Schröder will Große Koalition führen
SPD-Kandidat erhebt weiter Anspruch auf Kanzleramt - Grüne und FDP gegen Ampel - SPD schließt Rot-Rot-Grün weiter aus
Parteichef Müntefering sieht im Ergebnis für die SPD als weiteren Regierungsauftrag für Gerhard Schröder.
Freude bei AnhängerInnen der SPD.
Gerhard Schröder zeigt sich seinen AnhängerInnen.
Berlin - Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder denkt an eine große Koalition unter seiner Führung. Das machte er am Sonntagabend in einer Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten deutlich.
Schröder beanspruchte die Regierungsbildung für die SPD. Er werde Kanzler bleiben. "Die Deutschen haben doch in der Kandidatenfrage eindeutig votiert." Er schloss aus, dass Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel eine Koalition mit der SPD erreiche. "Ich führe Gespräche, und die werden erfolgreich sein." Die Union erhebe einen "Macht-Anspruch", den sie nicht umsetzen könne. "Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel in dieser Sachlage eingeht, in dem sie sagt, sie möchte Kanzlerin werden?", meinte Schröder.
Dank an Familie und Partei
Schröder ist seiner Familie und seiner Partei "unendlich dankbar" für die Unterstützung im Wahlkampf. Der Kanzler sagte am Wahlabend auf der SPD-internen Feier in Berlin, sein Erfolg habe "natürlich zu tun mit der Unterstützung von Doris, von meiner wunderbaren Familie". Dass die SPD-Freunde ihm erklärt hätten, "wir glauben an Dich - das hat mir Kraft gegeben".
"Vielleicht etwas zu krawallig"
Der Kanzler erklärte unter dem Gelächter der Gäste, seine Frau haben seinen Auftritt in der so genannten Elefantenrunde im ZDF als "vielleicht ein bisschen zu krawallig" bezeichnet. Schröder versprach den Genossen, er werde seinen Politikkurs für mehr Offenheit und Toleranz fortsetzen. Den Sozialdemokraten sei gemeinsam, "dass wir eine Gesellschaft wollen, in der niemand allein gelassen wird, wenn es ihm dreckig geht". Den SPD-Mitgliedern bescheinigte Kanzler: "Mit solchen Leuten immer neu zu kämpfen, das ist ganz toll."
Erneut betonte der Kanzler, er habe seinen Wahlkampf gegen die "vermachteten Medien" geführt, die ihm kritisch gesonnen seien. "Ich habe Verständnis, dass es bei Euch Ängste gibt", sagte Schröder an die Journalisten gerichtet. "Aber bitte versteht, dass es bei mir manchmal Wut und Enttäuschung gibt."
Keine Verhandlungen
Er werde mögliche Koalitionsverhandlungen nicht führen, weil er zwar seit 43 Jahren SPD-Mitglied sei, derzeit aber keine Funktion in der Partei habe, sagte Schröder. Den SPD-Verhandlungsführern riet er: "Beugt Euch nicht dem Machtanspruch der anderen Seite."
Auch er sei sich nicht immer siegesgewiss gewesen, räumte Schröder ein. Aber die SPD habe gekämpft. Der Kanzler dankte für die Unterstützung und sagte: "Ich kann das kaum zurückgeben - aber ich werde mich bemühen."
Westerwelle gegen Ampel
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle schloss eine rechnerisch mögliche Koalition mit SPD und Grünen definitiv aus. Diese Festlegung habe das FDP-Präsidium am Sonntagabend noch einmal einstimmig bestätigt. An die Adresse Schröders sagte er: "Träumen Sie weiter."
Die FDP sei mit dem Ziel einer Ablösung von Rot-Grün angetreten: "Wir werden dieses Elend nicht verlängern." Die Freidemokraten würden jetzt nicht einen Beitrag dazu leisten, dass SPD und Grüne doch noch im Amt blieben. Gegebenenfalls gingen sie in die Opposition.
Union bekräftigt Führungsanspruch
Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber bekräftigten, die Union als stärkste Partei sei berufen, eine stabile Regierung zu erreichen. Merkel sagte, sie werde einen Weg finden, auch mit der SPD zu reden. Ihr Ziel sei es, dass eine Mehrheit zu Stande komme. Stoiber sagte, eine Koalition von Union und FDP mit den Grünen könne er sich "nur sehr, sehr schwer als eine Notsituation vorstellen".
Grüne gegen Ampel
Der grünen Spitzenkandidat Joschka Fischer lehnte eine Koalition mit Merkel und Stoiber ab. Gespräche könnten zwar geführt werden. Der Realismus gebiete es jedoch, sich eine solche Koalition nicht vorzustellen. Das Ergebnis der Wahl müsse aber ernst genommen werden. "Damit werden wir verantwortlich umgehen müssen", sagte Fischer.
Linke wollen harte Opposition sein
Der Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, kündigte eine "harte Opposition" gegen die Sozialreformen an. Seine Partei werde Alternativen in die Debatte einbringen. Sie könne so nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Westdeutschland zulegen. "Damit gibt es eine Chance für eine Partei links von der SPD."
Müntefering gegen Rot-Rot-Grün
Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, erwartet eine Fortsetzung der Amtszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder. "Das Land wird Gerhard Schröder als Kanzler haben", sagte er am Sonntagabend vor jubelnden Anhängern.
Müntefering hat außerdem eine Koalition mit der Linkspartei oder eine Duldung durch sie aus. Ähnlich äußerte sich der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck: "Mit der Linkspartei, mit der PDS wird es nichts geben. Keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit", sagte der SPD-Politiker am Sonntag im ZDF.
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