Volksdichtung
Skanderbeg und Balaban
Skanderbeg schlug seine Zelte
auf, wo weite Schatten fallen.
An des klaren Flusses Ufer
sitzen schmausend die Soldaten.
Da auf einmal naht ein Bote,
von der türk'schen Seite kommend.
Bote:
Zu dir, König der Albaner,
schickt mich unser großer Herr,
dich zu fragen, wann ihr trachtet,
in den Krieg mit uns zu ziehen
Skanderbeg:
Geh und sag ihm, kommt herbei nur.
Rasch erhebt sich Sultan Mehmet,
als der Bote dann zurückkehrt,
läßt sogleich die Trommeln schlagen,
auf daß sich seine Heere sammeln.
Hört mir zu, ihr tapfern Krieger,
wer von euch ist so beherzt,
daß er Skanderbeg mir bringe,
sei es tot, sei es lebendig?
Alle hören's, keiner regt sich,
Antwort gibt nur Ballaban,
Renegat der Arbëreshen:
Was wirst du mir dafür geben?
Mehmet:
Neunmal hunderttausend Gulden
und dazu Albaniens Thron,
sei er tot oder gebunden.
Und sie ziehen in den Krieg.
Als dann Skanderbeg heranrückt,
stellt der Renegatenhund
sich dem Helden in den Weg.
Du verräterischer Hund,
einer von uns wird nun sterben!
Skanderbeg drückt ab, da fällt ihm
aus der Hand des Pferdes Zügel.
Ebenso schießt der Verräter.
Er verletzt am Arm den Helden
und verwundet auch sein Pferd.
Skanderbeg springt auf die Füße.
Ja, da brülln die Türkenhunde,
brüllen laut in ihrer Freude,
wolln sich auf den Helden stürzen,
der den Blick gen Himmel wendet:
Ach, Herr Christus, der Du früh schon
aus den Händen Deiner Feinde
mich gerissen, hilf mir nun!
An eine Eiche mit dem Rücken
lehnt er sich, und seinem Schwert
wagt sich keiner mehr zu nähern.
Doch wer kommt da?
Ach, es sind zweitausend Recken,
ausgewählte tapfre Krieger
aus Albaniens Hochland,
die ihm brachten Dukagjini,
Dukagjini und Liveta.
Auf die Feinde stürzen los sie,
Leichen säumen ihren Weg.
Skanderbeg, da er dies sieht,
lacht vor Freude auf und sagt:
Seid so gut, Herr Dukagjini,
mir die Flanken freizuhalten,
wenn ich diesen Hund mir fasse.
Meine Klinge soll er spüren,
sehn, wie ich das Banner schwenke.
Das Kreuz geschlagen, und der Glut gleich,
die im Maisfeld wütet, ficht er los,
bis sich Weg und Gräben füllen
mit den Köpfen der Erschlagnen.
Einen bloß ergreift er lebend,
jenen Hund von Renegaten,
damit er es dem Sultan melde.
Schneidet ihm als Schandmal
nur vom Kopf das rechte Ohr ab.
Mehmet sieht es, und er spricht:
Ballaban, du Kopfversehrter,
hast du dich denn nicht gebrüstet,
ob nun tot oder lebendig,
Skanderbeg zu mir zu bringen?
Wenn du, großer Herr, geruhtest,
mir ein wenig zuzuhören:
Nicht dem eignen Arm vertraut er,
sondern vielmehr Gottes Hand!
Schnöder, treuloser Verräter,
sollst vor mir den Nacken beugen,
daß ich dir den Geist ausblase!
Und man packt ihn. Auf dem Baumstumpf
schlagen sie ihm ab den Kopf.