Es ist schon richtig, dass bis zum Zeitalter des Nationalismus (1830 bis 1876) die Religion die primäre "Quelle" des Eigenbewusstseins und nicht die Sprache, die Kultur oder die eigene Herkunft bildete. Ein Slawe aus einem multikulturellem Milieu, in dem auch Muslime gelebt haben, bezeichnete sich demnach eher als "Christ", und nicht als Bulgare, Kroate oder Serbe. Aufgrund des Millet-Systems, das die Bevölkerung nach Religionen sortierte, hiessen die griechisch-orthodoxen Bulgaren, Walachen, Serben und Albaner kollektiv einfach "Griechen".
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts begann aber unter dem wachsenden Einfluss des Nationalismus das Eigenbewusstsein und die Regeln des Zusammenlebens vom institutionellen Gehäuse der Religionsgemeinschaft abzulösen. Anstelle des rechten Glaubens wurde halt die Nation zum massgeblichen Faktor der Identitätsbildung erhoben, sprich so wurde die Religion zum nationalen Kriterium umdefiniert.