Und noch ein Beweis dafür:
V. Aufstand, nicht Massacres.(Beweise hierfür)
Die praktischen Resultate dieser „protestantischen Propaganda" zeigten sich vor einigen Jahren zunächst in Marsovan, alsdann in Kum Kapu, wo der „Hintschak" Tumulte veranstaltete. Hier wie dort hatten die Missionare die aufrührerische Bewegung direkt veranlaßt und geschürt, so daß der mit einer Enquete beauftragte amerikanische Diplomat Newbury ihr Verhalten öffentlich brandmarkte. Auch v. d. Goltz („Anatolische Ausflüge") konstatiert in seiner ultra-vorsichtigen Weise, daß erst eine „von außen hineingetragene Agitation" Armenier und Türken verhetzt und ihre Zwietracht in hellen Flammen habe auflodern lassen. Auf wen sich das „von außen" bezieht, brauchen wir nicht weiter auszuführen.
Dafür, daß die Pastoren-Zöglinge nun Ernst machen, ihr wahnwitziges Ideal vom armenischen Zukunftsstaat. verwirklichen wollten, dafür besitzen wir aus den Jahren 1893 und 1895, und zwar ganz kurz vor dein Ausbruch der großen „Massacres", geradezu klassische Belege. Unter dem 23. Dezember 1893 (d. h. zu einer Zeit, wo scheinbar noch alles ruhig war) veröffentlichte der in „Armenien" thätig gewesene amerikanische Missionar Cyrus Hamlin im Bostoner Missionsorgan „The Congregationalist" den folgenden Warnungsartikel, den wir im Auszug wiedergeben, und dessen Autor ein Ehrenmann - einem förmlich die Augen öffnet:
Wie jämmerlich nehmen sich neben dieser schlichten, ehrlichen Erzählung jene lügenhaften, übertriebenen Mordgeschichten - selbst „Konsular-Berichte" - der späteren Jahre aus! Beweist Hamlin doch, daß die Aktion der Armenier, von den Geheimkomitees sorgfältig geplant und in ihren Details vorbereitet war - immer im Hinblick auf die oben erwähnte geheimnisvolle „fremde Macht", welcher „der Weg nach Kleinasien erschlossen werden müsse" und deren Hilfe so gut wie sicher. sei. Welche intimeren Beziehungen zwischen dem Hintschak und jener „Macht" geherrscht - das werden wir wohl erst erfahren, wenn einmal die englischen Armenier, die Irländer, nach berühmtem Muster die Londoner Geheimarchive überfallen und geplündert haben werden.
Aber die Zeit schreitet fort, und was Pastor Hamlin Ende 1893 als „Plan" bezeichnet, geht der ruhmvollen Verwirklichung entgegen. Daß eine E m e u t e, eine bewaffnete Erhebung der Revolutionskomitees und ihres Anhangs von Desperados unmittelbar bevorsteht, erfahren wir (die alte Dame Diplomatie hat dies natürlich verschlafen) aus einer Veröffentlichung des armenischen Revolutionsorgans „Haik" No. 15, vom 1. September 1895.
Drei Wochen vor Ausbruch der sogenannten „armenischen Greuel" schreibt dieses Blatt wörtlich:
„In der Überzeugung, daß die. Bemühungen Englands gescheitert sind, werden die Armenier sich nicht mehr zurückhalten dürfen. Es wird zunächst in Konstantinopel zu Unruhen kommen müssen, wo die Armenier ohne Furcht - denn eine erregte Menge kennt keine Furcht - die Offensive ergreifen werden. Bricht der Zorn dieser Masse (nämlich der aus dem Innern gekommenen armenischen Elemente) in seiner ganzen Furchtbarkeit gegen die türkische Regierung los, so werden die unmittelbaren Folgen davon sich nicht ermessen lassen. Das Einschreiten der Gendarmen wird die Menge gleichgültig lassen, man wird regelmäßiges Militär aufbieten müssen, gegen das sie sich mit Verzweiflung schlagen wird. Der Kampf wird lange währen und möglicherweise mit der Besetzung Konstantinopels durch die Mächte endigen... In der Provinz werden die Dinge indessen einen anderen Verlauf nehmen. Während in Konstantinopel die Armenier die Offensive ergreifen, müssen sie sich in der Provinz in. der Defensive halten, und zwar aus folgenden Gründen: Konstantinopel liegt unter den Augen Europas; die Türken werden deshalb, die Armenier daselbst nicht vollständig niederzumetzeln wagen. Die Mächte werden einschreiten, um so mehr, als sich eine bedeutende europäische Kolonie daselbst befindet. Anders in der Provinz, wo die türkische Bevölkerung ohne Furcht vor Europa über die Armenier herfallen kann. Trotzdem mögen sich die Armenier daselbst bewaffnen und bereit halten...
Auf alle Fälle werden in den bevorstehenden Aufständen viele Armenier, aber auch eine gehörige Anzahl Türken fallen, und die Anarchie in Konstantinopel, wie das Blutvergießen in den Provinzen werden schließlich Europa zur Intervention zwingen."
Die natürliche Folge dieser armenischen Blut- und Provokationspolitik scheint dein „Haik" die Teilung der Türkei, wobei den Armeniern die Unabhängigkeit winken wird, vorausgesetzt, daß sie vor Europa ihre Rechte zur Geltung bringen.
„Die Armenier von Konstantinopel halten heute das Schicksal Armeniens in ihren Händen. Ihre besondere Aufgabe ist es, Europa zu zwingen, sich mit unserer Sache zu beschäftigen und uns von der unmittelbaren Autorität der türkischen Barbarei (!) zu befreien... Die unerbitterliche Logik der Ereignisse hat unserer Nation die heilige Pflicht auferlegt, nunmehr mit sicherem Schritte zum Tode oder, zur Freiheit zu marschieren."
Bedarf es weiteren Zeugnisses dafür, daß es sich nicht um von Konstantinopel aus verfügte willkürliche Massacres handelte, sondern um einen lange geplanten, mit fremder - mindestens moralischer und pekuniärer - Hilfe ins Werk gesetzten ,,Aufstand" 1). Wer will es da den Türken verdenken, daß sie reagierten und den Störenfrieden eine Lektion erteilten, die leider nicht nur die Bösen, sondern wohl auch viele der Guten mittraf? Das armenische Volk kann sich dafür bei den Tollhäuslern des Hintschak und... dessen europäischen Hintermännern bedanken. Mußten Tausende von Armeniern den Wahnsinn der Hintschak-Brüder mit ihrem Leben bezahlen, so kommt ihr Blut vor allem auf die Firma Gladstone und Kompagnie, und sie verdienen einzig und allein den Namen der „großen Mörder".
1) Mr. Hanotaux im französ. Parlament (3. Nov. 1896): „Dès 1894, le pays était soulevé. Une répression, trop violente eut lieu."