Hundz Gemajni
QQ...
in der frankfurter allgemeine vom 22. stand auch ein interessanter artikel dazu.
so....hab den artikel im i-net gefunden
Da schweigt Gaddafi
Wer sind die Aufständischen?
Wenn bei Aufständen das „Brüder zur Freiheit“ erklingt, geht uns das Herz auf. Doch zuverlässige Erhebungen über Gesinnung und Ehrgefühl der so Rufenden stehen nur selten zur Verfügung. Für den arabischen Raum einigermaßen zuverlässig belegt ist lediglich ein weitverbreiteter Judenhass. Anekdotischer, deshalb aber nicht weniger wahrscheinlich wirken die Befunde über die Haltung gegenüber Schwarzafrikanern.
Wenig weiß man deshalb auch über die Rebellen gegen Gaddafi. Zuschreibungen wie Menschenrechtskämpfer und Verfechter der Zivilgesellschaft können sich deshalb in den Medien schnell durchsetzen. Für die Gegenseite bleiben dann fast zwangsläufig nur noch Termini wie Schläger („thugs“), Söldner, Fanatiker und Handlanger des Diktators. Dadurch erscheinen sie wie Geschöpfe einer anderen Spezies.
Bekanntlich versucht Gaddafi wie kein anderer regionaler Führer, das Image des arabischen Rassismus zu durchbrechen. In vielen Nationen südlich der Sahara steckt libysches Ölgeld in Gebäuden und Bewegungen. Gaddafis Bemühungen um Schwarze kommt diese jetzt allerdings teuer zu stehen, wie etwa Farai Sevenzo schon Ende Februar berichtet: „Weil vermutlich Söldner aus dem Tschad und Mali für ihn kämpfen, sind eine Million afrikanischer Flüchtlinge und Tausende afrikanischer Wanderarbeiter in Gefahr, ermordet zu werden. Ein türkischer Bauarbeiter sagte zu BBC: ,Wir hatten siebzig bis achtzig Leute aus dem Tschad in unserer Firma. Sie wurden mit Baumscheren und Äxten niedergemetzelt und von den Angreifern beschuldigt, für Gaddafi Truppen zu stellen. Auch die Sudanesen wurden massakriert. Wir haben es selbst gesehen.’“
Es gehört zum Standardwissen der Genozid-Forschung, dass in Bürgerkriegen Minderheiten angegriffen werden, weil mindestens eine Konfliktpartei sie der Kollaboration mit dem Gegner verdächtigt. Positionen und Vermögen, die angeblich nur durch Nähe zum Machthaber errungen wurden, können so guten Gewissens – und auch unter dem Beifall einer Gerechtigkeit liebenden Weltöffentlichkeit – übernommen oder „für das Volk“ geraubt werden. Um Positionen aber geht es bei gewaltsamen Konflikten so gut wie immer, weshalb alle Beteiligten die Rechtfertigungen ihrer Begehrlichkeiten so nobel wie möglich ausmalen.
Wer mit Gewalteinsatz Verbrechen gegen die Menschheit unterbinden will – auf Deutsch wird das durch unzulängliche Übersetzung von humanity zu „Menschlichkeit“ verharmlost -, steht immer in Gefahr, einer Seite bei der Ausschaltung oder gar Austilgung der anderen zu helfen. Gegenüber den Beschützten wird dann schnell ein Auge zugedrückt. Die UN-Resolution 1973 (2011) vom 17. März gegen Libyens Regierung liefert dafür ein Musterbeispiel. Gegen die blutig ihre Macht Verteidigenden werden alle Register des internationalen Strafrechts gezogen. Die einzuziehenden Vermögen werden penibel aufgelistet. Doch weder im Resolutionstext noch in den Reden der amerikanischen Außenministerin Clinton oder des französischen Präsidenten Sarkozy gibt es Mahnungen und Gerichtsdrohungen an die Aufständischen.
Ausdrücklich wird der Einsatz „von Söldnern durch die libysche Führung“ verurteilt. Doch womöglich unter solchem Vorwand erfolgte Völkermordakte bleiben unerwähnt. Im Ungefähren und ganz allgemein wird zwar der „Sorge um die Sicherheit von Ausländern“ Ausdruck gegeben. Aber sie steht im Kontext von Verbrechen des Regimes, dem auch hier gewiss vieles zuzutrauen ist. Über Taten seiner Gegner wird geradezu eisern geschwiegen.
Doch spätestens bei Exhumierung der Opfer der Revolutionäre wird sich einmal mehr erweisen, dass beim bewaffneten Aufstand derselbe Menschenschlag am Werke ist wie beim hochgerüsteten Machterhalt.