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Es gab überraschenderweise eine Beileidsbekundung zum Gedenken an die vor 99 Jahren verstorbenen armenischen Bürger. Ein Schreiben von Erdogan persönlich.
Beileidserklärung Erdogans an Armenier
Schritt zur Vergangenheitsbewältigung
Der türkische Regierungschef Erdogan hat für seine Beileidserklärung an die "Enkel der 1915 getöteten Armenier" in der Türkei viel Lob geernet. Einige Armenier erwarten aber weitere Schritte. Noch immer spricht die Türkei nicht von Völkermord.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Alle wichtigen türkischen Zeitungen gehen heute auf die schriftliche Erklärung von Regierungschef Erdogan ein. Die Zeitung "Haber Türk" titelt: "Erstes Beileid für 1915."
Das Blatt "Milliyet" machte am Tag nach der Erklärung Erdogans, die in neun Sprachen - darunter Armenisch - veröffentlich wurde, mit der Schlagzeile "Beileid in neun Sprachen" auf, und die Zeitung "Zaman" zitiert in ihrer Schlagzeile den Ministerpräsidenten: "Umsiedlung unmenschliche Tat - wir teilen ihr Leid".
Lob für eine "geschichtliche Botschaft"
Erstmals in der Geschichte der Republik Türkei hat ein türkischer Regierungschef sein Beileid zum Tod Hunderttausender Armenier in der Endphase des Osmanischen Reiches ausgesprochen. "Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges sind unser gemeinsamer Schmerz", teilte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in einer schriftlichen Erklärung mit. Die Massendeportationen von Armeniern im Jahr 1915 hätten Folgen gehabt, räumt der 60-Jährige ein. Die Zeitung "Hürriyet" nennt die Erklärung eine "geschichtliche Botschaft in neun Sprachen".
Durch diese Erklärung, meint der Historiker Mensur Akgün von der Kültür Universitesi, hat der Staat Türkei einen enormen Schritt in Richtung Vergangenheitsbewältigung unternommen. Man müsse der Regierung zu diesem Schritt gratulieren.
Armenier erwarten weitere konkrete Schritte
In der Zeitung "Radikal" kommen armenische Autoren und Journalisten zu Wort. Yetvart Danzikyan spricht von einer wichtigen Aussage. "Aber es bleiben Fragezeichen", schreibt er. "Ist das jetzt die offizielle Haltung oder ist es Erdogans persönliche Einstellung? Für 2015 erwarten wir schon noch konkrete Schritte."
Dem Journalisten Aris Nalti zufolge ist die armenische Diaspora mit dieser Erklärung nicht zufrieden. "Was gesagt wurde, reicht noch nicht aus." Aber genau das, was nicht gesagt wurde, sei ebenso wichtig wie das, was gesagt wurde, stellt der Historiker Akgün fest. Mit dieser schriftlichen Erklärung wende sich die Türkei nicht von ihrer offiziellen These ab. "Sie bezeichnet die Tragödie von 1915 auch jetzt nicht als Völkermord. Nach wie vor besteht die Türkei darauf, die Beurteilung Historikern zu überlassen."
Der türkische Regierungschef Erdogan wandte sich überraschend mit einer Erklärung an die Armenier.
Geteiltes Echo in der Bevölkerung
Erneut hat Regierungschef Erdogan in seiner Erklärung angeregt, eine türkisch-armenische Historikerkommission solle sich der Ereignisse von 1915 annehmen und gemeinsam forschen und bewerten. In der türkischen Bevölkerung findet die Erklärung Erdogans ein geteiltes Echo.
"Das ist nur eine weitere Rede von Tayyip Erdogan, in seinen Reden gibt es einfach keine Übereinstimmung"; sagt ein Bürger in Istanbul. Andere stimmen mit Erdogan überein, betonen ihre Unterstützung für den Ministerpräsidenten, weil Frieden und Einheit für die Türkei und die Welt wichtiger seien als alles andere. "Das ist positiv", sagt wieder ein anderer. In der Geschichte habe die Türkei durchaus viele Fehler gemacht. Es sei gut, diese Fehler zu benennen. "Für das türkische Volk mit den vielen Minderheiten ist die Einheit sehr wichtig. Auch wenn ich seine Ansicht oft nicht teile, finde ich sie dieses Mal positiv."
Weltweit wird jährlich am 24. April an den Tod von bis zu 1,5 Millionen Armenier im Jahr 1915 erinnert. Die Türkei hält diese Zahl für weit übertrieben und weist jeden Vorwurf des Völkermordes oder vorsätzlicher Massentötungen entschieden zurück.
Lob und Kritik für Erdogans Beileidserklärung | tagesschau.de
Beileidserklärung Erdogans an Armenier
Schritt zur Vergangenheitsbewältigung
Der türkische Regierungschef Erdogan hat für seine Beileidserklärung an die "Enkel der 1915 getöteten Armenier" in der Türkei viel Lob geernet. Einige Armenier erwarten aber weitere Schritte. Noch immer spricht die Türkei nicht von Völkermord.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Alle wichtigen türkischen Zeitungen gehen heute auf die schriftliche Erklärung von Regierungschef Erdogan ein. Die Zeitung "Haber Türk" titelt: "Erstes Beileid für 1915."
Das Blatt "Milliyet" machte am Tag nach der Erklärung Erdogans, die in neun Sprachen - darunter Armenisch - veröffentlich wurde, mit der Schlagzeile "Beileid in neun Sprachen" auf, und die Zeitung "Zaman" zitiert in ihrer Schlagzeile den Ministerpräsidenten: "Umsiedlung unmenschliche Tat - wir teilen ihr Leid".
Lob für eine "geschichtliche Botschaft"
Erstmals in der Geschichte der Republik Türkei hat ein türkischer Regierungschef sein Beileid zum Tod Hunderttausender Armenier in der Endphase des Osmanischen Reiches ausgesprochen. "Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges sind unser gemeinsamer Schmerz", teilte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in einer schriftlichen Erklärung mit. Die Massendeportationen von Armeniern im Jahr 1915 hätten Folgen gehabt, räumt der 60-Jährige ein. Die Zeitung "Hürriyet" nennt die Erklärung eine "geschichtliche Botschaft in neun Sprachen".
Durch diese Erklärung, meint der Historiker Mensur Akgün von der Kültür Universitesi, hat der Staat Türkei einen enormen Schritt in Richtung Vergangenheitsbewältigung unternommen. Man müsse der Regierung zu diesem Schritt gratulieren.
Armenier erwarten weitere konkrete Schritte
In der Zeitung "Radikal" kommen armenische Autoren und Journalisten zu Wort. Yetvart Danzikyan spricht von einer wichtigen Aussage. "Aber es bleiben Fragezeichen", schreibt er. "Ist das jetzt die offizielle Haltung oder ist es Erdogans persönliche Einstellung? Für 2015 erwarten wir schon noch konkrete Schritte."
Dem Journalisten Aris Nalti zufolge ist die armenische Diaspora mit dieser Erklärung nicht zufrieden. "Was gesagt wurde, reicht noch nicht aus." Aber genau das, was nicht gesagt wurde, sei ebenso wichtig wie das, was gesagt wurde, stellt der Historiker Akgün fest. Mit dieser schriftlichen Erklärung wende sich die Türkei nicht von ihrer offiziellen These ab. "Sie bezeichnet die Tragödie von 1915 auch jetzt nicht als Völkermord. Nach wie vor besteht die Türkei darauf, die Beurteilung Historikern zu überlassen."
Der türkische Regierungschef Erdogan wandte sich überraschend mit einer Erklärung an die Armenier.
Geteiltes Echo in der Bevölkerung
Erneut hat Regierungschef Erdogan in seiner Erklärung angeregt, eine türkisch-armenische Historikerkommission solle sich der Ereignisse von 1915 annehmen und gemeinsam forschen und bewerten. In der türkischen Bevölkerung findet die Erklärung Erdogans ein geteiltes Echo.
"Das ist nur eine weitere Rede von Tayyip Erdogan, in seinen Reden gibt es einfach keine Übereinstimmung"; sagt ein Bürger in Istanbul. Andere stimmen mit Erdogan überein, betonen ihre Unterstützung für den Ministerpräsidenten, weil Frieden und Einheit für die Türkei und die Welt wichtiger seien als alles andere. "Das ist positiv", sagt wieder ein anderer. In der Geschichte habe die Türkei durchaus viele Fehler gemacht. Es sei gut, diese Fehler zu benennen. "Für das türkische Volk mit den vielen Minderheiten ist die Einheit sehr wichtig. Auch wenn ich seine Ansicht oft nicht teile, finde ich sie dieses Mal positiv."
Weltweit wird jährlich am 24. April an den Tod von bis zu 1,5 Millionen Armenier im Jahr 1915 erinnert. Die Türkei hält diese Zahl für weit übertrieben und weist jeden Vorwurf des Völkermordes oder vorsätzlicher Massentötungen entschieden zurück.
Lob und Kritik für Erdogans Beileidserklärung | tagesschau.de