Türkiye ?statistik Kurumu, D?? Ticaret ?statistikleri, Temmuz 2017
Das Handelsdefizit ist im Zeitraum Januar-Juli um c.a 20 % gestiegen.
Ach bee... ich vermisse die Regierung von vor 10-15 Jahren, welche mal große Entscheidungen gewagt haben und der Wirtschaft großartige Sprünge verleiht haben.
Zurzeit sehe ich drei "Herausforderungen", welche vor der türkischen Wirtschaft stehen:
1. Inflation
2. Währung
3. Handelsdefizit
Es ist ja nicht so, dass das jetzt riesengroße Probleme sind, denn zu allen drei Herausforderungen gibt es mehrere Lösungswege, welche wir schon mal auch in unserer Vergangenheit genutzt haben.
Das gute, wenn man es denn so sagen kann, ist dass die Probleme alle mit einander verknüpft sind.
Beispiel:
Durch den Wertverlust unserer Währung, sind zwar unsere Exporte leicht gestiegen, jedoch haben sich auch die Importe extrem verteuert, wodurch das Handelsdefizit stetig steigt. Dadurch, dass sich die Importe verteuert haben, steigen natürlich auch bei vielen Firmen die Produktionskosten, weswegen sie gezwungen sind die Preise zu erhöhen (Inflation).
Es gibt dafür gleich mehrere Lösungen, die man anwenden könnte.
1. Der vermutlich schnellste Weg, ist es eine restriktive Geldpolitik zu verfolgen. Sprich, man erhöht den Leitzins, wodurch Kredite teurer und gleichzeitig auch unattraktiver werden. Durch den gestiegenen Zinssatz steigt natürlich die Nachfrage nach der inländischen Währung, weswegen sich diese aufwertet. Durch die allgemein geringere Nachfrage der Verbraucher (da die Kredite teurer geworden sind) gibt es eine rapide Verringerung der Inflation, wodurch auch diese gesenkt wird. Auch würden die Importe sinken, da die Unternehmen aufgrund der geringeren Nachfrage weniger produzieren müssen.
Folglich würden alle drei "Herausforderungen" bekämpft werden.
Da durch diesen Weg sowohl die Nachfrage als auch die Produktion zurück geht, erwischt es natürlich die Wirtschaft bzw. das Wirtschaftswachstum. Auch sinken die Investitionen, da die Kredite unaktraktiver geworden sind, wodurch es halt die Konjuktur trifft. Auch treten "Nebeneffekte", wie z.B eine Erhöhung der Arbeitslosenrate (Firmen produzieren weniger = weniger Arbeitskräfte) in Kraft.
Insgesamt würde ich mich von diesem Schritt also eher fernhalten, da ich es eher als Notfallschalter sehe, den man nur nutzen sollte, wenn sowohl die Währung als auch die Inflation außer Kontrolle ist. Auch glaube ich nicht, dass unsere Wirtschaft so eine Politik verkraften könnte, da man erst letztes Jahr einen Staatstreich hatte, wodurch die Wirtschaft immer noch erschüttert ist.
Aktuell setzen wir übrigens auf eine expansive Geldpolitik, was als das quasi Gegenstück gilt.
Kredite werden dadurch billiger, wodurch die Nachfrage steigt. Durch die gestiegene Nachfrage, erhöht sich auch die Produktion, wodurch (u.a auch durch die günstigen Kredite) mehr investiert wird. Durch die expansive Geldpolitik verliert jedoch unsere Währung an Wert, was zwar einen Anstieg der Exporte zu Folge hat, gleichzeitig auch die Importe, auch im Zusammenhang mit der gestiegenen Nachfrage, massiv erhöht.
Durch diese Geldpolitik erhöht sich unsere Konjunktur, was man ja auch sieht (5 % Wirtschaftswachstum), was für die Regierung natürlich sehr vom Nutzen ist (= Wählerstimmen). Die expansive Politik ist natürlich nichts schlechtes und gerade in unserer Zeit (Wie gesagt Putsch, ISIS, PKK etc.) vom Nutzen ist, allerdings sollte man es auch nicht übertreiben.
Ein 2. Lösungsweg, den ich auch besser finde, wäre der Protektionismus:
Kurze Erklärung:
Durch den Protektionismus sind Maßnahmen gemeint, welche den inländischen Markt schützen und auch die inländische Industrie stärken. Der Vorteil ist hier, das es wirklich mehrere Maßnahmen gibt, wodurch man quasi den Grad des Protektionismus selbst bestimmen kann.
Beim Protektionismus kann auf 2 verschiedene Strategien setzen:
Eine Strategie wäre z.B eine Importsubstituierende Industrialisierung. Diese Maßnahmen sorgen dafür, dass die Importe erschwert werden und dadurch wesentlich unattraktiver werden. Beispielsweise kann man auf importierte Waren Zölle erheben, wodurch sich die heimischen Unternehmen gezwungen sehen auf nationale Produkte zu setzen.
Diesen Schritt würde ich beispielsweise für sehr gut heißen. Klar, der Nachteil ist, dass unsere Unternehmen auf dem Weltmarkt benachteiligt wäre, aber auf längere Sicht ist ein solcher Schritt Goldwert für die heimische Industrie, da diese auch dadurch wesentlich unabhängiger wäre. Gerade in der Automobilindustrie, wo ja auch ziemlich viel importiert wird (Motor, Reifen, Autogläser, Bremsen, sprich viele Einzelteile), obwohl die heimische Industrie solche Produkte herstellen können und größtenteils sogar tun (es gibt viele türkische Unternehmen die Reifen, Felgen, Gläser etc. herstellen können), wird dennoch hauptsächlich aufgrund des Preises importiert.
Eine andere Maßnahme wären Einfuhrkontingente zu erstellen, wodurch ein Gut bis zu einer bestimmten Menge importiert wird. Gerade im Agrarbereich wird dieser Schritt durchzogen. Der Nachteil ist hier wiederrum, dass der Preis des Produkts, beispielsweise beim Rind, steigt, bis die heimische Industrie fähig ist, das Produkt selbst herzustellen (ja das Beispiel Rind war nicht gerade das Beste, aber ihr versteht was ich meine ^^).
Eine andere Strategie des Protektionismus ist die exportorientierte Industrialisierung, wodurch gewisse Maßnahmen erfolgen, die den Export der heimischen Industrie stärken und auch dadurch positiv auf das Handelsdefizit wirken.
Beispielsweise kann man die Firmen einer bestimmten Branche Subventionieren (günstige Kredite, Steuererleichterungen, direkte Finanzhilfen etc.) Diesen Schritt haben wir übrigens in der Rüstungsindustrie angewendet und der Effekt war bemerkenswert. Auf kurze Sicht, kostet es natürlich dem Staat Geld, die Firmen zu finanzieren, aber auf längere Sicht baut man sich somit eine ganz eigene Industriebranche.
Diesen Schritt wünsche ich schon langem beim Maschinenbausektor, der ziemlich vom Ausland abhängig ist. Auch könnte man diesen Schritt beim Agrarsektor anwenden. So könnte man die ganzen Cobans, welche noch mit "Hand arbeiten" und teilweise auch Kinder einsetzen (Südostanatolien), welche anschließend keinen richtige Ausbildung haben, maschinell ausrüsten (Traktor, Agrargeräte), wodurch unsere Landwirtschaft auf längere Sicht endlich mal effektiv wäre. Bin mir nicht sicher, aber ich hörte mal, dass man diesen Schritt bereits vollzieht, bin mir jedoch nicht mehr sicher ob man es wirklch ernsthaft durchgezogen hat oder es nur als Prestigeaufwertung gelten sollte.
Der Protektionismus ist mMn. das Sinnvollste was wir machen könnte. Es hat sich bereits in mehreren Ländern bewiesen. So setzte Mexiko vor dem 21. Jahrhundert, als die ganzen ausländischen Marken dort investieren mehrere Bedingungen, welche die heimische Industrie gestärkt hat. Beispielsweise hat man bei der Automobilindustrie gesagt, das das Produkt, also das Fahrzeug, zu mindestens 65 % aus der heimischen Industrie erfolgen soll.
Auch wir setzten nach dem 2. Weltkrieg auf eine Importsubstitution, welche jedoch sehr schief gelaufen ist, da es extreme Bürokratie Probleme gegeben hat und die Regierung sich zu sehr in die Bertriebe eingemischt hat, so mussten viele Betriebe mehr Arbeiter aufnehmen als sie konnten. Insolvenz vieler traditionsreicher Marken waren die Folge.
Aber die jetzige Regierung hatte vor gut einem Jahrzehnt bewiesen, dass man durch aktives Handeln sowie durch Reformen die Wirtschaft erheblich stärken kann.
Ich hoffe inständig, dass man in den nächsten Jahren auch wieder handelt.
Einfach abzuwarten und auf die Ausländer (sowohl die Touristen als auch auf die ausländischen Investitionen zu bauen) entspricht nicht meinem Verständnis von einem gelungenen Wachstum.