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TÜRKEI in die EU ???

Soll die Türkei in die EU?


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J

jugo-jebe-dugo

Guest
Türkei in die EU. Ja oder nein?

Was meint ihr Leute.Also ich bin eher dagegen da Türkei zu 95% zu Asien gehört und EU nicht an der Grenze zum Irak enden darf.

P.S: Alle Berichte stammen von www.derstandard.at



Türkei



Die Türkei ist mit einer Fläche von über 810.000 Quadratkilometern fast zehn Mal so groß wie Österreich. Nur 23.000 Quadratkilometer, das ist nur wenig mehr als die Fläche Niederösterreichs und Wiens, liegen in Europa. Die größte Stadt des Landes, Istanbul, ist die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten - Europa und Asien - liegt.

Die zu fast 99 Prozent islamische Bevölkerung ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. Von den über 73 Millionen Einwohnern sind rund 75 Prozent Türken. Die größte Minderheit bilden die etwa zwölf Millionen Kurden, von denen die meisten im Südosten des Landes leben. Daneben leben noch kleine Gruppen von Arabern sowie Tscherkessen und Georgiern in der Türkei.

Atatürk

Die Türkei in ihrer heutigen Gestalt ist aus dem Friedensvertrag von Lausanne von 1923 hervorgegangen. Das im Ersten Weltkrieg zerschlagene Osmanische Reich wurde von den Alliierten aufgeteilt. In dem mehrheitlich türkisch besiedelten Kerngebiet gelang es Mustafa Kemal Pascha, den Widerstand gegen die Zerstückelung der Türkei zu organisieren und einen weltlichen Staat zu schaffen. Der letzte Sultan wurde 1922 von der Großen Nationalversammlung abgesetzt, am 29. Oktober 1923 die Republik ausgerufen, deren erster Präsident Mustafa Kemal, der spätere Atatürk, wurde. 1924 wurde auch das Kalifat abgeschafft.

Die neue Türkei war ein Einparteienstaat mit der von Atatürk gegründeten Republikanischen Volkspartei an der Spitze. Atatürk blieb bis zu seinem Tode 1938 Präsident. Das Mehrparteiensystem wurde erst 1946 eingeführt. Das Militär, das sich als Hüter des kemalistischen Systems betrachtete, stürzte drei Mal - 1960, 1971 und 1980 - eine demokratisch gewählte Regierung. Die seit November 2002 amtierende islamisch geprägte AKP-Regierung von Recep Tayyip Erdogan ist westlich orientiert und hat den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der EU als prioritäres Ziel ihrer Politik formuliert. (APA/AP)
 
10.10.2004



Seit fast 50 Jahren sucht Türkei Aufnahme in EU
Erster Beitrittsantrag 1959 - Assoziationsabkommen seit 1963 - EU-Kandidatenstatus seit 1999
Brüssel - Die Türkei sucht seit 45 Jahren die Annäherung an die heutige Europäische Union. Lange vor den heutigen Beitrittsländern aus Ost- und Südosteuropa stellte das Land schon einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Gemeinschaft. Die Beziehungen zu Europa waren dabei stets ein Wechselbad der Gefühle. Im Folgenden ein Überblick:
Juni 1959 - Kurz nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1958 bewirbt sich die Türkei um eine Mitgliedschaft. Als Antwort auf diese Bewerbung schlägt die EWG eine Assoziierung vor.
September 1963 - Die Türkei unterzeichnet ein Assoziationsabkommen mit der EWG. Es tritt am 1. Dezember 1964 in Kraft.
1980-1986: Nach dem Militärputsch in der Türkei im September 1980 wird das Assoziierungs-Abkommen "eingefroren".
April 1987 - Die Türkei beantragt offiziell auf Betreiben von Präsident Turgut Özal die Mitgliedschaft der EG.
Dezember 1989: Wegen politischer und wirtschaftlicher Bedenken lehnt die EG-Kommission einen Beitritt der Türkei ab.
Jänner 1996 - Zollunion zwischen der EU und der Türkei tritt in Kraft.
Dezember 1997: Der Europäische Rat von Luxemburg ebnet den Weg für die Erweiterung der Union. Die Türkei wird aber nur zu einer für März 1998 geplanten Europakonferenz eingeladen, an der auch die elf anderen Bewerber teilnehmen sollen, gilt selbst aber nicht als Beitrittskandidat. Darauf bricht Ankara den politischen Dialog mit der EU ab, vor allem verweigert es jedes weitere Gespräch über die Zukunft Zyperns.
Dezember 1999 - Der Europäische Rat von Helsinki beschließt, der Türkei den Status eines Beitrittskandidaten zu geben. Demnach können die Verhandlungen beginnen, wenn die politischen und wirtschaftlichen Kriterien erfüllt sind.
August 2002: Die Türkei schafft im Rahmen ihrer EU-Reformen die Todesstrafe ab.
November 2002: Die moderat islamische "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung" (AKP) von Recep Tayyip Erdogan erringt bei den Parlamentswahlen einen Erdrutschsieg und stellt mit komfortabler absoluter Mehrheit eine Alleinregierung.
Dezember 2002 - Der Europäische Rat von Kopenhagen beschließt, Ende 2004 auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung der Kommission eine Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Ankara treffen zu wollen.
Juli 2003: Als Krönung einer ganzen Reihe von Reformen für einen EU-Beitritt beschließt das türkische Parlament, den politischen Einfluss des Militärs einzudämmen.
November 2003 - Die EU-Kommission bezeichnet das Problem der geteilten Insel Zypern als "ernsthaftes Hindernis" für die EU-Ambitionen der Türkei. Die Insel tritt dennoch am 1. Mai geteilt der EU bei, allerdings bleibt die Schuld dafür an der griechisch-zypriotischen Bevölkerung hängen, die einen mit der türkischen Regierung ausgehandelten Plan zur Wiedervereinigung in einem Referendum ablehnt.
September 2004 - Die Türkei schafft vorerst keine umfassende Strafgesetzreform, Streitpunkt war die Bestrafung von Ehebruch. Die EU-Kommission macht die Reform aber ausdrücklich zur Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.
6. Oktober 2004 - Die EU-Kommission empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, allerdings mit Schutzklauseln.
17. Dezember 2004 - Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Staaten sollen über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen offiziell entscheiden. (APA)
 
15.12.2004



Kompliziertes Verfahren bei Beitrittsgesprächen mit der Türkei
Dem Land am Bosporus steht im Ernstfall eine gigantische Neuordnung bevor
Brüssel - Wenn die Staats- und Regierungschefs der EU am 17. Dezember die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beschließen, beginnt ein kompliziertes Verfahren. Vor einem Beitritt muss jedes Kandidatenland das gesamte gemeinsame Recht der EU übernehmen - vom Kartellrecht für Großkonzerne bis zu Hygienevorschriften für Schlachthöfe. Damit steht der Türkei eine gigantische Neuordnung bevor, ob in der Wirtschaft, der Landwirtschaft oder in der Verwaltung.

Die Verhandlungen mit den zehn jüngsten EU-Staaten umfassten 31 so genannte Kapitel - Einzelposten wie "Freier Kapitalverkehr", "Sozialpolitik", "Statistik", "Unternehmensrecht" und viele mehr. Wird die Übernahme des EU-Rechts in einem der Kapitel als vollendet betrachtet, so wird es "vorläufig" geschlossen - vorläufig, weil Diplomaten sagen: "Alles gilt erst dann als vereinbart, wenn alles vereinbart ist."

Es ist allerdings möglich, in einigen Bereichen auch nach der Aufnahme in die EU noch lange Zeit mit Übergangsregelungen zu arbeiten. Umgekehrt müssen auch die finanziellen Zuwendungen nicht vom ersten Tage an in voller Höhe wirksam werden. Schon während der Verhandlungen gibt es aber so genannte Vorbeitrittshilfen aus Brüssel.

Die EU-Kommission in Brüssel führt über den Fortschritt der Verhandlungen genau Buch. Sie erstattet dem Rat - also den Regierungen - jährlich Bericht über den Stand der Dinge. Am Ende muss sie es beurteilen, ob der Kandidat die Reifeprüfung bestanden hat. Über die Aufnahme aber entscheiden dann die Regierungschefs im Europäischen Rat und schließlich müssen alle nationalen Parlamente und das Europaparlament zustimmen. (APA/dpa)
 
15.12.2004



Lipponen versprach 1999 Türkei schriftlich: Keine Sonderbedingungen
Zusage des damaligen EU-Ratspräsidenten beim Helsinki-Gipfel an türkischen Premier Ecevit
Helsinki - Der damalige finnische Regierungschef Paavo Lipponen sandte während des EU-Dezembergipfels 1999 in Helsinki ein Schreiben an den türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit, in dem er als EU-Ratspräsident der Türkei schriftlich den Status als Beitrittswerber ohne Sonderbedingungen zusicherte. Lipponen bestätigte der APA gegenüber die Existenz des in Finnland unter Verschluss gehaltenen Schreibens, das vor einigen Wochen von der finnischen Tageszeitung "Helsingin Sanomat" erstmals veröffentlicht wurde.

Lipponen sagte gegenüber der APA, die EU könne den damals getroffenen Beschluss nicht zurücknehmen, andernfalls würde dies bei einer großen Nation wie der Türkei "negative Konsequenzen" nach sich ziehen: "Es ist nicht möglich, nach Helsinki 1999 unsere Haltung zu ändern. Wir haben es versprochen. Ich habe während des Gipfels aus Helsinki einen Brief an Bülent Ecevit geschickt, dass wir keine Sonderbedingungen von der Türkei verlangen, sondern die selben Bedingungen, Kriterien."

Der mittlerweile 80-jährige, pensionierte Ecevit setzte sich nach der Nachricht Lipponens über den Beschluss der EU-Staats- und Regierungschef, der Türkei Beitrittswerberstatus zu gewähren, mit seinem Außenminister Ismail Cem kurzfristig ins Flugzeug nach Finnland. Am 11. Dezember 1999 wurde in Helsinki das Abkommen über den Kandidatenstatus der Türkei mit der EU unterzeichnet.

Wortlaut

Die APA bringt im Folgenden eine Übersetzung jenes Schreibens vom 10. Dezember 1999. Der ursprünglich auf Englisch verfasste Brief ist nicht öffentlich zugänglich. Der folgende Text beruht daher auf einer türkischen Fassung, die in finnischer Übersetzung von "Helsingin Sanomat" Mitte Oktober veröffentlicht wurde.

"Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Die Europäische Union hat heute ein neues Kapitel in ihren Beziehungen mit der Türkei begonnen. Es ist mir eine Freude, Ihnen unseren Beschluss mitteilen zu können, wonach wir der Türkei den Status eines Beitrittswerbers zu den selben Konditionen anbieten, die auch für die anderen Bewerberländer festgelegt wurden.

Als im EU-Rat der Textvorschlag (der Zusammenfassung des Gipfels) diskutiert wurde, hielt ich fest, dass zum 12. Punkt der Kopenhagener Kriterien keine Ergänzungen gemacht wurden und unter Hinweis auf die Punkte 4 und 9a, dass es sich nicht um Kriterien für die Vollmitgliedschaft handelt, sondern dass diese dem politischen Dialog unterliegen. Dagegen wurden keine Einwände erhoben.

Bei der in Punkt 4 genannten Jahreszahl 2004 handelt es sich nicht um ein Datum, nach dessen Verfall Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag erhoben werden kann. Der EU-Rat nimmt sich lediglich vor, dann jene Fragen aufs Neue einer Prüfung zu unterziehen, die bis dahin nicht entschieden sind.

Die EU betrachtet es auch in Zukunft als ihr Ziel, eine politische Lösung für das Problem Zypern zu erreichen. Der EU-Rat wird alle Unterzeichner berücksichtigen, wenn er über die Aufnahme Zyperns (in die Union) entscheidet. Unter diesen Umständen, im Lichte dieser Angelegenheiten laden wird Sie ein, morgen in Helsinki gemeinsam mit den übrigen Beitrittskandidaten ein Arbeitsessen zu genießen." (APA)
 
15.12.2004



Auswirkungen eines EU-Beitritts der Türkei
Angesichts der Größe des Landes mit keiner vorhergehenden Erweiterungsrunde vergleichbar
Brüssel - Die EU-Kommission hat sich in ihrer Empfehlung vom 6. Oktober für Verhandlungen mit der Türkei auch mit den politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen befasst, die ein Beitritts des Landes zur Europäischen Union hätte. Die Kommission kommt grundsätzlich zu diesen Schlüssen:

- Ein Beitritt ist angesichts der Größe des Landes mit keiner vorhergehenden Erweiterungsrunde vergleichbar. - Am Ende erfolgreicher Verhandlungen steht das Modell eines islamisch geprägten Landes mit rechtsstaatlichen und demokratischen Werten.

Für wichtige Felder gemeinsamer EU-Politik ergeben sich diese Ergebnisse:

Geo-strategische Dimension

- Die Türkei ist für die EU strategisch wichtig, da sie an potenzielle Konfliktzonen im Nahen Osten, dem Kaukasus, in Zentralasien und im Mittelmeerraum grenzt. Sie kann dort eine stabilisierende Rolle spielen.

Wirtschaftliche Dimension

- Die wirtschaftlichen Vorteile sind für die EU positiv, aber gering. Das Wachstum des Türkei dürfte hingegen einen starken Schub erhalten. - Die Lage des Landes nahe der weltweit energiereichsten Region kann die Versorgung der EU mit Öl und Gas verbessern.

Freizügigkeit

- Der Zugzug von möglicherweise Millionen türkischer Arbeitnehmer kann die Arbeitsmärkte in der EU überfordern. Aber angesichts der alternden Bevölkerung in der EU können diese den zu erwartenden Mangel an jungen Beschäftigten ausgleichen. - Lange Übergangszeiten und Schutzklauseln - bis hin zu einer Aussetzung des freien Personenverkehrs - können den Zustrom bremsen.

Landwirtschaft

- Die Landwirtschaft ist dort der zentrale ökonomische Faktor. - Auch wenn die Empfehlung keine Zahlen nennt, gehen Kommissionsexperten von milliardenschweren Zahlungen für die wenig wettbewerbsfähige Agrarwirtschaft aus.

Regionalpolitik

- Die milliardenschwere Regionalförderung, die das Wohlstandsgefälle in der EU ausgleichen soll, läuft Gefahr, aus dem Ruder zu laufen. Die gesamte Türkei bekäme die Höchstförderung. (APA/dpa)
 
Türkei-Gipfel mit offenem Ergebnis
Entscheidung über Verhandlungsbeginn bis zuletzt spannend - Für Österreich Text ohne Hinweis auf Ausnahmen nicht akzeptabel
Brüssel - Bis zum letzten Augenblick bleibt der Poker um die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei spannend. Das EU-Parlament sprach sich am Mittwoch in einer nicht bindenden Resolution mit großer Mehrheit für die Verhandlungen, ausschließlich mit dem Ziel des Vollbeitrittes aus. Zwischen den Mitgliedsländern bleiben die Positionen geteilt. Am Freitag werden die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel eine endgültige Entscheidung treffen müssen.


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bezahlte EinschaltungDie wirkliche Entscheidung fällt aber wohl am Donnerstag Abend beim Abendessen der Chefs. Es soll laut Plan von 19:00 bis 22:30 dauern, ein pünktliches Ende wäre aber eine Überraschung. Vor allem Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien wehren sich gegen eine "Relativierung" der Beitrittsverhandlungen, wie aus dem Protokoll der jüngsten Sitzung der EU-Botschafter in Brüssel hervorgeht. Österreich, Frankreich und Griechenland wollen schon vor Beginn der Verhandlungen klar stellen, dass diese grundsätzlich anders laufen werden als die zeitgleichen Gespräche mit Kroatien.

Dabei wurde auf Ebene der Botschafter und der Außenminister noch nicht ernsthaft über zwei zentrale Punkte gesprochen: das Datum für den Verhandlungsbeginn und die Erwähnung einer Alternative zu einem Vollbeitritt. Schon so gibt es genug Differenzen: Deutschland habe den direkten Hinweis auf Folterungen in der Türkei streichen wollen, heißt es in dem von einer türkischen Agentur im Internet veröffentlichten Protokoll des Botschaftertreffens, was Österreich, Frankreich und Griechenland abgelehnt hätten. Während sich Belgien, Großbritannien, Italien und Schweden gegen die Ankündigung dauerhafter Ausnahmen für die Türkei wendeten, habe Österreich darauf verwiesen, dass es keinen Text akzeptieren könne, der nicht auf Ausnahmen verweist.

Heftig gerungen wird auch noch über die Passage zur Anerkennung der Republik Zypern. Die Türkei, einziger Staat weltweit, der das von der Türkei 1974 besetzte Nordzypern als eigenständigen Staat anerkennt, anerkennt dafür nicht die der EU beigetreten Republik Zypern. Zypern wird aber in den Beitrittsverhandlungen einer der Gesprächspartner der Türkei sein. Während zunächst nur eine indirekte Anerkennung durch die Türkei verlangt worden war, sieht der jüngste Textentwurf die ausdrückliche Anerkennung Zyperns vor. Der Türkische Premier Recep Tayyip Erdogan hatte das zuletzt als "neue Bedingungen für einen Verhandlungsbeginn" abgelehnt.

Da die Türkei zuletzt einige Einwände gegen die vorliegenden Textentwürfe geäußert hat, dürfte auch die Akzeptanz eines Kompromisses beim Partner in Ankara eine Rolle spielen, heißt es in diplomatischen Kreisen. Man wolle keinen Text vereinbaren, der dann dennoch zum Bruch mit der Türkei führen könnte.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) wird nicht nur beim Treffen mit den anderen Regierungschefs hart um die österreichische Position kämpfen müssen. Er ist schon am Donnerstag Nachmittag gefordert, da er die Haltung der Europäischen Volkspartei bei ihrem Treffen in einem Vorort von Brüssel zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen koordiniert. (APA)
 
18.12.2004



Schüssel kündigt Volksabstimmung an
Bundeskanzler für EU-weites Referendum zum Beitritt der Türkei - "Das Volk muss das Sagen haben, nicht nur das Parlament"

Kanzler Schüssel will das Volk befragen. Jedoch nicht zum Thema EU-Verfassung, sondern zum möglichen Beitritt der Türkei zur EU.
Brüssel - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hat angekündigt, dass die österreichischen Bürger über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei in einer Volksabstimmung entscheiden werden.

"Es ist wichtig, dass am Ende dieses Prozesses das österreichische Volk das Sagen haben wird, nicht nur das Parlament", sagte Schüssel Freitag Nachmittag zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel.

"Öffentliche Meinung wichtig"

Seine Entscheidung für eine Volksabstimmung begründete er mit den Worten: "Wir sind Demokraten und es kann uns nicht gleichgültig sein, wie die öffentliche Meinung in unseren Ländern aussieht". Der Kanzler erwartet sich, dass mit dieser Ankündigung "sehr viel Emotion aus der Diskussion genommen wird", da nun jeder wisse, dass am Ende der Beitrittsverhandlungen und vor einer Vollmitgliedschaft der Türkei der Souverän entscheide.

Schüssel verteidigte seine Zustimmung zum Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und bekräftigte erneut, dass es sich dabei um einen offenen Prozess handle.

Schüssel für gesamteuropäisches Türkei-Referendum

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) schlägt ein gesamteuropäisches Referendum über einen allfälligen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union vor. Eine Volksabstimmung in allen Staaten der Union nach einem Abschluss der türkischen Beitrittsverhandlungen wäre "absolut sinnvoll", sagte Schüssel Freitag Abend in einem Interview mit der "Zeit im Bild 2". Er habe sich auf dem EU-Gipfel "sehr allein" gefühlt. "Aber ich sage das, was wir uns in Österreich denken."

Auf die Frage, warum er die Ankündigung, das Verhandlungsergebnis der türkischen Beitrittsverhandlungen in Österreich einer Volksabstimmung zu unterziehen, erst heute gemacht habe, sagte Schüssel: "Eine Volksabstimmung ist erst heute sinnvoll. Vorher war ja nicht sicher, dass die EU mit der Türkei verhandelt."

Einen Vergleich der türkischen Beitrittsambitionen mit der letzten EU-Erweiterungsrunde lässt Schüssel nicht gelten. Dieser Vergleich sei "lächerlich", weil die Nachbarn Österreichs "immer Teil Europas" gewesen seien, sagte der Kanzler. Bei der Türkei gehe es hingegen auch um die grundsätzliche Frage der Zugehörigkeit zu Europa.

Schüssel merkte an, dass er im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs der einzige gewesen sei, der die türkischen Defizite im Menschenrechtsbereich offen angesprochen habe. Die Türkei erhalte von der EU eine Beitrittsperspektive, "ob sie das schafft, muss erst geprüft werden", formulierte Schüssel, der auch die Position der Europäischen Volkspartei (EVP) in der Türkei-Frage koordiniert hatte. Auch die Aufnahmefähigkeit der Union selbst werde ein "wichtiges Kriterium" sein. (APA/Red)
 
19.12.2004



Autorin Frischmuth: Österreichs Haltung "befremdlich und unnötig"
Türkei-Kennerin: Österreich spielt "kontraproduktive Rolle" - "Es würde nicht schaden, visionäre Energie zu entwickeln"

Wien - "In Verhandlungen kann man vieles lösen, auch die Zypern-Frage." Optimistisch äußert sich die österreichische Schriftstellerin und Türkei-Kennerin Barbara Frischmuth ("Die Schrift des Freundes" u.v.a.) über den EU-Beschluss, mit der Türkei Verhandlungen über einen Beitritt aufzunehmen. "Ich war immer dafür und bin auch jetzt dafür. Aber kein Mensch hat gesagt, dass es leicht geht."

"Integration ist heute das Hauptthema"

"Ich kann nur immer wieder betonen, dass ein EU-Beitritt der Türkei viele gute Seiten hätte. Er beweist auch, dass die islamische Kultur mit dem Westen kompatibel ist. Die Zeiten, in denen man glauben konnte, Europa 'rein' erhalten zu können, sind längst vorbei. Integration ist heute das Hauptthema", so Frischmuth. "Ich denke, es wäre eine ganz große Sache. Wenn das gelingen würde, würde die größte und schärfste Front, die es heute gibt, jene mit dem Islam, aufgelockert werden."

"Es würde nicht schaden, visionäre Energie zu entwickeln"

Heute stünden Ängste im Vordergrund, "aber nur mit Angst wäre Europa nie zu dem geworden, was es ist. Europa braucht Herausforderungen. Es würde nicht schaden, visionäre Energie zu entwickeln. Und vor allem muss sehr viel Information ausgetauscht werden. Da ist auch die Presse gefordert." Dass Österreich sich beim vergangenen EU-Gipfel von allen Staaten der Union am skeptischsten in der Türkei-Frage verhalten hat, findet die 63-jährige Autorin, die Türkisch, Ungarisch und Orientalistik studiert hat, "befremdlich und unnötig": "Mehr noch als über die Aussagen von Bundeskanzler (Wolfgang) Schüssel (V) habe ich mich über jene von SP-Klubobmann (Josef) Cap geärgert. Österreich spielt da eine Rolle, die eher kontraproduktiv ist."

"Ergebnis ist für Türkei ein großer Ansporn"

"Ich glaube, dass das Ergebnis für die Türkei ein großer Ansporn ist. Auch die Türkei hat jetzt eine Aufgabe - sich so zu präsentieren, dass sie Ängste nicht schürt, sondern mildert. Auf der anderen Seite ist klar: Laissez faire bringt gar nichts. Die Türkei muss das Gefühl haben, dass sie beobachtet wird." Aber auch die Österreicher müssten lernen, zu differenzieren: "Wenn manches mit türkischen Gastarbeitern nicht klappt, kann man nicht gleich unterstellen: Die ganze Türkei ist schuld. Das sind oft ganz einfache, arme Leute aus Anatolien gewesen, die zu uns gekommen sind. Manche von ihnen ziehen sich jetzt auf eine Kultur zurück, die nicht repräsentativ für das ganze Land ist." (APA
 
18.12.2004



"Ehrenwort" Erdogans löst das Zypern-Problem
Schriftliche De-facto-Anerkennung folgt
Das Gelingen oder Scheitern des Brüsseler EU-Gipfels zur Türkei hing am Freitag bis zuletzt vom Knackpunkt Zypern ab: Mit ihrer Forderung, Ankara müsse vor Beginn von Beitrittsverhandlungen de facto die Republik Zypern anerkennen, verlangte die EU von Ankara den Bruch eines außenpolitischen Tabus. Die Türkei sieht sich als Schutzmacht der "Türkischen Republik Nordzypern", eines international nicht anerkannten Staatsgebildes. Der griechische Inselteil ist seit 1. Mai EU-Mitglied.

Ausgeweitete Zollunion

Verlangt wurde von Ankara eine indirekte Anerkennung: die Ratifizierung der Ausweitung der Zollunion auf Zypern und neun weitere neue EU-Staaten vor dem Beginn der Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005. Dies wäre die indirekte Anerkennung Zyperns als einheitlicher Staat.

Der EU-Ratsvorsitzende Jan Peter Balkenende verlangte ultimativ eine Unterzeichnung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan noch auf dem Gipfel. In der Nacht zum Freitag erklärte Erdogan, er sei aus innenpolitischen Gründen nicht zu einer Unterschrift bereit. Im Laufe des Freitags wurde schließlich eine für alle Seiten gesichtswahrende Formel gefunden: Erdogan gab sein "Ehrenwort", dass er zur Unterzeichnung des Abkommens zur Zollunion bis zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 bereit sei. Die Zyprioten legten zuerst Protest ein, weil sie dies nicht für ausreichend hielten. Dann gaben sie klein bei.

So kam folgende komplizierte Formulierung heraus: Der EU-Gipfel begrüße, "dass die türkische Regierung ihre Bereitschaft bestätigt hat, das Abkommen zur Zollunion bis zur Eröffnung der Beitrittsverhandlungen zu unterzeichnen". In einem Protokoll wird diese von Erdogan in Aussicht gestellte mündliche Erklärung schriftlich festgehalten.

Erdogan hat im Zypern-Konflikt bereits Zugeständnisse wie vor ihm noch keine türkische Regierung gemacht. Erdogan unterstützte das von der UNO vermittelte Referendum am 24. April über eine Vereinigung der beiden Inselhälften. Die türkischen Zyprioten stimmten mit großer Mehrheit zu, doch scheiterte das Referendum an der Ablehnung der griechischen Zyprioten. UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte in Brüssel, er sei für eine neue Vermittlungsaktion bereit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18/19.11.2004)
 
19.12.2004



Bot: Referenden zum Türkei-Beitritt "nicht sehr gerecht"
Kritik an Ankündigungen aus Österreich und Frankreich
Den Haag - Der niederländische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Ben Bot hat die in Frankreich und Österreich angekündigten Referenden über einen EU-Beitritt der Türkei als "nicht sehr gerecht" kritisiert. Das sei so, als stelle jemand während des Fußballspiels die Torpfosten um. "Wir haben den Türken niemals, weder 1999 noch 2002, gesagt, dass nach dem Prozess ein Referendum kommt", sagte Bot am Sonntag im niederländischen Fernsehen. "Ich finde, wir sollten fair sein." Ein Beitritt der Türkei hänge davon ab, ob das Land die Auflagen der EU umsetze.

Bot, ehemaliger Botschafter seines Landes in der Türkei, bezeichnete einen EU-Beitritt der Türkei als "Bereicherung". Es gebe allerdings die "große Möglichkeit", dass die Türkei schließlich doch kein Mitglied der EU werde - "und das ist keine angenehme Idee für mich".

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) hatte beim EU-Gipfel eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union angekündigt. "Es ist wichtig, dass am Ende dieses Prozesses das österreichische Volk das Sagen haben wird, nicht nur das Parlament", hatte Schüssel am Freitag zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel gesagt. (APA)
 
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