Alles kommt langsam ans Tageslicht
YouTube - WikiLeaks: Irak - Mit Bohrmaschine Löcher in die Beine gebohrt
Akten zum Irak-Krieg
Drastische US-Reaktion auf die Veröffentlichung Hunderttausender geheimer Militärdokumente zum Irak-Krieg: Der Schritt der Enthüllungsplattform WikiLeaks gefährde Leben, schoss US-Außenministerin Hillary Clinton am Freitag gegen den jüngsten Coup des Internetprojekts.
Die nationale Sicherheit der USA und die ihrer Verbündeten seien bedroht. WikiLeaks-Gründer Julian Assange glaubt unterdessen, Kriegsverbrechen auf der Spur zu sein. Ähnlich heftig die Antwort des US-Verteidigungsministeriums: „Indem solch sensible Dokumente zugänglich gemacht werden, setzt WikiLeaks weiter das Leben unserer Soldaten, unserer Verbündeten und von Irakern und Afghanen aufs Spiel, die für uns arbeiten“.
Die „einzige verantwortungsbewusste Maßnahme“ von WikiLeaks wäre es jetzt, das „gestohlene Material“ sofort zurückzugeben und es so schnell wie möglich von ihrer Website zu löschen.
„Beweise für Kriegsverbrechen“
WikiLeaks-Gründer Julian Assange sagte dem US-Nachrichtensender CNN, die Papiere stellten „Beweise für Kriegsverbrechen“ dar, die von den Koalitionstruppen und der irakischen Regierung begangen worden seien. Assange bestritt eine Gefährdung von US-Soldaten und irakischen Zivilisten. Es sei niemand durch die Veröffentlichung der Dokumente zum Afghanistan-Krieg zu Schaden gekommen.
WikiLeaks stellte nach eigenen Angaben 391.832 geheime Berichte der US-Streitkräfte zum Irak-Krieg ins Netz. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, die britische Zeitung „Guardian“ und das US-Blatt „New York Times“ brachten am Freitag Analysen, die sich auf diese Dokumente stützen.
Zuvor hatte das Pentagon jedoch erklärt, in den Dokumenten fände sich wahrscheinlich kaum Neues. „Da wird es wahrscheinlich keine großen Überraschungen geben“, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Major Chris Perrine, am Freitag. „Das sind alles Nachrichten von gestern.“ Über das meiste sei bereits „sehr, sehr ausführlich berichtet worden“.
„Drastisches Porträt des Kriegs“
Die „New York Times“ („NYT“) sprach von einem „drastischen Porträt“ des Krieges. Es mache aber klar, dass bei weitem die meisten Zivilisten durch die Hand anderer Iraker starben. Die Dokumente zeugten auch von vielen bisher nicht bekannten Vorfällen, bei denen US-Soldaten Zivilisten töteten - an Kontrollposten, aus Hubschraubern, bei Einsätzen. Missverständnisse an Checkpoints endeten oft tödlich.
Die von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente böten aber nur wenig Informationen darüber, was in amerikanischen Gefängnissen geschehen sei. Jedoch enthielten sie unauslöschliche Details über Missbrauch, der auf das Konto der irakischen Streitkräfte und Polizei gehe. Einer internen Aufstellung der Armee zufolge wurden zwischen der Invasion 2003 und Ende 2009 insgesamt etwa 109.000 Iraker getötet, 63 Prozent von ihnen Zivilisten.
US-Behörden hätten es unterlassen, Hunderten von Berichten über Missbrauch, Folter, Vergewaltigung und Mord nachzugehen, in die irakische Polizisten und Soldaten verwickelt gewesen seien, schrieb derweil die britische Tageszeitung „Guardian“.
Zeitweise offline
Ausgerechnet nach dem medialen Scoop war die Enthüllungsplattform am Samstag selbst zeitweise nicht zu erreichen. „Tut uns leid“, hieß es auf der Website. Wegen routinemäßiger Wartungsarbeiten sei der Zugang nicht möglich. In Twitter-Mitteilungen hieß es dazu, die Server seien wohl angesichts des Ansturms einfach überlastet. Mittlerweile ist die Website wieder problemlos anzusurfen.
WikiLeaks setzt Leben aufs Spiel - news.ORF.at