Es gibt eigentlich hier zwei Themen, die aber miteinander verbunden sind: a) im Allgemeinen die Idee der Elite-Schulen (d.h. Schulen, die einen deutlich besseren Standard als die anderen haben, und dazu gedacht sind, die zukünftigen Eliten eines Landes auszubilden), b) als Besonderkeit der peripheren weniger entwickelten Länder: die Häufigkeit mit der diese Elite-Schulen eine Bildung in westlichen Kulturen und Sprachen anbieten (Englisch, Französisch, Deutsch).
Ich gebe es zu, dass das kein leichtes Thema ist. Z.B. zum a), man kann vielleicht behaupten, dass besonders begabte Kinder eine höhere Leistung haben, wenn sie nur miteinander in Kontakt kommen, und dass der Kontakt mit durchschnittlichen Schülern sie hemmt. Man muss aber auch denken, dass das auch in der anderen Richtung funktioniert: man verhindert es so, dass die durchschnittlichen Schüler vom Kontakt mit den hochbegabten profitieren. Schließlich ist vielleicht das Wichtige dabei, was man für eine Gesellschaft man will: eine, wo einige wenige Ausgewählte das Sagen haben, oder eine, wo man nach einer möglischt höheren Beteiligung von allen strebt (deswegen ist das auch mit der Demokratie verbunden). Und man muss denken, ob es gut für die Gesellschaft aber auch für ihre eigene Entwicklung ist, wenn man einigen Kindern so früh das Gefühl gibt, dass sie etwas Höheres als die anderen sind, die mit den "Niederen" so wenig wie möglich zu tun haben sollten.
Zum b): da hat auch meine eigene Erfahrung eine Rolle in meiner Sichtweise gespielt. Ich war 6 Jahre lang in einer solche Englischen Schule von Nikosia und habe ein ziemlich negatives Bild davon bekommen. Mir sah es so aus, dass es eine Art und Weise ist, mit der ein kultureller Kolonialismus sich fortsetzt (und es ist bestimmt kein Zufall, dass diese Schule von der britischen Kolonialverwaltung gegründet war: man wollte in Zypern Eliten bilden, die eine Nähe zur englischen Kultur haben). Ich habe auch dann später bei der Wehrdienst beobachtet, wie viele von meinen früheren Mitschülern (sind meistens Offiziere oder Unteroffiziere während ihrer Diesnt geworden) mit einer gewissen Arroganz die anderen Soldaten behandelt haben. Ich glaube, das ist eine Haltung, die dann man in vielen sozialen Bereichen sehen kann.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dem Begriff «Elite-Schule» etwas anfangen kann. Ich würde in diesem Zusammenhang lieber von einer gehobenen Privatschule sprechen. Damit kann ich mehr etwas anfangen.
Meiner Meinung nach sollte die Schule heterogen sein. Das heisst, die Klassen sollten nach Alter, Geschlecht, sozio-ökonomischen Hintergrund, Nationalität, Religion und vor allem
Lernstand gemischt sein. Es ist empirisch falsch zu behaupten, dass überdurchschnittlich «gute» Schüler in der öffentlichen Schule in ihrer Entwicklung gehemmt würden und dass sie in gehobenen Privatschulen, wo sie unter «ihresgleichen» sind, besser aufgehoben seien. Führende Pädagogen haben das in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. Und als Lehrperson kann man das gut im Unterricht sehen. Man bilde während einer kooperativen Lernphase eine Gruppe aus zwei überdurchschnittlich «guten» Schülern und man gebe ihnen eine Aufgabe. Sie werden sich miteinander höchstwahrscheinlich sehr schnell auf eine Lösung einigen und sich mit ihrem Resultat zufrieden geben. Kognitiv wird sehr wenig passieren, da weder der eine noch der andere dabei
gefordert werden. Um dies mal an einem Beispiel zu zeigen.
Ich halte das ein wenig für verschwörerisch, wenn man bei gehobenen Privatschulen per se von einer «Elite-Schule» spricht. Ich werfe dir nichts vor, ich sage nur, dass man ein wenig den Ball flach halten sollte. Ich finde, dass Privatschulen sehr wohl eine Daseinsberechtigung haben. Ich finde es falsch, sie zu verbieten. Privatschulen sind meist spezielle pädagogische Institutionen, die sich in ihrem Schulklima grundlegend von öffentlichen Schulen unterscheiden. Ein Beispiel: Bei Zürich gibt es die
Zurich International School (ZIS). Auch eine eher gehobene Privatschule. Dort besuchen meist Kinder die Schule, welche ständig reisende Eltern haben und sie fast nie sehen. Wenn sie nach Hause gehen, finden sie meist niemanden vor. Deshalb übernimmt hier diese Schule für diese speziellen Kinder eine sehr wichtige Funktion: Zum einen bietet sie ein soziales Umfeld, wo die Kinder unter ihresgleichen sind und wo ähnliche Schicksale und Lebensgeschichten anzutreffen sind. Und zum anderen sind die Lehrpersonen sehr oft die einzigen wirklichen, erwachsenen Bezugspersonen in ihrem Leben, die sie täglich sehen. Lehrpersonen der ZIS kriegen noch Jahre, nachdem der Schüler die Schule abgeschlossen hat, Nachrichten von ihren ehemaligen Schülern.
Aber ich sehe ein, womit du ein Problem hast. Diese fremdsprachigen Privatschulen sind zum Teil vor den öffentlichen Schulen entstanden, haben ein riesiges soziales und politisches Netzwerk im Land und tragen zur gesellschaftlichen Teilung bei. Diese Privatschulen unterscheiden sich aber extrem von der ersten Sorte, die ich eingangs beschrieben habe. Sie befinden sich meist nicht in Industrieländern, haben einen geschichtlichen (und meist kolonialen bzw. imperialen) Hintergrund und sind eine Fortführung eines alten Systems. Meiner Meinung nach sollte der Staat bei jenen Privatschulen eingreifen, damit ihre Macht im Land nicht mehr so stark ist. Schliessen würde ich sie aber nicht unbedingt. Verschiedene Schulen und Schulsysteme können für ein Land eine Bereicherung an Ideen und Potenzialen sein. Vor allem eben in Ländern, wo das Bildungssystem noch stark verbesserungswürdig ist. (Ich nehme jetzt einfach frech mal an, dass Zypern nicht unbedingt ein glänzendes Bildungssystem hat.)