O
Opala
Guest
[FONT=verdana,arial,helvetica]Das Familenleben der Kretaner
[/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] [FONT=verdana,arial,helvetica] Wie in allen Mittelmeerländern ist die Großfamilie auf Kreta traditionell eine der wichtigsten Institutionen der Gesellschaft. Die isolierte Insellage, zudem die Schutzhaltung gegenüber der ständigen Überfremdung durch Eroberer und die überwiegend agrarisch kleinräumig strukturierte Wirtschaft ohne nennenswerte Industrie, haben diese Tradition auf Kreta stärker lebendig erhalten als auf dem griechischen Festland. Das Leben der Kreter, wie der Griechen allgemein, wird stark durch die Familie bestimmt, deren Erfordernissen sich das einzelne Familienmitglied bedingungslos unterwirft. Uneingeschränkte Autorität hat der Vater, meist sogar gegenüber seinen verheirateten Söhnen.Wie wenig das Einzelindividuum gilt, geht schon daraus hervor, dass man auf dem Lande noch heute die Einwohner eines Dorfes nur nach Familien zählt. Diese umfassen in der Regel mindestens drei Generationen vom Großvater bis zum Enkel. Aber auch die ''Querverbindungen'' der Familien untereinander, die Beziehungen zu Onkeln, Tanten, Neffen, Nichten, Schwägern sind sehr viel enger als bei uns. Selbst in den größeren Städten bestimmt die Familie Berufsausbildung und Eheschließung der Kinder, auch wenn diese bereits volljährig sind. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Heirat/Mitgift: wichtige Aufgabe des Familienvorstandes ist, für das Erbe der Söhne und die Mitgift der Töchter zu sorgen. Die Heirat der Tochter ist ein entscheidender Akt, bei dem vor allem in ländlichen Gebieten oft die Eltern den Heiratskandidaten auswählen. Ansehen, Besitz und die Mitgift (''Príka'') spielen die größte Rolle, Liebe nicht unbedingt. In traditionsreichen Familien ist es sogar üblich, dass der älteste Sohn solange nicht heiraten darf, bis seine Schwestern unter der Haube sind. Im Falle des Ablebens des Vaters muss er für ihren Unterhalt sorgen. Wichtig ist nach wie vor, dass die Tochter unberührt in die Ehe geht; zumindest muss der Schein nach außen gewahrt bleiben. Eine ''berührte'' Tochter wird man nur mit Schwierigkeiten und finanziellen Zugeständnissen an den Mann bringen können. Weiterhin entscheidend ist die Höhe der Mitgift. Je mehr die Familie der Tochter mitgeben kann, desto höher ihre Chance, in bessere Verhältnisse einzuheiraten. In der Regel wird Geld, ein Stück Land und wenn möglich ein Haus mitgegeben. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Früher musste sich der Vater oft schwer verschulden, wenn mehrere Töchter zu versorgen waren. Der Grund für diese rigorose Aussteuerregelung ist, dass der Bräutigam vom Vater gewissermaßen ausbezahlt wird, weil er ihn von der Last der zu versorgenden Tochter befreit. Seit 1983 ist jedoch die gesetzliche Pflicht zur Mitgiftzahlung abgeschafft worden - für wirtschaftlich schwächere Familien eine große Erleichterung und kein Grund mehr für den Vater, sich sinnlos zu betrinken, wenn seine Frau zum zweiten Mal eine Tochter zur Welt gebracht hat. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Feste: die größten privaten Feste sind die Taufe und vor allem die Hochzeit! Erst seit 1983 gibt es die standesamtliche Trauung - die kirchliche Trauung ist aber bei weitem die Wichtigere. Die sog. ''Krönung'' vor dem Altar symbolisiert die Vereinigung der Ehepartner vor Gott. Es folgt ein riesiges Essgelage am Nachmittag mit Dutzenden von Gästen. In kleineren Dörfern ist es üblich, dass jeder kommt. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica]
Gastfreundschaft: hier hat der Tourismus Unersetzliches zerstört. Bezeichnend ist die Tatsache, dass es für ''Gast'' und ''Fremder'' in Griechenland nur ein Wort, nämlich Xenos gibt. War es früher heilige Pflicht, dem fremden Ausländer den Schutz der Familie und des Dorfes anzubieten, ihn zu bewirten und eine Schlafstatt anzubieten, trifft man diesen uralten Brauch heute nicht einmal mehr in den abgelegenen Bergdörfern. Viel zu oft wurden die freundlichen Gastgeber ausgenutzt. Natürlich wird man auch hier und da einmal eingeladen, aber mit der echten ''Philoxenía'' hat das herzlich wenig zu tun. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Ehrgefühl oder Ehrliebe: die Kreter sind temperamentvoll und in ihren Gefühlen meist sehr direkt. Vor allem ihr Ehrgefühl, das ''Philótimo'', ist sehr ausgeprägt - entsprechend leicht kann es verletzt werden. Man ist Fremden gegenüber offen und freundschaftlich eingestellt, doch kann das schnell umschlagen, wenn z.B. das Gefühl aufkommt in eine zweideutige Angelegenheit verwickelt zu werden. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Blutrache: heute ist sie wohl ausgestorben. Entstanden ist sie aus dem Bestreben der Familienverbände unter keinen Umständen als schwächlich zu gelten. Leicht wäre man sonst in den Ruf gekommen, man könne sein Eigentum nicht verteidigen. Jede Verletzung der Familienehre musste deshalb sofort gesühnt werden. Ein verhängnisvoller Kreislauf war die Folge, der sich endlos fortpflanzt - denn die andere Partei denkt genauso. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Die letzte ''Vendetta'' in größerem Stil fand angeblich von 1943 - 1952 statt, und kostete 20 Menschenleben. Am längsten hat sie sich in der wilden Sfakia erhalten. Die Sfakioten galten immer als die Gesetzlosen Griechenlands, kein Eroberer der Insel hat sie jemals unterwerfen können und staatlichen Zugriffen haben sie sich gerne entzogen. Sie haben ihre eigenen ungschriebenen Gesetze - der kleine Ruinenort Arádena, ist beispielsweise wegen einer Blutfehde verlassen worden. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Wichtigste Funktion des Familienverbandes: Im Falle einer wirtschaftlichen Notlage einzelner Familienmitglieder übernimmt der Familienverband die Absicherung, nicht der Staat. Werden Vater und Mutter dann alt, kränkeln oder sterben, stellen die Kinder ihre eigenen Interessen hintan und kümmern sich nur noch um die Belange der Eltern. Dieses starke Integriertsein in die Familie, wo jeder für jeden da ist und alle Schwierigkeiten gemeinsam gemeistert werden, ist der Haupgrund, warum bei den Griechen Alkoholismus und Kriminalität kaum eine Rolle spielen. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Andererseits: Arbeitsemigration, Landflucht und die Möglichkeit in Touristenorten leichtes Geld zu verdienen, haben auf Kreta das Entstehen der Kleinfamilie begünstigt und das allmähliche Aussterben der Großfamilie eingeleitet. Konkret: wenn die Kinder im Ausland arbeiten, kommen sie nur zu den großen Festtagen, wie Ostern zurück. Wer dagegen im Tourismus tätig ist, lebt meist an der Küste, wohin die alten Eltern nicht folgen können oder wollen und kommt nur in den Wintermonaten ins Dorf zurück. [/FONT][/FONT]
[/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] [FONT=verdana,arial,helvetica] Wie in allen Mittelmeerländern ist die Großfamilie auf Kreta traditionell eine der wichtigsten Institutionen der Gesellschaft. Die isolierte Insellage, zudem die Schutzhaltung gegenüber der ständigen Überfremdung durch Eroberer und die überwiegend agrarisch kleinräumig strukturierte Wirtschaft ohne nennenswerte Industrie, haben diese Tradition auf Kreta stärker lebendig erhalten als auf dem griechischen Festland. Das Leben der Kreter, wie der Griechen allgemein, wird stark durch die Familie bestimmt, deren Erfordernissen sich das einzelne Familienmitglied bedingungslos unterwirft. Uneingeschränkte Autorität hat der Vater, meist sogar gegenüber seinen verheirateten Söhnen.Wie wenig das Einzelindividuum gilt, geht schon daraus hervor, dass man auf dem Lande noch heute die Einwohner eines Dorfes nur nach Familien zählt. Diese umfassen in der Regel mindestens drei Generationen vom Großvater bis zum Enkel. Aber auch die ''Querverbindungen'' der Familien untereinander, die Beziehungen zu Onkeln, Tanten, Neffen, Nichten, Schwägern sind sehr viel enger als bei uns. Selbst in den größeren Städten bestimmt die Familie Berufsausbildung und Eheschließung der Kinder, auch wenn diese bereits volljährig sind. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Heirat/Mitgift: wichtige Aufgabe des Familienvorstandes ist, für das Erbe der Söhne und die Mitgift der Töchter zu sorgen. Die Heirat der Tochter ist ein entscheidender Akt, bei dem vor allem in ländlichen Gebieten oft die Eltern den Heiratskandidaten auswählen. Ansehen, Besitz und die Mitgift (''Príka'') spielen die größte Rolle, Liebe nicht unbedingt. In traditionsreichen Familien ist es sogar üblich, dass der älteste Sohn solange nicht heiraten darf, bis seine Schwestern unter der Haube sind. Im Falle des Ablebens des Vaters muss er für ihren Unterhalt sorgen. Wichtig ist nach wie vor, dass die Tochter unberührt in die Ehe geht; zumindest muss der Schein nach außen gewahrt bleiben. Eine ''berührte'' Tochter wird man nur mit Schwierigkeiten und finanziellen Zugeständnissen an den Mann bringen können. Weiterhin entscheidend ist die Höhe der Mitgift. Je mehr die Familie der Tochter mitgeben kann, desto höher ihre Chance, in bessere Verhältnisse einzuheiraten. In der Regel wird Geld, ein Stück Land und wenn möglich ein Haus mitgegeben. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Früher musste sich der Vater oft schwer verschulden, wenn mehrere Töchter zu versorgen waren. Der Grund für diese rigorose Aussteuerregelung ist, dass der Bräutigam vom Vater gewissermaßen ausbezahlt wird, weil er ihn von der Last der zu versorgenden Tochter befreit. Seit 1983 ist jedoch die gesetzliche Pflicht zur Mitgiftzahlung abgeschafft worden - für wirtschaftlich schwächere Familien eine große Erleichterung und kein Grund mehr für den Vater, sich sinnlos zu betrinken, wenn seine Frau zum zweiten Mal eine Tochter zur Welt gebracht hat. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Feste: die größten privaten Feste sind die Taufe und vor allem die Hochzeit! Erst seit 1983 gibt es die standesamtliche Trauung - die kirchliche Trauung ist aber bei weitem die Wichtigere. Die sog. ''Krönung'' vor dem Altar symbolisiert die Vereinigung der Ehepartner vor Gott. Es folgt ein riesiges Essgelage am Nachmittag mit Dutzenden von Gästen. In kleineren Dörfern ist es üblich, dass jeder kommt. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica]

Gastfreundschaft: hier hat der Tourismus Unersetzliches zerstört. Bezeichnend ist die Tatsache, dass es für ''Gast'' und ''Fremder'' in Griechenland nur ein Wort, nämlich Xenos gibt. War es früher heilige Pflicht, dem fremden Ausländer den Schutz der Familie und des Dorfes anzubieten, ihn zu bewirten und eine Schlafstatt anzubieten, trifft man diesen uralten Brauch heute nicht einmal mehr in den abgelegenen Bergdörfern. Viel zu oft wurden die freundlichen Gastgeber ausgenutzt. Natürlich wird man auch hier und da einmal eingeladen, aber mit der echten ''Philoxenía'' hat das herzlich wenig zu tun. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Ehrgefühl oder Ehrliebe: die Kreter sind temperamentvoll und in ihren Gefühlen meist sehr direkt. Vor allem ihr Ehrgefühl, das ''Philótimo'', ist sehr ausgeprägt - entsprechend leicht kann es verletzt werden. Man ist Fremden gegenüber offen und freundschaftlich eingestellt, doch kann das schnell umschlagen, wenn z.B. das Gefühl aufkommt in eine zweideutige Angelegenheit verwickelt zu werden. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Blutrache: heute ist sie wohl ausgestorben. Entstanden ist sie aus dem Bestreben der Familienverbände unter keinen Umständen als schwächlich zu gelten. Leicht wäre man sonst in den Ruf gekommen, man könne sein Eigentum nicht verteidigen. Jede Verletzung der Familienehre musste deshalb sofort gesühnt werden. Ein verhängnisvoller Kreislauf war die Folge, der sich endlos fortpflanzt - denn die andere Partei denkt genauso. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Die letzte ''Vendetta'' in größerem Stil fand angeblich von 1943 - 1952 statt, und kostete 20 Menschenleben. Am längsten hat sie sich in der wilden Sfakia erhalten. Die Sfakioten galten immer als die Gesetzlosen Griechenlands, kein Eroberer der Insel hat sie jemals unterwerfen können und staatlichen Zugriffen haben sie sich gerne entzogen. Sie haben ihre eigenen ungschriebenen Gesetze - der kleine Ruinenort Arádena, ist beispielsweise wegen einer Blutfehde verlassen worden. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Wichtigste Funktion des Familienverbandes: Im Falle einer wirtschaftlichen Notlage einzelner Familienmitglieder übernimmt der Familienverband die Absicherung, nicht der Staat. Werden Vater und Mutter dann alt, kränkeln oder sterben, stellen die Kinder ihre eigenen Interessen hintan und kümmern sich nur noch um die Belange der Eltern. Dieses starke Integriertsein in die Familie, wo jeder für jeden da ist und alle Schwierigkeiten gemeinsam gemeistert werden, ist der Haupgrund, warum bei den Griechen Alkoholismus und Kriminalität kaum eine Rolle spielen. [/FONT] [FONT=verdana,arial,helvetica] Andererseits: Arbeitsemigration, Landflucht und die Möglichkeit in Touristenorten leichtes Geld zu verdienen, haben auf Kreta das Entstehen der Kleinfamilie begünstigt und das allmähliche Aussterben der Großfamilie eingeleitet. Konkret: wenn die Kinder im Ausland arbeiten, kommen sie nur zu den großen Festtagen, wie Ostern zurück. Wer dagegen im Tourismus tätig ist, lebt meist an der Küste, wohin die alten Eltern nicht folgen können oder wollen und kommt nur in den Wintermonaten ins Dorf zurück. [/FONT][/FONT]