Jovanović
Gesperrt
Serbisch-kroatischer Tanz auf dem Tresen
GROSSBELLHOFEN (mz) — Ein WM-Spiel wie Deutschland gegen Serbien (Freitag, 13.30 Uhr) bekommt erst seine Würze, wenn man es zusammen mit gegnerischen Fans anschaut. Umso mehr, wenn ein Serbe die Partie mit seiner kroatischen Ehefrau verfolgt, die deshalb lieber zu Deutschland als zu Serbien hält. So ist es bei Mama Ljubica in Großbellhofen – deutsche, serbische, kroatische und alle anderen Gäste sind zur Live-Übertragung und zu freundschaftlichen Wortgefechten willkommen.
„Ich bin ein großer Stänkerer, wenn es um Fußball geht“, sagt Bozu Skoric, dabei blitzt ihm der Schalk aus den Augen. Der Serbe mag genau das an dem Spiel, die Emotionen, die Vernarrtheit der Fans in einen Klub oder in eine Nation. Die Regeln dagegen sind ihm nicht einmal so geläufig. „Ich habe keine Ahnung, wann es Elfmeter gibt und wann nicht“, sagt er schelmisch, aber für Serbien ist er natürlich schon. Trotzdem bleibt der Eindruck: Egal, was er über „seine“ oder eine andere Nationalmannschaft sagt, wirklich ernst ist es ihm damit nicht. Das hat vielleicht mit einem Erlebnis bei der EM 1976 zu tun, als Deutschland im Halbfinale gegen Jugoslawien spielte. Er sah es gemeinsam mit Freunden in der Kneipe.
Dort war er der einzige Jugoslawe gegen vielleicht 50 deutsche Fans. „Hey, Jugo“, bekam er zu hören, was so viel heißen sollte wie: „Was wollt ihr schon gegen uns ausrichten.“ Als Jugoslawien das 1:0 gegen den Fußballweltmeister schoss, „habe ich am Stammtisch mit dem Besen getanzt“, erinnert sich Skoric. Als die Blauen dann aber noch ein 2:0 verspielten, „war ich eine Woche krank“, erinnert er sich. Die Gäste des Großbellhofener Gasthauses „Mama Ljubica“ müssen jetzt nicht fürchten, dass sie vor verschlossener Tür stehen, wenn Serbien verliert. Skoric rechnet „realistisch betrachtet“, wie er sagt, mit einer Niederlage und Serbiens Ausscheiden. „Es ist ein kleines Land, wir haben wenige Einwohner, wir haben viele super Fußballer wie Dejan Stankovic und Marko Pantelic, aber keine Teamarbeit und keine so gute Kondition wie die Deutschen“, so seine Einschätzung.
Deshalb streift er sich zum Anpfiff ein brasilianisches Nationaltrikot über, die passende Mütze dazu und will behaupten, Brasilianer zu sein, die das Turnier seiner Meinung nach gewinnen werden. Wenn aber Serbien überraschend gewinnen sollte, dann werde er ganz schnell sein serbisches Nationaltrikot oder die Fahne holen und vielleicht einmal wieder auf dem Stammtisch tanzen. Seine Frau allerdings, Wirtin Mama Ljubica, wird das nicht ganz so gerne sehen. Sie ist seit 36 Jahren mit dem Serben aus dem bosnischen Banja Luka verheiratet. Genauso lang währt der Konkurrenzkampf der beiden, der seit der Auflösung Jugoslawiens regelmäßig bei den Welt- oder Europameisterschaften aufköchelt. Vorher waren sie zumindest einig in der Unterstützung ihrer einzigen Nationalelf.
Da Mama Ljubica Kroatin ist – sie stammt aus der Nähe von Cakovec – ist das nicht mehr ganz so einfach. Sie reagiert durchaus mit Spitzen auf Sätze ihres Mannes wie: „Wenn Deutschland gegen Kroatien spielt, dann bin ich schon für Deutschland.“ Sie kontert: „Er kämpft 36 Jahre gegen Kroatien, aber er hat noch nicht gewonnen.“ Das Ehepaar neckt sich und zieht sich auf, alles freilich mit einem Lächeln. Entscheidend ist aber die Aussage beider: „Wir sind doch alle in Jugoslawien aufgewachsen und 90 Prozent denken bestimmt immer noch an das Gemeinsame.“
Und wer wird Weltmeister? Gegen ein Finale Serbien - Deutschland hätte beide nichts einzuwenden, aber dafür müsste Serbien nach der Auftaktniederlage gegen Ghana am Freitag zumindest ein Unentschieden gegen Deutschland schaffen. Aber alles Spekulieren helfe nichts: Letztlich komme Deutschland am weitesten, so ihr Tipp, nämlich ins Viertelfinale. Den Titel hole dann aber Brasilien, wobei Argentinien gestern auch schon gut gespielt habe beim 4:1 gegen Südkorea, wendet Mama Ljubica ein. In ihrem Gasthaus bieten sie zu allen WM-Spielen Public Viewing auf einer Leinwand in der Gaststube an. Bei wichtigen Partien auch am montäglichen Ruhetag.
Quelle: Serbisch-kroatischer Tanz auf dem Tresen: N-Land.de - das Nürnberger Land auf einen Blick
![Skoric_Mama_Ljubica_WM_Serbe.jpg](http://n-land.de/uploads/pics/Skoric_Mama_Ljubica_WM_Serbe.jpg)
GROSSBELLHOFEN (mz) — Ein WM-Spiel wie Deutschland gegen Serbien (Freitag, 13.30 Uhr) bekommt erst seine Würze, wenn man es zusammen mit gegnerischen Fans anschaut. Umso mehr, wenn ein Serbe die Partie mit seiner kroatischen Ehefrau verfolgt, die deshalb lieber zu Deutschland als zu Serbien hält. So ist es bei Mama Ljubica in Großbellhofen – deutsche, serbische, kroatische und alle anderen Gäste sind zur Live-Übertragung und zu freundschaftlichen Wortgefechten willkommen.
„Ich bin ein großer Stänkerer, wenn es um Fußball geht“, sagt Bozu Skoric, dabei blitzt ihm der Schalk aus den Augen. Der Serbe mag genau das an dem Spiel, die Emotionen, die Vernarrtheit der Fans in einen Klub oder in eine Nation. Die Regeln dagegen sind ihm nicht einmal so geläufig. „Ich habe keine Ahnung, wann es Elfmeter gibt und wann nicht“, sagt er schelmisch, aber für Serbien ist er natürlich schon. Trotzdem bleibt der Eindruck: Egal, was er über „seine“ oder eine andere Nationalmannschaft sagt, wirklich ernst ist es ihm damit nicht. Das hat vielleicht mit einem Erlebnis bei der EM 1976 zu tun, als Deutschland im Halbfinale gegen Jugoslawien spielte. Er sah es gemeinsam mit Freunden in der Kneipe.
Dort war er der einzige Jugoslawe gegen vielleicht 50 deutsche Fans. „Hey, Jugo“, bekam er zu hören, was so viel heißen sollte wie: „Was wollt ihr schon gegen uns ausrichten.“ Als Jugoslawien das 1:0 gegen den Fußballweltmeister schoss, „habe ich am Stammtisch mit dem Besen getanzt“, erinnert sich Skoric. Als die Blauen dann aber noch ein 2:0 verspielten, „war ich eine Woche krank“, erinnert er sich. Die Gäste des Großbellhofener Gasthauses „Mama Ljubica“ müssen jetzt nicht fürchten, dass sie vor verschlossener Tür stehen, wenn Serbien verliert. Skoric rechnet „realistisch betrachtet“, wie er sagt, mit einer Niederlage und Serbiens Ausscheiden. „Es ist ein kleines Land, wir haben wenige Einwohner, wir haben viele super Fußballer wie Dejan Stankovic und Marko Pantelic, aber keine Teamarbeit und keine so gute Kondition wie die Deutschen“, so seine Einschätzung.
Deshalb streift er sich zum Anpfiff ein brasilianisches Nationaltrikot über, die passende Mütze dazu und will behaupten, Brasilianer zu sein, die das Turnier seiner Meinung nach gewinnen werden. Wenn aber Serbien überraschend gewinnen sollte, dann werde er ganz schnell sein serbisches Nationaltrikot oder die Fahne holen und vielleicht einmal wieder auf dem Stammtisch tanzen. Seine Frau allerdings, Wirtin Mama Ljubica, wird das nicht ganz so gerne sehen. Sie ist seit 36 Jahren mit dem Serben aus dem bosnischen Banja Luka verheiratet. Genauso lang währt der Konkurrenzkampf der beiden, der seit der Auflösung Jugoslawiens regelmäßig bei den Welt- oder Europameisterschaften aufköchelt. Vorher waren sie zumindest einig in der Unterstützung ihrer einzigen Nationalelf.
Da Mama Ljubica Kroatin ist – sie stammt aus der Nähe von Cakovec – ist das nicht mehr ganz so einfach. Sie reagiert durchaus mit Spitzen auf Sätze ihres Mannes wie: „Wenn Deutschland gegen Kroatien spielt, dann bin ich schon für Deutschland.“ Sie kontert: „Er kämpft 36 Jahre gegen Kroatien, aber er hat noch nicht gewonnen.“ Das Ehepaar neckt sich und zieht sich auf, alles freilich mit einem Lächeln. Entscheidend ist aber die Aussage beider: „Wir sind doch alle in Jugoslawien aufgewachsen und 90 Prozent denken bestimmt immer noch an das Gemeinsame.“
Und wer wird Weltmeister? Gegen ein Finale Serbien - Deutschland hätte beide nichts einzuwenden, aber dafür müsste Serbien nach der Auftaktniederlage gegen Ghana am Freitag zumindest ein Unentschieden gegen Deutschland schaffen. Aber alles Spekulieren helfe nichts: Letztlich komme Deutschland am weitesten, so ihr Tipp, nämlich ins Viertelfinale. Den Titel hole dann aber Brasilien, wobei Argentinien gestern auch schon gut gespielt habe beim 4:1 gegen Südkorea, wendet Mama Ljubica ein. In ihrem Gasthaus bieten sie zu allen WM-Spielen Public Viewing auf einer Leinwand in der Gaststube an. Bei wichtigen Partien auch am montäglichen Ruhetag.
Quelle: Serbisch-kroatischer Tanz auf dem Tresen: N-Land.de - das Nürnberger Land auf einen Blick