Für Selbstbestimmung der mazedonischen Minderheit Griechenlands!
Griechische Chauvinisten behaupten beharrlich, dass jeglicher Gebrauch der Bezeichnung „Mazedonien“ oder Verweis auf Mazedonier in Griechenland durch die Republik einen irredentistischen Anspruch auf griechisches Territorium beinhalte. Mazedonien ist ein winziges Land mit einer Bevölkerung von nur zwei Millionen, davon ein Viertel ethnische Albaner. Aber Griechenland ist ebenfalls ein Balkanland mit seinen eigenen nationalen Fragen. Der griechische kapitalistische Staat lehnt es als einziger auf dem Balkan ab, die Existenz irgendeiner nationalen Minderheit innerhalb seiner Grenzen anzuerkennen. Ethnische Mazedonier werden offiziell als „slawischsprachige Griechen“ bezeichnet, während die Türken Westthrakiens (sowie Pomaken und Roma, die andere Sprachen sprechen) „griechische Muslime“ genannt werden. In Wirklichkeit existiert trotz jahrzehntelanger ethnischer Säuberung und Zwangshellenisierung hauptsächlich nahe der Grenze zur Republik Mazedonien weiterhin eine mazedonische Bevölkerung.
Die mazedonische Bevölkerung ist Opfer systematischer Diskriminierung und schrecklicher Unterdrückung durch den griechischen Staat. Die Mazedonier wurden gezwungen, ihre Namen und die Namen ihrer Ortschaften zu ändern; ihre Sprache und Kultur sind verboten; Aktivisten für die Rechte der Mazedonier werden verfolgt. Die Feindseligkeit der griechischen Bourgeoisie gegenüber Mazedoniern nährt sich aus deren zentraler Rolle bei den kommunistisch geführten Kräften während des Bürgerkriegs. 1982 erlaubte die erste PASOK-Regierung die Rückkehr von griechischstämmigen Kämpfern der Demokratischen Armee Griechenlands (DSE) aus dem Exil, aber Mazedoniern, die mit den Kommunisten gekämpft hatten, blieb weiterhin die griechische Staatsbürgerschaft verwehrt und selbst heute noch bekommen sie kein Visum, wenn sie ihre Familien in Griechenland besuchen wollen. Schon der bloße Hinweis auf die Existenz einer mazedonischen Minderheit in Griechenland reicht aus, um wütende chauvinistische Gegenreaktionen hervorzurufen. Nicht von ungefähr herrscht in den mazedonischen Gebieten ein Klima der Angst.
Als integraler Bestandteil unseres Kampfes zur Schmiedung des Kerns einer internationalistischen leninistischen Arbeiterpartei in Griechenland kämpft die Trotzkistische Gruppe Griechenlands (TOE) dafür, die Arbeiterklasse von griechischem Chauvinismus zu brechen, um für eine proletarische Revolution zu kämpfen. Wir kämpfen für das Recht der mazedonischen Minderheit auf Selbstbestimmung, was das Recht der ethnischen Mazedonier beinhaltet, sich abzuspalten und ihren eigenen Staat zu gründen oder sich mit dem bestehenden Staat Mazedonien zu vereinigen. Wir sind gegen jegliche Diskriminierung der verschiedenen nationalen Minderheiten, die innerhalb der Grenzen Griechenlands leben – Türken, Arvaniten, Walachen, Pomaken und andere –, sowie von ethnischen Gruppen wie den Roma und wir kämpfen für deren volle demokratische Rechte.
1992 entfachten die griechischen herrschenden Kreise eine chauvinistische Gegenreaktion in der Mazedonienfrage vor dem Hintergrund heftiger Kämpfe der Arbeiterklasse gegen Austerität und gewerkschaftsfeindliche Politik. Auch heute, nach einem Jahrzehnt verzweifelter Kämpfe der arbeitenden Massen gegen die Angriffe der EU und der griechischen Bourgeoisie – jetzt umgesetzt von der „linken“ Regierung der kapitalistischen Partei Syriza – wird griechischer Nationalismus von den Feinden der Interessen der Arbeiterklasse eingesetzt, um diese zu schwächen und zu spalten und ihre Kämpfe zum Scheitern zu bringen.
Nationalismus ist Gift für das Proletariat und ist direkt dem entgegengesetzt, was heute so dringend notwendig ist: internationalistische Solidarität und gemeinsamer EU-weiter Klassenkampf der Arbeiter gegen ihre Bosse. Nicht nur in ärmeren Ländern wie Griechenland und Irland leiden Arbeiter unter der EU-Austerität. Auch in Deutschland, dem mächtigsten Land in Europa, wurde der Lebensstandard der Arbeiter heruntergedrückt, um die Profite der Bosse anzukurbeln. Es liegt im unmittelbaren Interesse der griechischen Arbeiter, sich den Versuchen der Kapitalisten und deren Mitläufern zu widersetzen, Chauvinismus gegen ihre mazedonischen, türkischen oder deutschen Klassenbrüder und -schwestern zu entfachen.
Die Arbeiterklasse in Griechenland wird nicht für ihre eigenen Interessen und eine siegreiche proletarische Revolution kämpfen können, wenn sie nicht mit dem Nationalismus bricht – eine bürgerliche Ideologie, die dazu dient, die arbeitenden Menschen im sogenannten „nationalen“ Interesse an ihre Ausbeuter zu ketten. Arbeiter haben keine gemeinsamen Interessen mit den Bossen. Es ist die Aufgabe von Leninisten, griechischen Chauvinismus unter den Arbeitern zu bekämpfen und sie im Geiste eines echten Internationalismus zu erziehen, genau wie unsere deutschen Genossen dagegen kämpfen, dass die griechischen Werktätigen durch die EU im Auftrag der deutschen und anderer imperialistischer Monopole zermalmt werden. Eine Partei, die fähig ist, die Arbeiterklasse an der Spitze aller Unterdrückten an die Macht zu führen, die Kapitalisten zu enteignen und die Gesellschaft im Interesse der arbeitenden Menschen neu aufzubauen, muss ein „Volkstribun sein …, der es versteht, auf alle Erscheinungen der Willkür und Unterdrückung zu reagieren, wo sie auch auftreten mögen, welche Schicht oder Klasse sie auch betreffen mögen“ (Lenin, Was tun?). Auf dem Balkan haben nationale Feindseligkeiten wiederholt zu großem Blutvergießen geführt, aber unter der Führung einer Partei nach dem Vorbild von Lenins Bolschewiki kann der Kampf gegen nationale Unterdrückung auch treibende Kraft für eine proletarische Revolution sein.
Die chauvinistische Agitation in der Mazedonienfrage im Jahre 1992 – bei der Syrizas Vorgänger in Synaspismos eine wichtige Rolle spielten – ermöglichte es den Faschisten der Chrysi Avgi, aus ihren Rattenlöchern hervorzukriechen. Heute, ohne eine Führung der Arbeiterklasse, die dem Land einen revolutionären Ausweg aus der Sackgasse weist, bietet die von der kapitalistischen Wirtschaftskrise hervorgerufene Verzweiflung einen fruchtbaren Boden für das Wachstum der Faschisten. Dass Chrysi Avgi in Athen ungehindert an der Spitze von mehr als hunderttausend Reaktionären marschieren konnte, ist dem Verrat der reformistischen Führung der Arbeiterklasse geschuldet, insbesondere dem der KKE [Kommunistische Partei Griechenlands], die die zahlenmäßige Unterstützung und den Einfluss in der Arbeiterklasse besitzt, um eine Gegenoffensive anzuführen, die aber stattdessen liberale Aufrufe zur „Isolierung“ der Faschisten herausgibt und Vertrauen in den kapitalistischen Staat predigt. Um Chrysi Avgi und ihresgleichen zu stoppen, bevor es zu spät ist, ist es dringend notwendig, Einheitsfrontmobilisierungen durchzuführen, die sich vor allem auf die soziale Macht der organisierten Arbeiterklasse stützen.