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In einem unbekannten Land - NWZonline.de
n einem unbekannten Land
Flüchtlinge Wo stellen Asylbewerber eigentlich ihren Antrag? Ein Besuch im Bundesamt
Messen, fotografieren, Fingerabdrücke abnehmen: Beim BAMF werden Asylbewerber erkennungsdienstlich behandelt BILDER: Lukas Lehmann
In Oldenburg-Blankenburg befindet sich die Außenstelle M 18 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Seit kurzem steigt die Zahl der Asylanträge wieder.
von Karsten Krogmann
Oldenburg - Das Erste, was der Mann im Parka von Deutschland sieht, ist eine Amtsstube.
Da stehen ein Schreibtisch aus dunkelgelbem Holzimitat, ein Drehstuhl und ein Aktenschrank, an der Decke knistern Neonröhren. Hinter dem Schreibtisch rasselt ein Gussheizkörper. In Zimmer 58 klappert jemand fremdländische Namen in eine Computertastatur, aber der Mann im Parka ist noch nicht dran. Er sitzt im Wartebereich, wo die Menschen mit den fremdländischen Namen Spuren hinterlassen haben: Gummiabrieb auf dem Linoleum. Ob sie wohl bleiben durften in Deutschland?
Der Mann im Parka kommt aus Serbien; gleich soll er befragt, gemessen und fotografiert werden.
Recht auf Asyl
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 16a, Absatz 1, heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Aber vor dem Recht steht die Pflicht: Asylbewerber müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag auf Schutz vor Verfolgung stellen.
Die Außenstelle M 18 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, genannt BAMF, liegt im Oldenburger Stadtteil Kloster Blankenburg. Es gibt eine Wachstube und eine Schranke, dahinter befindet sich die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde des Landes Niedersachsens, kurz: ZAAB; dort werden die Asylbewerber untergebracht. BAMF-Außenstellen liegen fast immer in der Nähe von Erstaufnahmeeinrichtungen wie der ZAAB in Blankenburg.
Amt nimmt Fingerabdrücke
Zu einer Amtsstube gehört natürlich ein Beamter, und in Zimmer 58 sagt Herr K. jetzt: „Wir versuchen, immer nett und freundlich zu den Menschen zu sein.“ Das sei nicht immer leicht, gibt Herr K. zu, denn nicht immer verstünden Menschen aus fremden Ländern, dass deutsche Dienstwege keine Abkürzungen kennen. Erst neulich, erzählt Herr K., habe sich bei ihm ein Mann aus Afghanistan tüchtig aufgeregt: „Bei uns zu Hause schickt man seine Frau mit Geschenken vorbei – und schon hat man alle Stempel, die man braucht!“ Herr K. hat dem Mann dann nett und freundlich erklärt, dass in deutschen Amtsstuben Geschenke verboten sind.
Bei Herrn K. im Zimmer gibt es aber Fruchtgummibonbons, „die Leute sollen sich ja wohlfühlen“. Die Bonbons stehen in einer Schale vor dem Leuchttisch, wo Herr K. gleich die Fingerabdrücke des Mannes im Parka nehmen wird. Der Leuchttisch ist voller Stempelfarbenflecken.
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Steigende Antragszahlen
Seit kurzem muss Herr K. die Bonbonschale häufiger auffüllen: In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Asylanträge stetig gestiegen. Im September waren es rekordverdächtige 73,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat; bundesweit beantragten 4535 Menschen Asyl. Knapp ein Drittel der Bewerber kam aus Serbien oder Mazedonien.
Eigentlich sind solche Zahlen im BAMF längst Geschichte. 1992 gab es mehr als 400 000 Asylanträge, 1996 noch knapp 150 000, seit 2006 pendelten sich die Zahlen bei gut 30 000 pro Jahr ein. Aber 2010 werden es nun wieder mehr sein, die 30 000er-Marke wurde bereits im September geknackt.
Eine konstant hohe Zahl der Antragsteller stammt seit Jahren aus Afghanistan oder aus dem Irak, also aus Kriegsgebieten. „Aber Serbien und Mazedonien?“, fragt Detlef Schütte, er ist der Leiter der Oldenburger BAMF-Außenstelle. „Das sind zwei Länder, die hier bis vor kurzem gar keine Rolle gespielt haben!“
Herr Schütte geht über den Linoleumflur und zeigt den großen Archivsaal: „Früher haben wir hier die Asylakten gesammelt.“ Jetzt ist der Raum vollgestopft mit Integrationsakten; das BAMF ist auch für die Genehmigung der Integrationskurse zuständig, 50 Prozent des Personals arbeiten mittlerweile in diesem Bereich. Die Asylakten lagern in einem kleinen Raum.
Entscheidung nach Gespräch
Schütte sagt: „Keiner kommt ohne Grund hierher und stellt einen Asylantrag. Die Frage ist, ob er einen Grund hat, der nach dem Gesetz die Gewährung eines Bleiberechts ermöglicht.“
Hinter einer Glastür mit der Aufschrift „Kein Durchgang“ liegt Raum 31, es ist ein sogenanntes Entscheiderzimmer. Auch hier gibt es den dunkelgelben Schreibtisch, den Aktenschrank, den Drehstuhl, aber an der Wand hängen freundliche Blumenbilder von van Gogh. Und natürlich hängt da eine Weltkarte.
Am Schreibtisch sitzt Herr H., er sagt: „Hier versuchen wir herauszufinden: Sagt der Asylbewerber die Wahrheit?“ Denn das BAMF, ergänzt Amtsleiter Schütte, habe eine zweiteilige Aufgabe: „Erstens müssen wir demjenigen Schutz gewähren, der politisch verfolgt wird. Aber zweitens müssen wir auch herausfinden, wer diesen Schutz nicht braucht. Diese Menschen müssen unser Land dann wieder verlassen.“
Kritische Fragen
Im Grundgesetz, Artikel 16 a, gibt es nicht nur Absatz 1, sondern auch noch die Absätze 2 bis 5. Und darin steht zum Beispiel, dass sich auf Absatz 1 nicht berufen kann, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen sicheren Drittstaat anreist. „Das heißt“, sagt Herr H. im Entscheiderzimmer, „dass wir nur Asylbewerber anerkennen dürfen, die auf dem Luft- oder Seeweg eingereist sind.“ Zwar behaupte fast jeder Asylbewerber, der es bis in Zimmer 31 geschafft hat, dass er auf dem Luft- oder Seeweg angereist sei. „Aber hier müssen wir herausfinden, ob das auch stimmt.“ Herr Schütte weist darauf hin, dass BAMF-Entscheidungen sehr häufig von Gerichten überprüft werden.
Also fragt der Entscheider den Bewerber zum Beispiel: Wie sah Ihr Flugzeug aus? Welche Uniformen trugen die Stewardessen? Und: Beschreiben Sie doch bitte mal Ihr Heimatland! „Häufig sind die Ausweispapiere auf der Flucht verloren gegangen, da ist nicht einmal die Herkunft sicher“, sagt Herr H.
Es sind oft traurige Geschichten, die die Entscheider zu hören bekommen, berichtet Herr H., „oft nehmen wir die mit nach Hause“. Manchmal geschehe aber auch unfreiwillig Komisches, so wie damals bei dem Afrikaner: Als er nach seinem blumigen Reise-Bericht das skeptische Gesicht des Entscheiders sah, fragte er den Dolmetscher, ob die Geschichte nicht gut genug gewesen sei. „Ich kenne noch mehr Geschichten – ich kann ja eine andere erzählen!“
Seinem Asylantrag konnte zunächst leider nicht stattgegeben werden.
Als die meisten Bewerber noch aus dem Irak und aus Afghanistan stammten, wurden 30 bis 40 Prozent der Asylanträge positiv beschieden, sagt Detlef Schütte. Im Moment liege die Anerkennungsquote deutlich niedriger – wegen der vielen Antragsteller aus Serbien und Mazedonien. Nicht einmal 1 Prozent von ihnen wird als Flüchtling anerkannt.
Rückkehr lohnt sich
Warum stellen dann trotzdem so viele Serben und Mazedonier einen Asylantrag?
Im Bundesinnenministerium in Berlin vermutet man einen sogenannten „Pullfaktor“, abgeleitet vom englischen Verb „to pull“ (= ziehen): Weil zum Ende vergangenen Jahres die Visumspflicht für Angehörige dieser beiden Staaten gefallen ist, können Serben und Mazedonier leichter nach Deutschland einreisen – und als abgelehnte Asylbewerber anschließend ein Förderprogramm für die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Ausländer in Anspruch nehmen. Das heißt in Zahlen: Bund und Länder übernehmen die vollständigen Heimreisekosten und zahlen außerdem eine Reisebeihilfe von 200 Euro pro Erwachsener (100 Euro pro Kind unter 12 Jahren) und eine Starthilfe von 400 Euro (200 pro Kind).
Doch der deutsche Staat hat auf den „Pullfaktor“ bereits reagiert: „Der Bund hat sich dazu entschlossen, jegliche Barleistungen an serbische und mazedonische Staatsangehörige, die nach dem Zeitpunkt der Visumsfreiheit eingereist sind, einzustellen“, teilte ein Ministeriumssprecher jetzt auf Nachfrage mit. Auch das Land Niedersachsen hat inzwischen die Aussetzung seiner Zahlungen angekündigt.
Beschleunigtes Verfahren
In der BAMF-Außenstelle M 18 setzt Regierungsdirektor Detlef Schütte derweil auf ein beschleunigtes Verfahren: Er hat die Zahl der Entscheider vorübergehend von 5 auf 8 erhöht, Asylanträge aus Serbien und Mazedonien werden bevorzugt behandelt. Aus Erfahrung weiß er: „Der Informationsfluss unter Asylbewerbern ist enorm, die Antragszahl wird schnell sinken.“
Aber für wie lange? Vor kurzem gab die EU bekannt, dass in wenigen Wochen auch die Visumspflicht für Albaner und Bosnier fallen soll – auf Wunsch von Deutschland zunächst allerdings nur probeweise.
In Blankenburg sitzt der Mann im Parka wieder in der Wartezone. Den aktuellen Kürzungs-Beschluss aus dem Innenministerium kennt der Serbe noch nicht.
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n einem unbekannten Land
Flüchtlinge Wo stellen Asylbewerber eigentlich ihren Antrag? Ein Besuch im Bundesamt
In Oldenburg-Blankenburg befindet sich die Außenstelle M 18 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Seit kurzem steigt die Zahl der Asylanträge wieder.
von Karsten Krogmann
Oldenburg - Das Erste, was der Mann im Parka von Deutschland sieht, ist eine Amtsstube.
Da stehen ein Schreibtisch aus dunkelgelbem Holzimitat, ein Drehstuhl und ein Aktenschrank, an der Decke knistern Neonröhren. Hinter dem Schreibtisch rasselt ein Gussheizkörper. In Zimmer 58 klappert jemand fremdländische Namen in eine Computertastatur, aber der Mann im Parka ist noch nicht dran. Er sitzt im Wartebereich, wo die Menschen mit den fremdländischen Namen Spuren hinterlassen haben: Gummiabrieb auf dem Linoleum. Ob sie wohl bleiben durften in Deutschland?
Der Mann im Parka kommt aus Serbien; gleich soll er befragt, gemessen und fotografiert werden.
Recht auf Asyl
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 16a, Absatz 1, heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Aber vor dem Recht steht die Pflicht: Asylbewerber müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag auf Schutz vor Verfolgung stellen.
Die Außenstelle M 18 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, genannt BAMF, liegt im Oldenburger Stadtteil Kloster Blankenburg. Es gibt eine Wachstube und eine Schranke, dahinter befindet sich die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde des Landes Niedersachsens, kurz: ZAAB; dort werden die Asylbewerber untergebracht. BAMF-Außenstellen liegen fast immer in der Nähe von Erstaufnahmeeinrichtungen wie der ZAAB in Blankenburg.
Amt nimmt Fingerabdrücke
Zu einer Amtsstube gehört natürlich ein Beamter, und in Zimmer 58 sagt Herr K. jetzt: „Wir versuchen, immer nett und freundlich zu den Menschen zu sein.“ Das sei nicht immer leicht, gibt Herr K. zu, denn nicht immer verstünden Menschen aus fremden Ländern, dass deutsche Dienstwege keine Abkürzungen kennen. Erst neulich, erzählt Herr K., habe sich bei ihm ein Mann aus Afghanistan tüchtig aufgeregt: „Bei uns zu Hause schickt man seine Frau mit Geschenken vorbei – und schon hat man alle Stempel, die man braucht!“ Herr K. hat dem Mann dann nett und freundlich erklärt, dass in deutschen Amtsstuben Geschenke verboten sind.
Bei Herrn K. im Zimmer gibt es aber Fruchtgummibonbons, „die Leute sollen sich ja wohlfühlen“. Die Bonbons stehen in einer Schale vor dem Leuchttisch, wo Herr K. gleich die Fingerabdrücke des Mannes im Parka nehmen wird. Der Leuchttisch ist voller Stempelfarbenflecken.
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Steigende Antragszahlen
Seit kurzem muss Herr K. die Bonbonschale häufiger auffüllen: In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Asylanträge stetig gestiegen. Im September waren es rekordverdächtige 73,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat; bundesweit beantragten 4535 Menschen Asyl. Knapp ein Drittel der Bewerber kam aus Serbien oder Mazedonien.
Eigentlich sind solche Zahlen im BAMF längst Geschichte. 1992 gab es mehr als 400 000 Asylanträge, 1996 noch knapp 150 000, seit 2006 pendelten sich die Zahlen bei gut 30 000 pro Jahr ein. Aber 2010 werden es nun wieder mehr sein, die 30 000er-Marke wurde bereits im September geknackt.
Eine konstant hohe Zahl der Antragsteller stammt seit Jahren aus Afghanistan oder aus dem Irak, also aus Kriegsgebieten. „Aber Serbien und Mazedonien?“, fragt Detlef Schütte, er ist der Leiter der Oldenburger BAMF-Außenstelle. „Das sind zwei Länder, die hier bis vor kurzem gar keine Rolle gespielt haben!“
Herr Schütte geht über den Linoleumflur und zeigt den großen Archivsaal: „Früher haben wir hier die Asylakten gesammelt.“ Jetzt ist der Raum vollgestopft mit Integrationsakten; das BAMF ist auch für die Genehmigung der Integrationskurse zuständig, 50 Prozent des Personals arbeiten mittlerweile in diesem Bereich. Die Asylakten lagern in einem kleinen Raum.
Entscheidung nach Gespräch
Schütte sagt: „Keiner kommt ohne Grund hierher und stellt einen Asylantrag. Die Frage ist, ob er einen Grund hat, der nach dem Gesetz die Gewährung eines Bleiberechts ermöglicht.“
Hinter einer Glastür mit der Aufschrift „Kein Durchgang“ liegt Raum 31, es ist ein sogenanntes Entscheiderzimmer. Auch hier gibt es den dunkelgelben Schreibtisch, den Aktenschrank, den Drehstuhl, aber an der Wand hängen freundliche Blumenbilder von van Gogh. Und natürlich hängt da eine Weltkarte.
Am Schreibtisch sitzt Herr H., er sagt: „Hier versuchen wir herauszufinden: Sagt der Asylbewerber die Wahrheit?“ Denn das BAMF, ergänzt Amtsleiter Schütte, habe eine zweiteilige Aufgabe: „Erstens müssen wir demjenigen Schutz gewähren, der politisch verfolgt wird. Aber zweitens müssen wir auch herausfinden, wer diesen Schutz nicht braucht. Diese Menschen müssen unser Land dann wieder verlassen.“
Kritische Fragen
Im Grundgesetz, Artikel 16 a, gibt es nicht nur Absatz 1, sondern auch noch die Absätze 2 bis 5. Und darin steht zum Beispiel, dass sich auf Absatz 1 nicht berufen kann, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen sicheren Drittstaat anreist. „Das heißt“, sagt Herr H. im Entscheiderzimmer, „dass wir nur Asylbewerber anerkennen dürfen, die auf dem Luft- oder Seeweg eingereist sind.“ Zwar behaupte fast jeder Asylbewerber, der es bis in Zimmer 31 geschafft hat, dass er auf dem Luft- oder Seeweg angereist sei. „Aber hier müssen wir herausfinden, ob das auch stimmt.“ Herr Schütte weist darauf hin, dass BAMF-Entscheidungen sehr häufig von Gerichten überprüft werden.
Also fragt der Entscheider den Bewerber zum Beispiel: Wie sah Ihr Flugzeug aus? Welche Uniformen trugen die Stewardessen? Und: Beschreiben Sie doch bitte mal Ihr Heimatland! „Häufig sind die Ausweispapiere auf der Flucht verloren gegangen, da ist nicht einmal die Herkunft sicher“, sagt Herr H.
Es sind oft traurige Geschichten, die die Entscheider zu hören bekommen, berichtet Herr H., „oft nehmen wir die mit nach Hause“. Manchmal geschehe aber auch unfreiwillig Komisches, so wie damals bei dem Afrikaner: Als er nach seinem blumigen Reise-Bericht das skeptische Gesicht des Entscheiders sah, fragte er den Dolmetscher, ob die Geschichte nicht gut genug gewesen sei. „Ich kenne noch mehr Geschichten – ich kann ja eine andere erzählen!“
Seinem Asylantrag konnte zunächst leider nicht stattgegeben werden.
Als die meisten Bewerber noch aus dem Irak und aus Afghanistan stammten, wurden 30 bis 40 Prozent der Asylanträge positiv beschieden, sagt Detlef Schütte. Im Moment liege die Anerkennungsquote deutlich niedriger – wegen der vielen Antragsteller aus Serbien und Mazedonien. Nicht einmal 1 Prozent von ihnen wird als Flüchtling anerkannt.
Rückkehr lohnt sich
Warum stellen dann trotzdem so viele Serben und Mazedonier einen Asylantrag?
Im Bundesinnenministerium in Berlin vermutet man einen sogenannten „Pullfaktor“, abgeleitet vom englischen Verb „to pull“ (= ziehen): Weil zum Ende vergangenen Jahres die Visumspflicht für Angehörige dieser beiden Staaten gefallen ist, können Serben und Mazedonier leichter nach Deutschland einreisen – und als abgelehnte Asylbewerber anschließend ein Förderprogramm für die freiwillige Rückkehr ausreisepflichtiger Ausländer in Anspruch nehmen. Das heißt in Zahlen: Bund und Länder übernehmen die vollständigen Heimreisekosten und zahlen außerdem eine Reisebeihilfe von 200 Euro pro Erwachsener (100 Euro pro Kind unter 12 Jahren) und eine Starthilfe von 400 Euro (200 pro Kind).
Doch der deutsche Staat hat auf den „Pullfaktor“ bereits reagiert: „Der Bund hat sich dazu entschlossen, jegliche Barleistungen an serbische und mazedonische Staatsangehörige, die nach dem Zeitpunkt der Visumsfreiheit eingereist sind, einzustellen“, teilte ein Ministeriumssprecher jetzt auf Nachfrage mit. Auch das Land Niedersachsen hat inzwischen die Aussetzung seiner Zahlungen angekündigt.
Beschleunigtes Verfahren
In der BAMF-Außenstelle M 18 setzt Regierungsdirektor Detlef Schütte derweil auf ein beschleunigtes Verfahren: Er hat die Zahl der Entscheider vorübergehend von 5 auf 8 erhöht, Asylanträge aus Serbien und Mazedonien werden bevorzugt behandelt. Aus Erfahrung weiß er: „Der Informationsfluss unter Asylbewerbern ist enorm, die Antragszahl wird schnell sinken.“
Aber für wie lange? Vor kurzem gab die EU bekannt, dass in wenigen Wochen auch die Visumspflicht für Albaner und Bosnier fallen soll – auf Wunsch von Deutschland zunächst allerdings nur probeweise.
In Blankenburg sitzt der Mann im Parka wieder in der Wartezone. Den aktuellen Kürzungs-Beschluss aus dem Innenministerium kennt der Serbe noch nicht.
gruß