Den Besuch von Bundespräsident Christian Wulff im Atatürk-Mausoleum in Ankara hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) als "irritierend" bezeichnet. "Wir begrüßen es sehr, dass der Bundespräsident öffentlich den Schutz der Christen in der Türkei angemahnt hat. Doch umso unverständlicher ist uns die Kranzniederlegung am Mausoleum von Kemal Atatürk, unter dessen Herrschaft hunderttausende Christen und Kurden getötet und mehrere Millionen vertrieben worden sind", kritisierte der Präsident der GfbV International, Tilman Zülch. "Angesichts dieser Massenmorde hätte Wulff die Grabstätte Atatürks nicht besuchen dürfen. Nicht einmal Russland oder Italien fordern, dass ausländische Staatsoberhäupter Lenin oder Mussolini ihre Reverenz erweisen." Außerdem bedauerte Zülch, dass Wulff in seiner Rede vor dem türkischen Parlament in Ankara mit keinem Wort auf den Schauprozess gegen 151 kurdische Politiker und Bürgerrechtler eingegangen ist, der am Montag im Südosten der Türkei begann. Mehr als 1600 Kurden, die sich größtenteils für Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung engagierten, wurden dort seit dem Frühjahr 2009 inhaftiert.