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Das Kapital von Karl Marx

Tja, nach dem Tod von Marx gingen vor allem seine Anhänger davon aus, dass der Kapitalismus die Überproduktionskrisen nur kurze Zeit durch Entdeckung oder Erfindung neuer Märkte bewältigen könnten. Und wie wir heute wissen, kam es anders. Am Anfang seines dritten langen Zyklus hat der Kapitalismus mutiert, sprich der neue Kampf um neue Kolonien näherte sich dem Ende, aber der Kapitalismus bewies weiterhin seine Anpassungsfähigkeit und schuf neue innere Märkte.

Und selbstverständlich ist es ihm gelungen, bestimmte Merkmale des Marktes zu unterdrücken, um quasi sein "Überleben" zu sichern. Und Ende des 19. Jahrhunderts kündigten die Marxisten weiterhin den Untergang des Kapitalismus an, doch ihre Prognose erwies sich weiterhin als falsch. Auch dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft (vor allem in den 20er und 30er Jahren) und ihrer anschliessenden Erholung hat die linke Wirtschaftstheorie blass und ratlos zurückgelassen und für den Rest des 20. Jahrhunderts blieb sie eigentlich mehr oder weniger orientierungslos.

Wobei man aber auch sagen muss, dass der Kapitalismus von Krise zu Krise durchaus immer sozialistischer geworden ist, und die erste Welt heute fast durchgängig in einer Mischform von Sozialismus und Kapitalismus existiert, wenn auch von Land zu Land unterschiedlich nuanciert. Diese quasi Endsynthese zwischen Kommunismus und Kapitalismus, die flexibel in ihrer Schwerpunktsetzung Richtung Kapitalismus und Kommunismus ist, ist frei nach Fukuyamas "Ende der Geschichte" der endgültige Status der Menschheit. Zwar gibt es wie schon erwähnt immer wieder Bewegungen in die eine oder andere Richtung über die Zeit oder verschiedene Länder hinweg, das "Grundsystem" ist aber eigentlich seit FDR's New Deal das gleiche. Gerade diese Bewegungen, ohne das Grundsystem zu gefährden, geben ihm sogar besondere Stabilität. Dieses Weltbild entspringt eigentlich genau Marx, der die Welt in die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital eingeteilt hat. Fukuyama löst diesen Grundkonflikt zwischen Arbeitern und Kapitalisten durch eine kapitalistische Grundordnung, die durch ein großes Maß an sozialistischem Einfluss stabil gehalten wird. Auch eine umgekehrte Rollenverteilung ist im Grunde denkbar, und würde auch teilweise im Ostblock praktiziert, oder heute in China. Soweit so gut.

Seit der Jahrtausendwende und v.a. seit der Finanzkrise aber zeigen sich neue gesellschaftliche Entwicklungen, die sich durch dieses recht simple Unterteilung der Menschheit in Kapitalist und Arbeiter nicht mehr erklären lassen. Die gesellschaftlichen Probleme, die durch die Finanzkrise entstanden sind, und an sich objektiv betrachtet nicht so sonderlich groß sind, fordern dieses von Fukuyama "Liberalismus" getaufte System ernsthaft heraus, indem die alten Lösungsansätze überhaupt nicht mehr funktionieren. Schauen wir z.B. in die USA, so sehen wir ein Land mit einer Arbeitslosigkeit um die 5%, einem Wirtschaftswachstum über 2%, und realen Lohnsteigerungen in allen Gesellschaftsteilen, auch ganz unten. Schauen wir nach Europa sehen wir Länder, die seit dem 2. WK eine sehr hohe Einkommensgleichheit vorzuweisen haben, und dies auch, auch wenn Linke Gegenteiliges behaupten, bis heute nahezu unverändert der Fall ist. Erstaunlicherweise erleben wir aber, obwohl man nach "der Schule des Liberalismus politisch stabile Länder erwarten würden, da die Konflikte zwischen Kapitalisten und Arbeiter offensichtlich recht ordentlich gelöst werden, politisch instabile Länder. Wir sehen es in Nordamerika und Europa momentan, aber auch ebenso im Nahen Osten. Erstaunlicherweise erleben wir eine historische Regression sondergleichen. In Europa und Nordamerika gibt es große gesellschaftliche Trends zu einer Ideologie aus dem buchstäblich vorletzten Jahrhundert, dem Nationalismus. Im Nahen Osten gibt es sogar einen deutlichen Trend zu einer noch "zurückgebliebeneren" Ideologie, dem religiösen Fanatismus, welcher buchstäblich mittelalterlich ist.

Zwar kann sich das bestehende System in den großen Nationen Europas und den USA noch recht gut behaupten. Trump, LePen, AFD, usw. sorgen zwar für viel Wirbel, sind aber von einer Machtübernahme noch relativ weit entfernt. Allerdings stehen wir u.U. auch nur am Anfang dieses gesellschaftlichen Trends, denn, wie gesagt, eigentlich sollte es sie gar nicht geben. Solche kleineren "Wellen" gab es in der Vergangenheit öfters, aber immer nur für geringe Zeit und immer nur während dem Konjunkturtief. Das ist dieses Mal eindeutig nicht der Fall. Dieser Trend zeichnet sich seit ~5 Jahren ab und ist relativ unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung immer stärker geworden. Zudem wird die Wirtschaft aufgrund des demografischen Wandels, und des Klimawandels, mit Sicherheit mittelfristig eher schwächeln, was diese historische Regression beschleunigen dürfte.

Das alles zeugt davon, dass das Marx'sche Weltbild, welches die Menschheit in Arbeiter und Kapitalisten teilt, deren Interessenkonflikte man nur lösen muss, um eine friedliche und stabile Welt zu erreichen, wohl von grundauf falsch ist.
 
...ich lese nichts was ein antisemit und rassist geschrieben hat...
 
Hal, was sagst du zu solchen Statistiken? Das wäre nur mal ein Anfang für die Diskussion, dass es allen so viel besser geht.

In seven major economies in North America and Europe, the growth in income of the average young couple and families in their 20s has lagged dramatically behind national averages over the past 30 years.
In two of these countries – the US and Italy – disposable incomes for millennials are scarcely higher in real terms than they were 30 years ago, while the rest of the population has experienced handsome gains.

It is likely to be the first time in industrialised history, save for periods of war or natural disaster, that the incomes of young adults have fallen so far when compared with the rest of society.

Using exclusive data from the largest database of international incomes in the world, at LIS (Luxembourg Income Study): Cross-National Data Center, the investigation into the situation in Australia, Britain, Canada, France, Germany, Italy, Spain and the US has also established that:

  • Prosperity has plummeted for young adults in the rich world.
  • In the US, under-30s are now poorer than retired people.
  • In the UK, pensioner disposable income has grown prodigiously – three times as fast as the income of young people.
  • Millennials have suffered real terms losses in wages in the US, Italy, France, Spain, Germany and Canada and in some countries this was underway even before the 2008 financial crisis.

Using LIS’s household survey data, the Guardian examined the disposable incomes and wages of young families in eight of the 15 largest developed economies in the world. Together these countries made up 43% of the world’s GDP in 2014.

These surveys, carried out over decades, are intended to pick up what is happening on the ground in people’s homes, and are the best way of distillingdomestic realities from governmental level data.

The data accessed by the Guardian found that in the US, France,Germany, Italy and Canada the average disposable income of people in their early 20s is more than 20% below national averages.
For the first time in France, recent pensioners generated more disposable income than families headed by a person under 50. In Italy the average under-35 became poorer than average pensioners under 80. Using the most recent US data, in the midst of the downturn in 2013, average under-30s had less income than those aged 65-79. This is the first time that has happened as far back as the data goes.

Millennials interviewed by the Guardian said they felt their generation was facing far greater hurdles to establish themselves as independent adults than previous generations did.
Revealed: the 30-year economic betrayal dragging down Generation Y?s income | World news | The Guardian
 
Wobei man aber auch sagen muss, dass der Kapitalismus von Krise zu Krise durchaus immer sozialistischer geworden ist, und die erste Welt heute fast durchgängig in einer Mischform von Sozialismus und Kapitalismus existiert, wenn auch von Land zu Land unterschiedlich nuanciert. Diese quasi Endsynthese zwischen Kommunismus und Kapitalismus, die flexibel in ihrer Schwerpunktsetzung Richtung Kapitalismus und Kommunismus ist, ist frei nach Fukuyamas "Ende der Geschichte" der endgültige Status der Menschheit. Zwar gibt es wie schon erwähnt immer wieder Bewegungen in die eine oder andere Richtung über die Zeit oder verschiedene Länder hinweg, das "Grundsystem" ist aber eigentlich seit FDR's New Deal das gleiche. Gerade diese Bewegungen, ohne das Grundsystem zu gefährden, geben ihm sogar besondere Stabilität. Dieses Weltbild entspringt eigentlich genau Marx, der die Welt in die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital eingeteilt hat. Fukuyama löst diesen Grundkonflikt zwischen Arbeitern und Kapitalisten durch eine kapitalistische Grundordnung, die durch ein großes Maß an sozialistischem Einfluss stabil gehalten wird. Auch eine umgekehrte Rollenverteilung ist im Grunde denkbar, und würde auch teilweise im Ostblock praktiziert, oder heute in China. Soweit so gut.

China ist da wieder spezifisch. Ich denke es war schon eine grosse Herausforderung für die gesamte chinesische Führung, wirtschaftliche Stabilität zu sichern, nicht zuletzt aufgrund des riesigen Wirtschaftsraums. Obwohl es eigentlich "nur" ein Land ist, besteht es aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Wirtschaftsräumen. Wenn man also versucht zu verstehen, wie wichtig die Berücksichtigung dieser Ungleichgewichte ist, kann man den erfolgreichen politischen Ansatz, den die Chinesen gewählt haben, besser einordnen. Bedenkt man des Weiteren die riesige Bevölkerungsgrösse, beginnt man, die gegenwärtige Konzentration auf die Weiterentwicklung der westlichen und zentralen Landesteile zu verstehen, wo Hunderte kleine und grosse Städte aus dem Boden gestampft werden, in die die Landbevölkerung zu Millionen zieht. Natürlich war auch in China trotz des starken Wachstums nicht alles in Ordnung. Denn ihr Wachstum war nicht nachhaltig, und zu sehr auf Investitionen und Exporte in die USA und nach Europa ausgerichtet, zu wenig auf Konsumausgaben gegründet. Jeder mögliche Einbruch von Exporten trifft Chinas Küstengebiete besonders hart. Wenn die Binnennachfrage es zukünftig schafft, eine Eigendynamik zu entwickeln, wird das Vertrauen weniger von den Exporten und mehr von wirtschaftlichen Binnenfaktoren abhängen.

Seit der Jahrtausendwende und v.a. seit der Finanzkrise aber zeigen sich neue gesellschaftliche Entwicklungen, die sich durch dieses recht simple Unterteilung der Menschheit in Kapitalist und Arbeiter nicht mehr erklären lassen. Die gesellschaftlichen Probleme, die durch die Finanzkrise entstanden sind, und an sich objektiv betrachtet nicht so sonderlich groß sind, fordern dieses von Fukuyama "Liberalismus" getaufte System ernsthaft heraus, indem die alten Lösungsansätze überhaupt nicht mehr funktionieren. Schauen wir z.B. in die USA, so sehen wir ein Land mit einer Arbeitslosigkeit um die 5%, einem Wirtschaftswachstum über 2%, und realen Lohnsteigerungen in allen Gesellschaftsteilen, auch ganz unten. Schauen wir nach Europa sehen wir Länder, die seit dem 2. WK eine sehr hohe Einkommensgleichheit vorzuweisen haben, und dies auch, auch wenn Linke Gegenteiliges behaupten, bis heute nahezu unverändert der Fall ist. Erstaunlicherweise erleben wir aber, obwohl man nach "der Schule des Liberalismus politisch stabile Länder erwarten würden, da die Konflikte zwischen Kapitalisten und Arbeiter offensichtlich recht ordentlich gelöst werden, politisch instabile Länder. Wir sehen es in Nordamerika und Europa momentan, aber auch ebenso im Nahen Osten. Erstaunlicherweise erleben wir eine historische Regression sondergleichen. In Europa und Nordamerika gibt es große gesellschaftliche Trends zu einer Ideologie aus dem buchstäblich vorletzten Jahrhundert, dem Nationalismus. Im Nahen Osten gibt es sogar einen deutlichen Trend zu einer noch "zurückgebliebeneren" Ideologie, dem religiösen Fanatismus, welcher buchstäblich mittelalterlich ist.

Im Grunde genommen stimme ich dir zu. Die USA werden dank ihrer wissenschaftlichen und technologischen Fähigkeiten wahrscheinlich regelmässig neu erfinden und trotz ihrer schwachen "Performance" in den letzten Jahren hat auch die EU das Potenzial für ein Comeback als Grosser Global Player, allerdings muss sie dazu mehr Innovations-Bereitschaft an den Tag legen, wie es die Amis getan haben. Apropos neue gesellschaftlichen Entwicklungen: es wird immer Dinge geben, die unerwartet geschehen oder schiefgehen. Das liegt in der Natur komplexer Systeme, wo gerade in der Wirtschaft so viel passiert. Eine gesunde Wirtschaft beinhaltet, einen stabilen makroökonomischen politischen Rahmen, niedrige Inflation und Arbeitslosigkeit, nachhaltiges Wachstum und ausreichend "Stossdämper" für den Fall, falls etwas schief gehen sollte. Wie viele Staaten haben heute hohe Währungsreserven, eine gesunde Haushaltslage und kleine, gut kapitalisierte Banken? Meiner Meinung nach nicht viele.

Natürlich ist das nur die eine Kehrseite der Medaille. In den entwickelten Ländern wächst die Wirtschaft auch langsam. Die USA konnten sich auch nur erholen, indem sie einen Schuldenberg von 17 Billionen Dollar anhäuften. Immer noch sind Billionen Dollar, Yen, Pfund und Euro in Umlauf, die im Rahmen der "lockeren" Geldpolitik gedruckt wurden und viele Schulden der privaten Haushalte in den westlichen Staaten sind weiterhin unbezahlt. Leider stagniert die Eurozone weiterhin, die eigentlich wichtigste und fragilste wirtschaftliche Konstruktion der Welt, was automatisch gewaltige Spannungen zwischen Gesellschaftsschichten und Ländern erzeugt, die im dunkelsten Szenario das Gebilde sprengen könnte, aber so weit sollten wir jetzt nicht gehen.

Zwar kann sich das bestehende System in den großen Nationen Europas und den USA noch recht gut behaupten. Trump, LePen, AFD, usw. sorgen zwar für viel Wirbel, sind aber von einer Machtübernahme noch relativ weit entfernt. Allerdings stehen wir u.U. auch nur am Anfang dieses gesellschaftlichen Trends, denn, wie gesagt, eigentlich sollte es sie gar nicht geben. Solche kleineren "Wellen" gab es in der Vergangenheit öfters, aber immer nur für geringe Zeit und immer nur während dem Konjunkturtief. Das ist dieses Mal eindeutig nicht der Fall. Dieser Trend zeichnet sich seit ~5 Jahren ab und ist relativ unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung immer stärker geworden. Zudem wird die Wirtschaft aufgrund des demografischen Wandels, und des Klimawandels, mit Sicherheit mittelfristig eher schwächeln, was diese historische Regression beschleunigen dürfte. Das alles zeugt davon, dass das Marx'sche Weltbild, welches die Menschheit in Arbeiter und Kapitalisten teilt, deren Interessenkonflikte man nur lösen muss, um eine friedliche und stabile Welt zu erreichen, wohl von grundauf falsch ist.

Man kann auch sagen, dass in naher Zukunft die jenigen Staaten erfolgreich sein werden, die sich anpassen und wandeln können, zu einem attraktiven Investitionsstandort werden oder auch ein Umfeld schaffen, wo Unternehmen "gedeihen" können. Natürlich müssen dann die Staaten wenigstens entweder finanzielle Ressourcen, natürliche Ressourcen oder menschlichen Einfallsreichtum verfügen. Ich nehme immer wieder gerne China oder Singapur als Beispiel, wo eine klare und langfristige Planung in einer Wirtschaft durchaus funktionieren kann (mit all seinen Vor- und Nachteilen), genauso wie eine übergreifende Strategie in einem Unternehmen erfolgreich sein kann. Wenn es klare und erreichbare Ziele gibt, können der öffentliche und der private Sektor in einem Wirtschaftsraum zusammenarbeiten, wo beispielsweise ein klassisches Beispiel die Ausrichtung der Londoner Olympiade waren oder etwa nicht?

Was halt wichtig wäre ein Umfeld zu schaffen, in dem der Privatsektor sich frei von Regierungseingriffen entfalten kann, in dem idealerweise auch Innovation und Unternehmergeist gefördert werden und die Menschen ihren eigenen Weg gehen können, ob sie ein neues Unternehmen gründen oder in einer Bar arbeiten.

Ob wir jetzt oder in naher Zukunft vor einer postkapitalistischen Ära stehen wird sich sicherlich bald zeigen.
 
Habs gelesen und vıel nachgeforscht. Am Ende hatte ich gut die Hälfte verstanden, mehr nicht.

Also mit 8 Kindern hat er wenigstens unter Beweis gestellt, dass er keine Schwuchtel ist. Er hat schon paar Schwächen des damaligen Systems erkannt. Um ihn richtig deuten zu können, muss man die Gegebenheiten dieser Zeit gut kennen. Er war wohl etwas zwischen Genie und Wahnsinn.
 
Eine große Herausforderung ist doch gerade der Frieden in der westlichen Welt. Noch nie gab es so eine lange Periode ohne Krieg. Klingt natürlich pervers, aber jeder Krieg bedeutete eine Umverteilung.
 
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