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Christen in der Türkei

Nitec schrieb:
Warum sollte ich? Ich weiss, dass meine Familie Zuflucht und Aufnahme in der Türkei fand. Ich kann mich also nicht beklagen über die Türken.
Weisst du, die Indianer wurden auch nicht gerade "nett" behandelt von den Amerikanern. Und trotzdem mache ich Amerikanern keinen Vorwurf. Und trotzdem kann jetzt kein Indianer herkommen und sagen: Amis raus aus USA, Winnetou ist wieder da!
Nenn mich einen Ignoranten, vielleicht hast du sogar Recht damit.

:roll: Die Indiander sind UReinwohner Amerikas , eigentlich diewahren Amerikaner , die anderen sind aus Europa eingewanderter Abschaum!

Genauso die Slawen erst spät auf den Balkan gekommen sind.
 
Albanesi schrieb:
Nitec schrieb:
Klar, und weil die Türken so böse sind zu den Christen, wurden auch EU-Beitrittsverhandlungen empfohlen. :roll:
Glaub nicht jede albanerfeindliche und türkenfeindliche Story!
Griechenland verstößt aber sauch gegen die Menschenrechte und Menschenwürde und trotzdem ist es ein EU-Mitglied !
Und das ist eben der Unterschied zur Türkei: Griechenland ist bereits Mitglied, die Türkei aber noch nicht. Genau darum sollten wir vorsichtig sein, um der Türkei nicht unnötig Steine in den Weg zu legen auf dem langen Weg zur EU.
Sind die Türken erst mal in der EU, haben es die Balkanländer noch viel leichter, auch aufgenommen zu werden.
Im übrigen hast du Recht, dass das Ansehen der Christen in der Türkei besser sein könnte - in der Bevölkerung. Was jedoch den Staat Türkei angeht, muss man fairerweise zugeben, dass von dessen Laizismus sich manch andere Staaten eine dicke Scheibe abschneiden könnten. In der Türkei, wie sie sich Atatürk vorstellte, spielt Religion keine Rolle ausserhalb der eigenen vier Wände. Von einer staatlichen Verfolgung kann also auch keine Rede sein. Wenn du so willst, werden Moslems in der Türkei auch verfolgt, zumindest Kopftuchträgerinnen haben es schwer, dürfen keine Unis besuchen, keine staatlichen Ämter bekleiden, ect.
Man kann dazu stehen wie man will, aber man kann es nicht wie der Bär treiben, der fordert: Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass.
 
Zunächst möchte ich feststellen, dass in der Türkei vieles im Argen ist. Trotzdem kann der pauschale Vorwurf, Nichtmuslime seien einer besonderen Verfolgung ausgesetzt, in dieser Form nicht stehen gelassen werden.

Es trifft leider zu, dass es einen Personenkreis gibt, der Nichtmuslimen gegenüber verächtlich gesonnen ist. Dies äußert sich z. B. im Gebrauch von Redewendungen, die von Ressentiments Nichtmuslimen gegenüber getragen werden. Beispiele sind: „Er / Sie / Es ist so schwer wie ein toter Heide“ (die im Bewusstsein dieser Leute stark übergewichtig sind). Oder: „Er / Sie / Es wird behandelt wie ein Heidenkind“, die Person erfährt eine Behandlung, die normalerweise nur Heiden zuteil wird.

Diese Redewendungen sind eine Schande und beschämen jeden aufrechten Menschen. Man kann dem als Einzelperson entgegenwirken, indem man sich um eine anständige Ausdrucksweise bemüht.

Dass sich in Polizeigewahrsam befindliche Christen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit systematisch Übergriffen ausgesetzt sind, bezweifele ich.

Einschüchterung und Folter ist leider ein weitverbreitetes Phänomen, welches in der Türkei keine religiösen Grenzen kennt. Jeder, egal ob Christ oder Muslim, kann davon betroffen sein.
Ich selbst möchte mich nicht in einem Polizeirevier wiederfinden.

Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass im türkischen Militär, welches als Bollwerk der laizistischen Weltanschauung gilt, der Aspekt Religion eine selektierende Rolle spielt. Vielmehr mussten / müssen mehrere Armeeangehörige aufgrund ihrer Sympathie zu radikalislamischem Gedankengut ihren Dienst quittieren.
Es mag vereinzelt zu massiven Beschneidungen der persönlichen Rechte kommen, die konsequent geahndet werden müssen. Aber von Systematik kann nicht die Rede sein.
Es trifft allerdings zu, dass bis in die vierziger Jahre hinein Angehörigen von Minderheiten eine militärische Laufbahn verwehrt blieb. Heutzutage ist diese Diskriminierung zum Glück aufgehoben.

Jeder Mensch in der Türkei kann prinzipiell seine Religion ausleben. Leider muss darauf hingewiesen werden, dass bis vor kurzem die Gründung neuer Gemeinden nicht möglich war. Ebenso verhält es sich mit der Tatsache, dass eine traditionsreiche Klosterschule nach wie vor geschlossen ist, Tatsachen, die sehr beschämend sind.

Es ist noch ein sehr langer Weg zu beschreiten, aber die oftmals aufgestellte Behauptung, das Leben sei für Nichtmuslime in der Türkei aufgrund ihrer „falschen“ Religion nicht lebenswert, trifft vielfach nicht zu.

Vielmehr sind es wirtschaftliche Gründe, die Menschen zur Migration motivieren. Da es heutzutage nicht mehr einfach ist, nach Mittel- oder Nordeuropa zu gelangen, muss die Religionszugehörigkeit herhalten.
In vielen Fällen wird dann in den deutschen Amtsstuben gelogen, dass sich die Balken biegen müssten. Woanders und einem anderen Zusammenhang stattgefundene Ereignisse werden auf die eigene Person oder Familie bezogen, um dem Asylbegehren Nachdruck zu verleihen.

Was ich mit dem ganzen sagen möchte. Vieles in der Türkei ist im Argen.
Der schicksalhafte Einfluss des Osmanischen Reiches auf Europa und die tragischen Folgen ist unbestritten. Es ist auch Tatsache, dass damals Menschen im Einflussbereich des Osmanischen Reiches nur aufgrund ihrer Religion, wenn nicht gerade verfolgt, doch zumindest ausgebeutet wurden.

Ereignisse, die sehr beschämend sind, mit dessen Makel unsereiner leben muss, obwohl unsereiner nun wirklich nichts dafür kann.

Trotz allem: Nichtmuslimen geht es in der Türkei heutzutage im Allgemeinen besser, als man vielleicht glauben mag. Einzelne Schicksale dürfen natürlich nicht verharmlost werden. Diese (und andere Missstände) dürfen nicht verschwiegen werden.
 
100%ige Zustimmung! Ein fundierter, sachlicher und der Sensibilität des Themas angemessener Beitrag. Sehr schön.
 
Christen werden in der Türkei nicht diskriminiert?????
WAs für nen schmarn.
Natürlich werden Christen nur wegen ihrer Religion dort aus der Geselschaft ausgeshlossen!

FAZ

Voller Resignation ist dieser Satz eines jungen syrisch-orthodoxen Christen in Midyat, im Südosten der Türkei. Die meisten der ehemals 200 000 Angehörigen dieser Minderheit haben ihr angestammtes Siedlungsgebiet, den Tur Abdin, verlassen, sind nach Deutschland oder in die skandinavischen Länder ausgewandert; etwa 12.000 von ihnen wohnen heute in Istanbul, knapp 2.000 sind noch in der alten Heimat geblieben. Die Kirche ist die Klammer, die sie zusammenhält, ihnen sprachliche und religiöse Identität verleiht. Aber die Zeit der Christenheit in der Osttürkei scheint zu Ende zu gehen, trotz eines Apells von Ministerpräsident Ecevit an die Christen im Ausland, sie sollten zurückkommen.
So wie den syrisch-orthodoxen Christen ergeht es im Prinzip allen christlichen Minderheiten in der Türkei. Von einst 250.000 Griechisch-Orthodocen in Istanbul sind knapp 2.000 übriggeblieben, von mehr als zwei Millionen Armeniern (in osmanischer Zeit) leben noch 80.000 im Land. Alle Christen zusammen, einschließlich der Ausländer, stellen heute einen Bevölkerungsanteil von weniger als einem Prozent, Tendenz sinkend, fühlen sich doch die Christen oft als Bürger zweiter Klasse. Zu sehr greift der Staat, dessen Verfassung eine strenge Trennung von Politik und Religion vorsieht, immer wieder in das Leben der Christen und ihrer Kirchen ein.
Als säkularer Staat garantiert auch die Türkei in ihrer Verfassung das Recht des einzelnen auf Religionsfreiheit. Schwierig wird es, wenn sich mehrere einzelne zu einer Gruppe zusammenschließen und etwa eine Kirche oder ein Gemeindehaus bauen wollen. Das geht schon seit etwa 80 Jahren nicht mehr ohne weiteres. Das aus den Zeiten Atatürks stammende Verbot, das eigentlich gegen islamische Gemeinschaften gerichtet war, wird in der Praxis fast ausschließlich gegen christliche Gemeinschaften angewandt. Keine christliche Gemeinde darf neue Gebäude errichten. Dagegen ist heute überall der Bau von Moscheen zu beobachten. Nun haben etwa die Griechen mehr Kirchen, als sie brauchen. Sie könnten vielleicht eine der nicht genutzten Kirchen einer neu gegrundeten türkisch-evangelischen Gemeinde geben, die kein Gebäude hat. Das allerdings ist verboten und kann zur Enteignung des Gebäudes führen. Da Kirchen keine juristischen Personen, geschweige denn Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können sie auch keine Immobilien als Geschenk annehmen oder erben. Selbst das Mieten vön Räumen ist ihnen verwehrt.
Eine weitere erhebliche Beeinträchtigung kirchlichen Lebens ist das staatliche Verbot, Pfarrer und Religionslehrer auszuhilden. Vor 30 Jahren wurden alle theologischen Hochschulen, christliche wie islamische, geschlossen. Die islamischen konnten inzwischen wieder öffnen, die christlichen nicht. Theologen aus dem Ausland zu holen ist ebenfalls verboten. Bleibt als letzte Möglichkeit, junge Menschen zum Theologiestudium ins Ausland zu schicken, allerdings mit dem Risiko, daß sie dann nicht in die Türkei zurückkommen. Als Kompromiß hat die staatliche Seite der Griechisch-Orthodoxen Kirche vorgeschlagen, christliche Theologen an den staatlichen theologischen Fakultäten auszubilden. Nun heißen die Fakultäten zwar theologische Fakultäten, sind aber de facto islamisch-theologische Fakultäten. Christliche Theologiestudenten würden also von islamischen Hochschullehrern ausgebildet. Alternativen sind nicht in Sicht. Dabei drängt die Zeit. Es ist absehbar, wann Gemeinden und die wenigen kirchlichen Schulen keine ausgebildeten Theologen mehr haben.
Immer wieder wird die Türkei darauf hingewiesen, daß es in einem vereinten Europa eine Diskriminierung religiöser Minderheiten nicht geben darf. Aber auch unabhängig von der, Frage, ob die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird oder nicht, hat sie nach dem Buchstaben ihrer eigenen Verfassung Religionsfreiheit zu gewähren. Das heißt konkret:
Christen in der Türkei müssen Kirchen bauen und geistlichen Nachwuchs ausbilden dürfen, müssen als religiöse Gemeinschaften Rechtssicherheit genießen und ihr Leben ohne staatliche Bevormundung gestalten können.
 
Ich finde, Kimyager hat die Antwort auf deinen Beitrag schon gegeben. Teilweise ist die Situation von Gläubigen aller(!) Religionen noch verbesserungswürdig, teilweise werden aber auch ungerechtfertigerweise falsche Vorwürfe gegen den türkischen Staat erhoben. Die Auswanderungswelle aus dem Südosten hat vorwiegend wirtschaftliche Gründe und betrifft alle Bevölkerungsschichten.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Kimyager.
 
Sowohl der User Nitec als auch ich haben hinsichtlich der Situation der Christen in der Türkei nichts beschönigt.

Leider gibt es auch in der türkischen Gesellschaft Randgruppen, die sich jedoch nicht über die Religion definieren lassen:

Zum Besipiel: AIDS-Kranke, Roma

In dieser Hinsicht ist die türkische Gesellschaft nicht anders.
Es wird viel Zeit vergehen, bis eine Bewusstseinsänderung eingetreten ist. Das gilt auch im Umgang gewisser Personenkreise mit Nichtmuslimen.

Von einem Ausschluss von Christen von der Gesellschaft kann jedoch immer noch nicht die Rede sein.

Oder will man deren Situation ernsthaft mit jener der Juden im Dritten Reich vergleichen?

Die Bildungseinrichtungen stehen allen gleichermaßen offen.
Je nach Bildungsstand steht es jedem einzelnen frei, den Beruf seiner Wahl zu ergreifen.

Keinem jüdischen Anwalt, keinem armenischen Arzt wird die Arbeitszulassung verweigert / aberkannt, nur weil er kein Muslim ist.

Es gibt armenische und griechische Schulen, die nicht in der Illegalität betrieben werden.

Die Existenz nichtmuslimischen religliösen Lebens bereits bestehender Gemeinden ist gesichert, obgleich man einräumen muss, dass die Gründung neuer nichtmuslimischer Gemeinden ermöglicht / vereinfacht werden sollte.

Trotz vieler Mängel stellt sich kein düsteres Bild dar.
 
Nitec schrieb:
Warum sollte ich? Es gibt genug dringendere, aktuellere Probleme als das Geschehen im Osmanischen Reich. Und auf die sollten wir unser Augenmerk richten.

Warum sollte ich? Ich weiss, dass meine Familie Zuflucht und Aufnahme in der Türkei fand. Ich kann mich also nicht beklagen über die Türken.
Weisst du, die Indianer wurden auch nicht gerade "nett" behandelt von den Amerikanern. Und trotzdem mache ich Amerikanern keinen Vorwurf. Und trotzdem kann jetzt kein Indianer herkommen und sagen: Amis raus aus USA, Winnetou ist wieder da!
Nenn mich einen Ignoranten, vielleicht hast du sogar Recht damit.

@Nitec

In der Zeit davor fanden Millionen südosteuropäischer Muslime den Tod von den Bajonetten der Balkanarmeen oder flüchteten in die Türkei.

Deshalb wahrscheinlich der Hass damals gegen alle Nichtmuslime.

Wobei dann beinah die gesamte armenische Bevölkerung ausgerotet und fiel später 1100000 anatolische Griechen vertrieben wiurden sind.


Tja wir sind alle Opfer und Täter und die Folgen zeigen sich bis zum heutigen tag.
 
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