K
Kejo
Guest
Basis unserer Diskussion ist dieser SPIEGEL-Artikel:
Was war 2001 in der Türkei geschehen? Korruption, Vetternwirtschaft, politische und öknomische Führungslosigkeit und Instabilität prägten das Bild der Türkei in diesen Jahren unter der Ecevit-Regierung.
Hauptauslöser war unter anderem eine Staatskrise, die am 19.02.2001 ihren Höhepunkt erreichte. Während einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (damals defacto das mächtigste Organ der Türkei) bewarf der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer den damaligen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit mit der türkischen Verfassung -- und dies inmitten der schlimmsten Wirtschaftskrise. Als das an die Öffentlichkeit gelangte und bei den Märkten das Bild entstand, dass die Regierung der Lage nicht Herr werden könne, brach die nationale Wirtschaft in sich zusammen. Und die Türkei raste über Nacht in den Abgrund.
Die Kapitalflucht setzte ein, Milliarden von Dollar flossen in wenigen Tagen aus der Türkei heraus, die Investoren verloren das Vertrauen, die TL musste freigegeben werden und verlor in wenigen Stunden gegenüber dem Dollar massiv an Wert, je nach Quelle etwa 40% in wenigen Stunden. Die Folge war, dass die Ausslandsschulen der Türkei ins Unermessliche stiegen, weil sie in Dollar aufgenommen waren. Unternehmen und Betriebe versanken ebenfalls im Schuldensumpf. Hunderte Fabriken schlossen ihre Tore, über 50.000 Unternehmen wurden dicht gemacht, in den Monaten März - April verloren eine halbe Millionen Menschen ihre Arbeit, der Staat musste für die Einlagen der Bürger Sicherheiten abgeben, über 20 Banken gingen Konkurs, die Wirtschaftsleistung der Türkei schrumpfte so stark wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte, die Zentralbank verschleuderte 20 % ihrer Devisenbestände, um die Lira vor Spekulationen zu schützen, die türkische Börse in Istanbul implodierte, die Inflation galoppierte, die Stabilisierungsprogramme der IWF waren hinfällig. Ein Aufnahmestopp in den Beamtendienst wurde verhängt, die Beamtenlöhne gekürzt und eingefroren, der Lebensstandard sank rapide, die Reallöhne sollen auch um 40 % gesunken sein. Ganze Wirtschaftszweige kamen zum Stillstand, Medikamente in den Krankenhäusern wurden rationiert, weil die Pharmaunternehmen aufgrund der Unsicherheiten der Türkei misstrauten, die öffentlichen Ausgaben wurden um 25% reduziert, die Staatseinnahmen in Form von Steuererhöhungen versucht zu verbessern, die Agrarsubventionen wurden gestrichen, alle staatlichen Landwirtschaftsbetriebe verkauft und großte Teile des Staatseigentums privatisiert.
Die Menschen rannten zu den Banken und versuchten ihr bisschen Restgeld, was ihnen noch blieb, in Dollar und DM umzutauschen, weil die Inflation ihre Ersparnisse auffraß.
Wirtschaft der Türkei
Das war in groben Zügen die türkische Finanzkrise 2001. Na, kommt sie euch bekannt vor? Tauscht man Türkei mit Griechenland aus, könnte man meinen, hier schreibt jemand über den Ist-Zustand Hellas'.
2001 kam dann der international angesehene Öknomon Kemal Derviş von der Weltbank in die Türkei und setzte ein ehrgeiziges Reformprogramm durch, dass der AKP, die dann die Ecevit-Regierung beerbte, welche von der Krise hinweggefegt wurde, eine solide Basis gab. In diesem Jahr war das BIP der Türkei nur um ca. 60 Mrd. USD größer als das griechische, was extrem wenig ist in diesem Fall. Ja, in diesen Jahren war Griechenland der Türkei in jeder erdenklichen Kategorie überlegen.
Seit 2002 und dem Antritt der AKP ist das allerdings vorbei.
Im Jahr 2010 betrug diese Differenz 430 Mrd. USD. Innerhalb von 9 Jahren ist sie damit um das 7,16 fache angestiegen. Die Türkei ist vitaler, stabiler, dynamischer als Griechenland, weil sie den Mut besaß, von vorne mit radikalen Reformen zu beginnen. Aus diesem Entwicklungsland 2001 ist einer der 20 größten Volkswirtschaften der Welt hervorgegangen.
Griechenland sollte sich ein Vorbild daran nehmen, aus der Eurozone aussteigen, die Drachme einführen und dann den türkischen Weg gehen.
Der Professor aus dem SPIEGEL-Artikel sagt allerdings:
"Sag den Griechen bloß nicht, sie sollen von den Türken lernen, dann kann man es gleich lassen."
Und dieser WELT-Artikel hier:Reformen "wie aus dem Lehrbuch"
Die Krise 2001 war der entscheidende Wendepunkt für die Türkei. Der damalige Finanzminister Kemal Dervis, zuvor bei der Weltbank, setzte Reformen ins Werk, für die ihn Geschäftsleute noch heute preisen, Investmentbanker ebenso wie Unternehmensvorstände.
Die Banken wurden strenger überwacht, die Zentralbank wurde unabhängiger, die Privatisierung staatlicher Unternehmen vorangetrieben, das Haushaltsdefizit reduziert. Als die Krise die alte Regierung hinweggefegte und die AKP von Recep Tayyip Erdogan an die Macht kam, musste sie mit dem Programm nur fortfahren - was sie auch tat. "Wie aus dem Lehrbuch", schreibt der "Economist", habe die Türkei die Krise gemeistert und sei deswegen auch vergleichsweise gut durch die Finanzkrise einige Jahre später gekommen.
Vorbild Türkei: Griechen, schaut auf dieses Land - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft
Europa: Darum lächeln die Türken über die EU-Finanzkrise - Nachrichten Politik - Ausland - WELT ONLINE
Zum Beispiel kann man besser sehen. In Ankara hat man den griechischen Statistiken nie geglaubt, mit denen sich das kleine Nachbarland in die Euro-Zone mogelte.
Was war 2001 in der Türkei geschehen? Korruption, Vetternwirtschaft, politische und öknomische Führungslosigkeit und Instabilität prägten das Bild der Türkei in diesen Jahren unter der Ecevit-Regierung.
Hauptauslöser war unter anderem eine Staatskrise, die am 19.02.2001 ihren Höhepunkt erreichte. Während einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (damals defacto das mächtigste Organ der Türkei) bewarf der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer den damaligen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit mit der türkischen Verfassung -- und dies inmitten der schlimmsten Wirtschaftskrise. Als das an die Öffentlichkeit gelangte und bei den Märkten das Bild entstand, dass die Regierung der Lage nicht Herr werden könne, brach die nationale Wirtschaft in sich zusammen. Und die Türkei raste über Nacht in den Abgrund.
Die Kapitalflucht setzte ein, Milliarden von Dollar flossen in wenigen Tagen aus der Türkei heraus, die Investoren verloren das Vertrauen, die TL musste freigegeben werden und verlor in wenigen Stunden gegenüber dem Dollar massiv an Wert, je nach Quelle etwa 40% in wenigen Stunden. Die Folge war, dass die Ausslandsschulen der Türkei ins Unermessliche stiegen, weil sie in Dollar aufgenommen waren. Unternehmen und Betriebe versanken ebenfalls im Schuldensumpf. Hunderte Fabriken schlossen ihre Tore, über 50.000 Unternehmen wurden dicht gemacht, in den Monaten März - April verloren eine halbe Millionen Menschen ihre Arbeit, der Staat musste für die Einlagen der Bürger Sicherheiten abgeben, über 20 Banken gingen Konkurs, die Wirtschaftsleistung der Türkei schrumpfte so stark wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte, die Zentralbank verschleuderte 20 % ihrer Devisenbestände, um die Lira vor Spekulationen zu schützen, die türkische Börse in Istanbul implodierte, die Inflation galoppierte, die Stabilisierungsprogramme der IWF waren hinfällig. Ein Aufnahmestopp in den Beamtendienst wurde verhängt, die Beamtenlöhne gekürzt und eingefroren, der Lebensstandard sank rapide, die Reallöhne sollen auch um 40 % gesunken sein. Ganze Wirtschaftszweige kamen zum Stillstand, Medikamente in den Krankenhäusern wurden rationiert, weil die Pharmaunternehmen aufgrund der Unsicherheiten der Türkei misstrauten, die öffentlichen Ausgaben wurden um 25% reduziert, die Staatseinnahmen in Form von Steuererhöhungen versucht zu verbessern, die Agrarsubventionen wurden gestrichen, alle staatlichen Landwirtschaftsbetriebe verkauft und großte Teile des Staatseigentums privatisiert.
Die Menschen rannten zu den Banken und versuchten ihr bisschen Restgeld, was ihnen noch blieb, in Dollar und DM umzutauschen, weil die Inflation ihre Ersparnisse auffraß.
Türkische Wirtschaftskrise entwickelt sich zur StaatskriseDie Financial Times Deutschland vom 9. April beschrieb einige Ziele dieses Wirtschaftsprogramms: "Öffentliche Ausgaben werden drastisch um ein Viertel gekürzt, Staatseinnahmen um zehn Prozent erhöht. Ab Anfang 2002 werden die Agrarsubventionen abgeschafft, alle staatlichen Landwirtschaftsbetriebe verkauft. Die Wachstumsrate soll, nach negativen Zahlen in diesem Jahr, 2002 auf 4,5 und 2003 auf 5,5 Prozent gesteigert werden. Die radikalsten Maßnahmen treffen den maroden Bankensektor: Offshore-Konten sollen abgeschafft, Besitzer bankrotter Finanzinstitute mit ihrem Privateigentum haftbar gemacht werden. Allein die Verluste der Staatsbanken auf Grund schlechter Kredite werden auf mindestens 20 Mrd. Dollar beziffert. Ein Großteil der erhofften Finanzspritze will Ankara für das Stopfen dieses Haushaltsloches verwenden. Ehrgeizig ist das Ziel Ankaras, durch Kürzungen öffentlicher Ausgaben über zehn Mrd. Dollar zu mobilisieren.
Das Sparprogramm reicht von der Vorgabe, Schreibpapier beidseitig zu gebrauchen, bis zur Streichung eines Großteils der mehr als 5000 Investitionsvorhaben. Die Mehrheit der 230.000 Beamtenwohnungen wird verkauft, ein Teil der 2,5 Millionen Beamten und Angestellten vorzeitig pensioniert. Millionen von Bewohnern illegal gebauter Häuser sollen gegen Entgelt ihr Eigentum legalisieren: Das allein soll mehr als fünf Mrd. Dollar einbringen."
Wirtschaft der Türkei
Das war in groben Zügen die türkische Finanzkrise 2001. Na, kommt sie euch bekannt vor? Tauscht man Türkei mit Griechenland aus, könnte man meinen, hier schreibt jemand über den Ist-Zustand Hellas'.
2001 kam dann der international angesehene Öknomon Kemal Derviş von der Weltbank in die Türkei und setzte ein ehrgeiziges Reformprogramm durch, dass der AKP, die dann die Ecevit-Regierung beerbte, welche von der Krise hinweggefegt wurde, eine solide Basis gab. In diesem Jahr war das BIP der Türkei nur um ca. 60 Mrd. USD größer als das griechische, was extrem wenig ist in diesem Fall. Ja, in diesen Jahren war Griechenland der Türkei in jeder erdenklichen Kategorie überlegen.
Seit 2002 und dem Antritt der AKP ist das allerdings vorbei.
Im Jahr 2010 betrug diese Differenz 430 Mrd. USD. Innerhalb von 9 Jahren ist sie damit um das 7,16 fache angestiegen. Die Türkei ist vitaler, stabiler, dynamischer als Griechenland, weil sie den Mut besaß, von vorne mit radikalen Reformen zu beginnen. Aus diesem Entwicklungsland 2001 ist einer der 20 größten Volkswirtschaften der Welt hervorgegangen.
Griechenland sollte sich ein Vorbild daran nehmen, aus der Eurozone aussteigen, die Drachme einführen und dann den türkischen Weg gehen.
Der Professor aus dem SPIEGEL-Artikel sagt allerdings:
"Sag den Griechen bloß nicht, sie sollen von den Türken lernen, dann kann man es gleich lassen."
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