem in Lebensgefahr. Ein Vergleich mit der normalen Grippe zeigt, dass die Schweinegrippe nach jetzigem Stand noch relativ kleine Auswirkungen hat. 5000 bis 8000 Grippetote gibt es üblicherweise in einer Saison in Deutschland. Allerdings: Das Virus A/H1N1 ist wahrscheinlich weiter wandelbar. Die Gefahr der weltweiten Ausbreitung ist da.
Die Momentaufnahme eines Tages: Es gibt den ersten Grippetoten außerhalb Mexikos. Allerdings handelt es sich um ein 23 Monate altes mexikanisches Kind, das von seinen Eltern eigens zur Behandlung in eine Klinik in die USA gebracht worden war. In den EU-Ländern sind bis zum Abend 19 bestätigte Fälle von Schweinegrippe aufgetreten. Außerhalb der EU gibt es 171 Fälle, die meisten davon mit 91 in den USA. Erste Verdachtsfälle werden aus Afrika gemeldet.
Doch was kann man noch tun: Vorerst gilt zur Vorbeugung gegen die neue Krankheit dasselbe wie bei der normalen Grippe: Man soll sich seine Hände oft waschen und sich davor schützen, Huster oder Nießer abzubekommen - natürlich vor allem in der Nähe von Mexiko-Heimkehrern. Sich Grippemittel zur Vorbeugung verschreiben zu lassen, sei falsch, mahnt Schmidt.
ap/AFP/dpa/oc
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Quelle: welt.de, 29.04.2009