[h=2]
Laut Wiki
Etymologie, Verwendung der Bezeichnung[/h]Dem Historiker
Jacques P. Leider zufolge ist der Name
Rohingya historisch nur einmal belegt, in einer Quelle aus dem späten 18. Jahrhundert. Der Name scheint eine der
Phonologie der von den Rohingy gesprochenen indoarischen Sprache angepasste Variante des
birmanischen Namens der Provinz
Rakhine zu sein.[SUP]
[3][/SUP]
Jacques P. Leider stellt fest, dass der Begriff erst in den 1960er Jahren vereinzelt für muslimische Gruppierungen verwendet wurde und noch in den 1990er Jahren in den Medien nicht als Begriff für eine Ethnie Verwendung fand, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Gruppen von Aufständischen war, die für die Errichtung eines unabhängigen moslemischen Staates an den Grenzen zu Bangladesch in der ehemaligen
Arakanregion kämpften. Erst 1995 habe sich der Begriff international als Begriff für eine Volksgruppe verbreitet, weil er in englischsprachigen Berichten über die Menschenrechtssituation benutzt wurde. Nach 2012 fingen Rohingya-Aktivisten an, Muslime zu drängen, sich selbst als
Rohingya zu bezeichnen.[SUP]
[4][/SUP]
Forscher sind sich weitgehend einig, dass der Begriff seit den 1950er Jahren von den in Myanmar lebenden Muslimen verwendet wird, um ihre Identität als legitime und eigenständige Volksgruppe zu bekräftigen.[SUP]
[5][/SUP] Myanmar hat 135 Volksgruppen und die Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe ist ein Garant für politischen Einfluss. Anders als in anderen Staaten reicht die Zugehörigkeit zu einer Religion in Myanmar dazu nicht aus. Die Vertreter der Muslime forderten ein eigenes Gebiet in der ehemaligen Arakanregion und wollten nicht unter einer buddhistischen Regierung in einem Arakanstaat leben. Die Buddhisten wollten auf der anderen Seite keinen Teil ihres Landes verlieren.[SUP]
[6][/SUP]
Staatliche Stellen in Myanmar lehnen die Bezeichnung
Rohingya ab und sprechen stattdessen von
Bengalis, um ihre Position zu verdeutlichen, dass es sich um (illegale) Einwanderer aus
Bengalen (Bangladesch) handle.[SUP]
[5][/SUP] Vertriebene Muslime aus der Region, die sich in den 1970er Jahren in
Saudi-Arabien oder Pakistan angesiedelt haben, werden dort als "
birmanische Muslime" bezeichnet.[SUP]
[4][/SUP]
Auch wenn Aktivisten der
Rohingya-Bewegung den Begriff "muslimisch" in der Geschichtsschreibung zunehmend durch "Rohingya" zu ersetzen versuchten, sei das nach Leider für Historiker kein haltbares Vorgehen. Es sei anhand der Aufzeichnungen nicht möglich zu bestimmen, wer die
Rohingya sind oder sein wollen. Es sei eine Identität, die sich 2016 noch im Aufbau befinde.
[h=2]Kultur, Sprache und Demographie[/h]Die Sprache der Rohingya steht dem
Bengali nahe und gehört zu den
indoarischen Sprachen innerhalb der
indogermanischen Sprachfamilie. Die Sprache der Rohingya gehört damit einer anderen Sprachfamilie an als die
birmanische Sprache, die Staatssprache Myanmars, welche zur
Sinotibetischen Sprachfamilie gehört.
Rohingyasprecher können sich mit Sprechern des
Chittagongdialekts des Bengali verständigen, der im nahen Südosten Bangladeschs gesprochen wird. Die Sprache hat viele
Lehn- und
Fremdwörter aus
Urdu,
Hindi, Bengali und
Arabisch, aber auch einige Wörter aus
Birmanisch und
Englisch sind eingegliedert. Die Sprache wurde ursprünglich in
arabischer Schrift geschrieben, jedoch gibt es seit kurzem Bemühungen, die Sprache in
lateinischer Schrift zu schreiben. Das Ergebnis daraus nennt man Rohingyalisch.
Ihre Religion – mehrheitlich der
Islam – ist für die Rohingya von großer Bedeutung. Es gibt
Moscheen und religiöse Schulen in jedem Stadtviertel und Dorf.
Rohingyas haben im Schnitt 46 % mehr Kinder als der Bevölkerungsdurchschnitt in Myanmar.[SUP]
[8][/SUP]
[h=2]Geschichte[/h]
Münzen von den Königen von Arakan
Die Herkunft der Gruppe, die heute als
Rohingya umschrieben wird, ist umstritten.
Vertreter sehen sich selbst als lange in Rakhaing ansässige Volksgruppe, die vor rund 1000 Jahren zum Islam konvertierte.[SUP]
[9][/SUP]
Dass es eine moslemische Bevölkerung in Königreich Arakan (Rakhaing) gab, ist unbestreitbar.[SUP]
[10][/SUP] Forscher stellen jedoch fest, dass es bislang keine Hinweise auf eine einheitliche moslemische Bevölkerung im Sinne der Rohingya-Aktivisten im alten Königreich Arakan gebe. Eine Präsenz des Islam in der Region im ersten Jahrtausend sei wegen des Mangels an Quellen nicht zu belegen. Jacques P. Leider beschreibt, wie durch eine
dogmatische Uminterpretation der historischen Quellen Rohingya-Histographen versucht hätten, die typische Pluralität der Region in der Geschichtsschreibung zu verwischen, um eine "Rohingya-Geschichtsschreibung" zu erschaffen. So hätten Elemente des
Sufismus und die Rolle einer moslemischen Elite am historischen Hof in dieser Form keine geschichtliche Grundlage. Buddhistische Einflüsse würden von den Histographen weitgehend ignoriert, um das historische Arakan zu einem überwiegend islamischen Land erklären zu können.[SUP]
[11][/SUP]
Die westliche Geschichtsschreibung geht davon aus, dass die moslemische Bevölkerung in Rakhaing ursprünglich auf deportierte und geflohene Bengalis zurückgeht, die von Königen im 16. und 18. Jahrhundert angesiedelt wurden. Der Anteil an Moslems an der Gruppe kann jedoch nicht mit Sicherheit bestimmt werden.[SUP]
[12][/SUP]
Britische Aufzeichnungen aus der
Kolonialzeit belegen, dass es Migration der moslemischen Bevölkerung aus Chittagong nach Arakan ab 1891 in verschiedenen Epochen bis 1971 gegeben hat. Der Historiker Leider beobachtete, dass Rohingya-Aktivisten den Einfluss dieser Einwanderung jedoch herunterspielen oder sie teilweise ignorieren, um die heutige Gemeinschaft als alleinige Nachkommen einer alten moslemischen Gemeinschaft von Arakan darstellen zu können.
[h=3]Militäreinsätze[/h]
Ein Kämpfer der Rohingya ergibt sich (1961)
Seit der Unabhängigkeit Birmas am 4. Januar 1948 führte die Regierung gegen die Rohingya 20 groß angelegte Militäroperationen. Folge der massiven Militäroperationen war der Tod vieler Rohingya, die Verwüstung ihrer Siedlungsgebiete und Heiligtümer sowie die systematische Zerstörung ihrer Infrastrukturen.
Die 20 großen Militäroperationen waren:[SUP]
[14][/SUP]
- Militäroperation (5. Birmanische Regierung), November 1948
- Operation der Birmanischen Regionalkräfte (BTF), 1949–1950
- Militäroperation (2. Chinesische Regierung), März 1951–1952
- Mayu-Operation, Oktober 1952–1953
- Mone-Thone-Operation, Oktober 1954
- Gemeinsame Operation des Militärs und der Vereinten Siedler, Januar 1955
- Operation der Vereinigten Militärpolizei (UMP), 1955–1958
- Kapitän Htin-Kway-Operation, 1959
- Shwe-Kyi-Operation, Oktober 1966
- KyiGan-Operation, Oktober – Dezember 1966
- Ngazinka-Operation, 1967–1969
- Myat-Mon-Operation, Februar 1969–1971
- Major-Aung-Than-Operation, 1973
- Sabe-Operation, Februar 1974–1978
- Nagamin-Operation, Februar 1978–1979
- Shwe-Hintha-Operation, August 1978–1979
- Galone-Operation, 1979
- Pyi-Thaya-Operation, 1991–1992
- Na-Sa-Ka-Operationen, seit 1992
- August-September 2017
Siehe auch: Geschichte Birmas#Unabhängigkeit
[h=2]Situation in Myanmar[/h]
Rohingya-Flüchtlinge in Rakhine (2012)
Die Rohingya werden in Myanmar offiziell nicht als eigenständige Bevölkerungsgruppe anerkannt. Von den
Vereinten Nationen werden sie als die „am stärksten verfolgte Minderheit der Welt“ eingestuft.[SUP]
[15][/SUP] Als Staatenlose verfügen sie über keinerlei Rechte. Sie dürfen nicht wählen, haben keinen Zugang zu höherer Bildung und eine offizielle Ausreise wird ihnen nicht gestattet.[SUP]
[16][/SUP] Auch innerhalb des Landes sind sie Reisebeschränkungen unterworfen. Ein Gesetz von 1982 verweigert den Rohingya die Staatsbürgerschaft und entsprechende Dokumente. Grundbesitz von Rohingyas wird beschlagnahmt und Privatbesitz zerstört oder gestohlen.[SUP]
[14][/SUP][SUP]
[17][/SUP] Laut Rohingya-Aktivisten sei beschlagnahmtes Rohingyaland von der Regierung an Arakanesen innerhalb und außerhalb des Rakhaing-Staats zur Besiedlung verteilt worden. Mehr als ein Viertel des gesamten Ackerlandes überließ man nach diesen Berichten dem Dschungel. Ziel der Regierung sei es, den Rakhaing-Staat in eine rein buddhistische Region und die Muslime in eine bedeutungslose oder überschaubare Minderheit umzuwandeln. Auch seien Pagoden und buddhistische Klöster an Stellen errichtet werden, wo zuvor muslimische Stätten standen. Sondersteuern, Zwangsarbeit, Heiratsbeschränkungen und Manipulationen bei der Registrierung von Geburten und Todesfällen schränken das alltägliche Leben ein. Dazu kommen illegale Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigungen und Morde. Schätzungsweise 1,5 Millionen Rohingya leben staatenlos im Exil, doch auch hier sind sie Repressalien ausgesetzt. Auf Betreiben Myanmars kommt es in verschiedenen Staaten zur illegalen Inhaftierung von Exil-Rohingya, so in Bangladesch, Indien, Pakistan,
Saudi-Arabien, den
Vereinigten Arabischen Emiraten,
Thailand und
Malaysia.[SUP]
[14][/SUP]
[h=2]Situation der Flüchtlinge[/h]Besonders große Flüchtlingsströme gab es 1942, 1962, 1978 und 1991. 1978 suchten etwa 200.000 Rohingya-Flüchtlinge Schutz im benachbarten Bangladesch, 1991 weitere 250.000.
Obwohl später einige zurückkehrten, blieben doch viele in den Flüchtlingscamps im Distrikt
Cox’s Bazar. Es wird geschätzt, dass seit der Unabhängigkeit Birmas etwa eine bis anderthalb Millionen Rohingya ins Exil gingen. Diese leben hauptsächlich in Bangladesch (insbesondere
Chittagong),
Pakistan und
Saudi-Arabien, eine kleinere Anzahl in den
Vereinigten Arabischen Emiraten,
Thailand und
Malaysia. Seit 2005 hilft das
UNHCR bei der Rückführung von Rohingya aus Bangladesch, doch Berichte von Menschenrechtsverletzungen in den Flüchtlingslagern bedrohen diese Bemühungen.[SUP]
[18][/SUP]
Anfang des Jahres 2009 kamen Rohingya als
Bootsflüchtlinge in die Schlagzeilen, nachdem Thailand ihnen eine Aufenthaltserlaubnis verweigert und etwa eintausend in einfachen motorlosen Booten auf die offene See abgeschoben hatte.[SUP]
[19][/SUP][SUP]
[20][/SUP] Rund 250 von ihnen wurden später vor den zu
Indien gehörenden
Andamanen gerettet und etwa 200 vor der Küste
Acehs in
Indonesien.[SUP]
[21][/SUP] Etwa 500 ertranken vermutlich.[SUP]
[19][/SUP] Der myanmarische Generalkonsul in Hongkong äußerte sich dazu in einem Brief an das Diplomatische Corps, in dem er den Rohingya mit Verweis auf deren dunkle Hautfarbe die Zugehörigkeit zu Myanmar absprach. Er bezeichnete sie als „hässlich wie
Kobolde“ im Gegensatz zu den hellerhäutigen
Birmanen.[SUP]
[22][/SUP]
Nachdem es ab Juni 2012 im
Rakhaing-Staat zu ethnischen Unruhen gekommen war, äußerte der myanmarische Präsident
Thein Sein gegenüber dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen den Vorschlag, dass die Rohingya sich entweder in UNHCR-Camps begeben oder das Land verlassen sollten. Weiterhin erklärte er, dass die Rohingya „illegale Einwanderer“ seien und man bereit sei, sie in jedes Land zu deportieren, das sie aufnehmen würde. [SUP]
[23][/SUP][SUP]
[24][/SUP]
Ende Oktober 2012 kam es abermals zu schweren Unruhen.[SUP]
[25][/SUP]
Am 25. August 2017 eskalierte die Lage erneut, als verschiedene Ziele in Myanmar simultan angegriffen wurden und die
Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) die Verantwortung für die Anschläge übernahm. Eine Gegenoffensive von Armee und Polizei sowie die Angst vor Überfällen der Aufständischen löste eine Flüchtlingswelle aus, bei der Buddhisten vor islamistischen Kämpfern flohen oder evakuiert wurden, während Flüchtlinge der islamischen Minderheit Myanmars die Grenze nach Bangladesch überrannten, um dort Schutz zu suchen.[SUP]
[26][/SUP] Die Lage verschlimmerte sich schnell und Beobachter folgerten, dass das Militär von Myanmar die Angriffe als Rechtfertigung für eine großanlegte Offensive nutzte. Innerhalb einer Woche sollen rund 2.600 Häuser und Hütten in Myanmar niedergebrannt worden sein. Das
Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen zählte eine Woche nach Beginn der Offensive bereits 58.600 Rohingya-Flüchtlinge, die neu in Bangladesch angekommen waren. Sie kommen zu den 400.000 Rohingya, die bereits in den 1990er Jahren nach Bangladesch geflohen waren. Aus den Reihen der Flüchtlinge wurde berichtet, das Militär Myanmars hätte sie systematisch vertrieben.[SUP]
[27][/SUP][SUP]
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