Präsidentenwahl war verfassungswidrig
Pristina - Die kosovarische Präsidentenwahl im vergangenen Monat war verfassungswidrig. Das Verfassungsgericht in Pristina gab am heutigen Montagnachmittag einer Beschwerde der Opposition gegen die Wahl von Behgjet Pacolli zum Staatspräsidenten Recht. Zwei Oppositionsparteien hatten kritisiert, dass in den ersten beiden Wahlgängen das Anwesenheitsquorum von 80 der 120 Abgeordneten nicht erreicht worden sei. Die Opposition hatte die Wahl durch einen Boykott zu verhindern versucht.
"Pacolli wurde in einem verfassungswidrigen Verfahren gewählt", urteilte das Verfassungsgericht. Die Wahl des Präsidenten sei nicht im Einklang mit demokratischen Prinzipien erfolgt. Es war aber zunächst unklar, ob Pacolli durch den Richterspruch sein Amt verloren hat und die Wahl wiederholt werden muss.
Die Verfassung sieht für den Fall eines Scheiterns der Präsidentenwahl sogar vorgezogene Parlamentswahlen vor.
Krise
Das kosovarische Verfassungsgericht hatte schon im Vorjahr eine monatelange Regierungskrise ausgelöst, als es die Parteifunktion des damaligen Präsidenten Fatmir Sejdiu als unvereinbar mit dem Grundgesetz qualifizierte. Der Politiker der Demokratischen Liga (LDK) trat nach dem Richterspruch aus freien Stücken zurück, daraufhin zerbrach die Regierungskoalition, was zu vorgezogenen Parlamentswahlen im Dezember führte.
Die Beschwerde war Sejdius LDK und der zweiten großen Oppositionspartei AAK (Allianz für die Zukunft des Kosovo) eingebracht worden. Sie hatten bei der Präsidentenwahl am 22. Februar die beiden ersten Urnengänge boykottiert, weswegen nur 67 Mandatare anwesend waren. Erst bei der dritten Abstimmung wurde das Anwesenheitsquorum erreicht. Pacolli wurde mit knapper Mehrheit gewählt. 61 Stimmen wären erforderlich gewesen, er erhielt 62 Stimmen.
Eine Demission Pacollis könnte auch zum Sturz der kosovarischen Regierung von Ministerspräsident Hashim Thaci führen. Der 59-jährige Geschäftsmann hatte nämlich seine Wahl zum Staatspräsidenten zur Bedingung für den Eintritt seiner "Allianz neuer Kosovo" (AKR) in die Regierungskoalition gemacht. Ohne die AKR hat Thaci keine Mehrheit für seine Regierung im Parlament.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichts wurde bei der Wahl Pacollis Artikel 86 der kosovarischen Verfassung verletzt. Dieser sieht vor, dass der Präsident mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit (80 der 120 Abgeordnetenstimmen) gewählt wird. Sollte diese Mehrheit in zwei Wahlgängen verfehlt werden, findet eine Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten statt, in der eine absolute Stimmenmehrheit (61 der 120 Abgeordnetenstimmen) reicht. Scheitert auch dieser Urnengang, wird das Parlament aufgelöst und es gibt Neuwahlen in 45 Tagen. Die Opposition bemängelt in diesem Zusammenhang, dass Pacolli im dritten Wahlgang der einzige Kandidat war, was ebenfalls verfassungswidrig gewesen sei. (APA/Reuters)
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