John Wayne
Keyboard Turner
Hol’ dir die krassen Sachen, sofort, und lass’ es alle wissen: Digitalisierung und Wachstumswahnsinn beschleunigen eine regressive Entgrenzung, die das Erwachsensein zur Kindheit mit Kreditkarte pervertiert.
Die Leute werden immer infantiler. An solchen Vorfällen ist natürlich nichts „schlimm“. Trotzdem sind sie alarmierend. Sie markieren eine gesellschaftliche Tendenz hin zu einem Verhalten, das man früher als kindisch bezeichnet hätte, das heute aber, weil es so verbreitet ist, kaum noch als solches auffällt: Mitteilungsdrang gegenüber Fremden, Indiskretion; ein gewisser Zeigestolz; der Hang, seinen Spiel- und Zerstreuungsbedürfnissen zu fast jeder Zeit und ohne Rücksicht auf die Umgebung nachzugehen.
Natürlich hat jeder das Recht, den Verführungen der Konsumindustrie zu Regression und Übertreibung zu widerstehen, aber wenn es zu viele tun, schrillt der mediale Alarm: Experten, Institute und Parteien werden unruhig, wenn das Wachstum auch nur minimal nachlässt. Hauptsache, Wachstum, gerne auch ohne Sinn und Verstand. Haus- und Maßhalten, sich mit dem zufriedengeben, was man hat, das Urteil „Der tut’s doch noch“ über ein Gerät- waren das nicht mal Erziehungsziele? Sollten Kinder nicht lernen, dass Dinge ihren Rahmen und ihre Grenze haben, die Keksdose irgendwann leer ist? Im Zeitalter der Flatrates fürs Telefonieren, fürs Essen und fürs Trinken ist das nicht mehr vorgesehen, da ist vor jedem L noch Platz für drei X.
Diese Geräte machen uns zu sprunghaften und oft auch unhöflichen Menschen. Selbst konservative Menschen, die bei Tische am Mobiltelefon angerufen werden, halten es oft nicht mehr für nötig, sich für die Dauer des Gesprächs zurück zu ziehen, jeder soll ruhig alles mithören. Dass Spielzeug beim Essen nichts verloren, dass jede Verrichtung ihre Zeit und ihren Ort hat, scheint nicht mehr zu gelten. Es gibt keine, im Wortsinne, diskreten Lebensbereiche mehr.
Und was ist mit dem wohltuenden Anblick von Menschen, die einfach mal gar nichts tun, die aus dem Fenster sehen und die Welt auf sich wirken lassen? Man mache eine Probe und sehe sich an einem beliebigen Bahnsteig um, an dem viele Menschen warten, oder im Zug selbst und vergleiche diese Situation mit der von vor fünfzehn Jahren: Die ununterbrochene digitale Kommunikation mit Abwesenden lässt die Menschen wie Autisten, ja, von einem rein phänomenologischen Standpunkt aus betrachtet, schon fast wie Geisteskranke aussehen.
Und Apple, Google und Facebook sowie die ganze Warenindustrie werden schon dafür sorgen, dass das so weitergeht, bis wir uns eines Tages auf gar nichts mehr konzentrieren können, weil wir unsere Hände dauernd nach allen Seiten dieser bunten, dummen Welt ausstrecken, wie Kinder, die überreizt sind und keinen Schlaf mehr finden. Früher sagte man in solchen Fällen: „Morgen ist auch noch ein Tag.“
Die infantile Gesellschaft: Aus Leuten werden Kinder - Feuilleton - FAZ
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gelungener rundumschlag der FAZ.... halloween wäre übrigens auch so ein thema...
Die Leute werden immer infantiler. An solchen Vorfällen ist natürlich nichts „schlimm“. Trotzdem sind sie alarmierend. Sie markieren eine gesellschaftliche Tendenz hin zu einem Verhalten, das man früher als kindisch bezeichnet hätte, das heute aber, weil es so verbreitet ist, kaum noch als solches auffällt: Mitteilungsdrang gegenüber Fremden, Indiskretion; ein gewisser Zeigestolz; der Hang, seinen Spiel- und Zerstreuungsbedürfnissen zu fast jeder Zeit und ohne Rücksicht auf die Umgebung nachzugehen.
Natürlich hat jeder das Recht, den Verführungen der Konsumindustrie zu Regression und Übertreibung zu widerstehen, aber wenn es zu viele tun, schrillt der mediale Alarm: Experten, Institute und Parteien werden unruhig, wenn das Wachstum auch nur minimal nachlässt. Hauptsache, Wachstum, gerne auch ohne Sinn und Verstand. Haus- und Maßhalten, sich mit dem zufriedengeben, was man hat, das Urteil „Der tut’s doch noch“ über ein Gerät- waren das nicht mal Erziehungsziele? Sollten Kinder nicht lernen, dass Dinge ihren Rahmen und ihre Grenze haben, die Keksdose irgendwann leer ist? Im Zeitalter der Flatrates fürs Telefonieren, fürs Essen und fürs Trinken ist das nicht mehr vorgesehen, da ist vor jedem L noch Platz für drei X.
Diese Geräte machen uns zu sprunghaften und oft auch unhöflichen Menschen. Selbst konservative Menschen, die bei Tische am Mobiltelefon angerufen werden, halten es oft nicht mehr für nötig, sich für die Dauer des Gesprächs zurück zu ziehen, jeder soll ruhig alles mithören. Dass Spielzeug beim Essen nichts verloren, dass jede Verrichtung ihre Zeit und ihren Ort hat, scheint nicht mehr zu gelten. Es gibt keine, im Wortsinne, diskreten Lebensbereiche mehr.
Und was ist mit dem wohltuenden Anblick von Menschen, die einfach mal gar nichts tun, die aus dem Fenster sehen und die Welt auf sich wirken lassen? Man mache eine Probe und sehe sich an einem beliebigen Bahnsteig um, an dem viele Menschen warten, oder im Zug selbst und vergleiche diese Situation mit der von vor fünfzehn Jahren: Die ununterbrochene digitale Kommunikation mit Abwesenden lässt die Menschen wie Autisten, ja, von einem rein phänomenologischen Standpunkt aus betrachtet, schon fast wie Geisteskranke aussehen.
Und Apple, Google und Facebook sowie die ganze Warenindustrie werden schon dafür sorgen, dass das so weitergeht, bis wir uns eines Tages auf gar nichts mehr konzentrieren können, weil wir unsere Hände dauernd nach allen Seiten dieser bunten, dummen Welt ausstrecken, wie Kinder, die überreizt sind und keinen Schlaf mehr finden. Früher sagte man in solchen Fällen: „Morgen ist auch noch ein Tag.“
Die infantile Gesellschaft: Aus Leuten werden Kinder - Feuilleton - FAZ
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gelungener rundumschlag der FAZ.... halloween wäre übrigens auch so ein thema...