Viele hatten seine Rolle im Syrien-Krieg unterschätzt. Jetzt ist der türkische Präsident Erdogan einer der wichtigsten Playern in dem Konflikt geworden - und bedient dabei auch eigene Interessen.
Beim Syrien-Konflikt hatte lange keiner die Türkei auf der Rechnung. Russland, der Iran und die USA waren die Big Player. Die Türkei war nur das Land, das Flüchtlinge aufnimmt. So sah es von außen aus. Aber mit der Rolle wollte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht zufriedengeben.
Militärisch griff er das erste Mal in den Konflikt mit Bodentruppen im Sommer 2016 ein - mit der Offensive "Schutzschild Euphrat". Die richtete sich offiziell gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS), aber auch gegen die Kurdenmiliz YPG. Sie ist für die Türkei ein Ableger der verbotenen PKK. Es gehe darum, die Grenzen zu sichern, hieß es damals.
Es folgten weitere Offensiven immer mit dem selben Argument, immer in Nordsyrien.
Inzwischen kontrolliert die Türkei ein größeres Gebiet in der Region
Auch auf dem diplomatischen Parkett aktiv
Erdogan positionierte sich aber auch auf diplomatischer Ebene im Syrien-Krieg. Beim
Astana-Prozess zum Beispiel sitzt die Türkei mit Russland und dem Iran an einem Tisch. Außerdem hatte er zu einem Vierer-Gipfel nach Istanbul eingeladen. Da kamen, wenn auch erst im zweiten Anlauf, nicht nur sein russischer Amtskollege Wladimir Putin, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron.
Die Türkei und Russland arbeiten in letzter Zeit sehr eng zusammen, auch wenn es um Syrien geht, obwohl sie da nicht die gleichen Interessen verfolgen. Bei der Offensive auf Afrin Anfang des Jahres beispielsweise hat Putin Erdogan gewähren lassen, was viele Beobachter überrascht hat. Bei Idlib einigten sich die beiden auf eine Pufferzone. So konnte ein Angriff des syrischen Regimes verhindert werden, denn in dieser Region sitzen nicht nur viele Flüchtlinge aus anderen Regionen des Landes - es ist auch eine Rebellenhochburg.
Erdogan agiert geschickt und gewinnt an Einfluss.
https://www.tagesschau.de/kommentar/erdogan-syrien-103.html