Einer der ersten großen Einflüsse war die byzantinische Küche, auch wenn so mancher türkische Historiker in dieser Beziehung anderer Meinung ist. Prof. Dr. Süheyl Ünver schließt diese Möglichkeit vollkommen aus, was etwas unlogisch erscheint, wenn man bedenkt, dass die Türken im 10. Jahrhundert nach Anatolien einwanderten und fast 400 Jahre lang politische und wirtschaftliche Beziehungen zum Byzantinischen Reich unterhielten. Man darf nicht vergessen, dass die Türken in Anatolien eine bereits bestehende Kochtradition vorfanden, als sie hierher kamen und dass auch im Verlauf der nächsten Jahre abgesehen von staatlichen Beziehungen beide Volksgruppen sich auch durch Heirat und Umzüge teilweise vermischten. Ein weiterer Faktor war auch, dass die aus Mittelasien eingewanderten Türken in ihrer neuen Heimat viele Nahrungsmittel vorfanden, die es in ihrer alten Heimat nicht gegeben hatte. Was lag also näher als sich der bereits etablierten Kochkultur der byzantinischen Bevölkerung zu bedienen? Bei einem Vergleich byzantinischer und osmanischer Kochkultur wird man da gewiss auf einige interessante Parallelen stoßen. Eine zeitgenössische Historikerin auf dem Gebiet der byzantinischen Geschichte ist Tamara Talbot Rice, die in ihrem Buch “Das tägliche Leben in Byzanz: Konstantinopolis, die Perle im Byzantinischen Reich” die These aufstellt, dass die Ess- und Trinkgewohnheiten in Byzanz mehr unserer heutigen Auffassung von moderner Ernährung entsprechen, als den damals üblichen Ess- und Trinkgewohnheiten im Mittelalter. Wir zitieren aus ihrem Buch:
“Es war üblich am Tag drei Mahlzeiten einzunehmen, das Frühstück, das Mittagessen und das Abendessen. Die Fastenzeit wurde sehr streng eingehalten, jedoch wurden zu normalen Zeiten in den Häusern der Reichen zu jeder Mahlzeit mindestens drei Gerichte zubereitet. Man begann mit den Vorspeisen, denen ein Fischgericht mit Soße folgte, dessen Zubereitungsart noch aus der vorchristlichen Zeit stammte. Als Alternative wurde auch gebratenes Fleisch angeboten. Den Abschluss jeder Mahlzeit bildete eine Süßspeise.”
An einer anderen Stelle gibt die Autorin konkrete Hinweise auf damals gängige Rezepte: “ Es wurden so viele verschiedene Speisen aufgetischt, dass jeder nach seinem eigenen Geschmack etwas auswählen konnte.” Danach gibt sie ein Beispiel dafür an. Konstantin der VII. z.B. liebte folgendes besonders: “Konstantin der VII. bevorzugte delikate Soßen. Ferner hatte er eine Schwäche für kleine Oliven, blanchierte Lorbeerblätter und indische Kräuter, besonders wenn sie frisch waren.”
Interessant ist, dass auch der damalige weströmische Imperator ein Anhänger von Soßen war. Auch eine gemeinsame Vorliebe für frische und damit natürlich auch teure Kräuter und Gewürze war eine Gemeinsamkeit, die den gegenseitigen Einfluss der beiden Kulturen beweist.
Das Buch von Tamara Talbot Rice gibt uns auch Aufschluss über die Essgewohnheiten des gemeinen Volkes: “Eine griechische Hausfrau hatte wie auch heute noch die Auswahl zwischen verschiedenen Wild- und Stalltieren, die sie in der Küche verwenden konnte. Schweinefleisch, vor allem Schweinehaxen waren im Byzantinischen Reich außerordentlich beliebt; Geflügel konnte gebraten oder gekocht werden; Fisch und Enten wurden gern gegessen.”