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Gelöschtes Mitglied 8317
Guest
"Man muss mit dem Schlimmsten rechnen"
30.09.2011, 13:59 Uhr
Beharrt auf seinem Glaubensbekenntnis: Jussef Nadarchani (Foto: (Foto: IGFM))
Pastor droht im Iran die Todesstrafe
Ein Menschenrechtsexperte schätzt die Lage des Pastoren, der im Iran von der Todesstrafe bedroht ist, als "sehr ernst" ein. "Man muss mit dem Schlimmsten rechnen", sagte Wolfgang Baake, Beauftragter der "Deutschen Evangelischen Allianz" am Sitze des Bundestages. Der iranische Pastor Jussef Nadarchani soll wegen "Verbreitung nichtislamischer Lehre" und "Abfalls vom Glauben" gehenkt werden. Er weigert sich, seinen christlichen Glauben zu verleugnen.
Baake sagte, das Auswärtige Amt habe ihn informiert, dass die Hinrichtung in den nächsten Tagen aller Voraussicht nach vorgenommen werde. Ein Gesandter der Europäischen Union werde zwar am Samstag noch einmal ein Gespräch mit den iranischen Stellen führen, "aber dann könnte es schon zu spät sein." Leider hätten die Iraner keinen früheren Gesprächstermin möglich gemacht.
Nach Angaben der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM) ist Nadarchani nach Jahren der erste Konvertit, bei dem die iranische Justiz den "Abfall vom Islam" völlig offen als Begründung des Todesurteils nennt. Die IGFM vermutet, dass die Behörden die iranische Untergrundgemeinde noch stärker unter Druck setzen wollen.
Pastor wollte Kinder nicht muslimisch erziehen lassen
Der 1977 geborene Nadarchani war im Alter von 19 Jahren zum Christentum übergetreten und später Pastor einer kleinen protestantischen Gemeinde geworden. Im Jahr 2009 geriet Nadarchani jedoch mit den iranischen Behörden aneinander, als er sich gegen muslimische Erziehung seiner beiden Kinder in der Schule wehren wollte.
Das iranische Parlament hatte per Gesetz angeordnet, dass der muslimische Glauben im Schulunterricht noch stärker gefördert werden müsse. "Dieses Gesetz gilt für alle Schulkinder, auch die christlicher Eltern," heißt es beim IGFM. Nadarchani, dessen Söhne in den örtlichen Schulen ebenfalls von diesem Unterricht betroffen waren, habe gegen dieses Vorgehen protestiert. Daraufhin hätten ihn die iranischen Justizbehörden festgenommen und im Herbst 2010 wegen Apostasie - Abfall vom Islam - zum Tode verurteilt.
Nadarchani angeblich durch Abstammung "echter Muslim"
In einem Berufungsverfahren wurde das Gericht dazu aufgefordert, zunächst noch zu klären, ob Nadarchani jemals praktizierender Muslim gewesen war. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes könnte das Gericht dies nicht nachweisen. Dennoch sei das Urteil des Obersten Gerichtshofs nicht annulliert worden.
Nach Angaben des "Katholischen Magazin für Kirche und Kultur" verkündete das Gericht vielmehr, Nadarchani sei ein "echter Muslim", da er islamische Vorfahren habe. Somit gelte für Nadarchani das muslimische Recht. Sollte er sich nicht "vom falschen Glauben lossagen", werde er hingerichtet.
Iran bricht durch sein Vorgehen Völkerrecht
Die "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte" zeigte sich bestürzt. "Eine solche Entscheidung ist einem Mitglied der Internationalen Gemeinschaft unwürdig. Dieser klare Bruch internationaler und völkerrechtlich verbindlicher Abkommen darf nicht hingenommen werden", erklärte der geschäftsführende Vorsitzende der IGFM, Karl Hafen.
Die Regierungen mehrerer westlicher Länder - darunter die USA, Großbritannien und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton - forderten den Iran auf, den Konvertiten freizulassen.Das Auswärtige Amt bestellte am Donnerstag den Geschäftsträger der iranischen Botschaft ein. Bei dem Treffen habe die deutsche Seite noch einmal "mit Nachdruck" eine Aufhebung des Todesurteils und die Freilassung Nadarchanis gefordert, teilte das Ministerium mit. Der Iran sei völkerrechtlich verpflichtet, religiöse Minderheiten zu achten und die freie Religionsausübung zu respektieren.
Der Organisation IGFM zufolge hat Nadarchani mit seinem Übertritt zum Christentum und seiner Pastorentätigkeit lediglich sein Recht auf Religionsfreiheit in Anspruch genommen. Der Iran hat den "Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte" unterzeichnet und sich damit verpflichtet, seinen Bürgern das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zuzugestehen.
Glimpflicher Ausgang im Fall von Nadarchanis Frau
Nadarchanis Anwalt zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich, dass sein Mandant womöglich bald frei kommen könnte. Sein Mandant habe zwar die Aussage zu seinem Glauben nicht widerrufen, sagte Anwalt Mohammed Ali Dadchah. Er gehe dennoch davon aus, dass Nadarchani das Gericht mit seinen Argumenten überzeugt habe. Möglicherweise hofft Dadchah, dass die iranischen Behörden wie im Fall der Ehefrau des Pastors vorgehen: Diese war 2010 ebenfalls festgenommen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, kam jedoch später wieder auf freien Fuß.
Daniel Holler von der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM) äußerte hingegen im Interview mit t-online.de, es sei völlig unklar, ob das Todesurteil noch zurückgenommen werde. Daher sei es von enormer Bedeutung, den internationalen Druck auf den Iran zu erhöhen.
Dwight Bashir von der "US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit" (USCIRF) wies gegenüber "Radio Free Europe / Radio Liberty" darauf hin, dass seit über 20 Jahren kein christlicher Pastor mehr wegen Apostasie hingerichtet worden sei. Allerdings scheine sich die Lage im Iran derzeit zuzuspitzen. "Diese Entwicklung muss nun unbedingt ein Ende finden", so Bashir.
Für Christen, die offen zu ihrem Glauben stehen, hat sich die Situation im Iran zuletzt zunehmend verschlechtert. Nach Angaben von "Christian Solidarity International" (CSI), einer christlichen Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit, erleben Christen im Iran "massive Verfolgung und Diskriminierung und werden in allen Belangen des öffentlichen Lebens unerbittlich ausgegrenzt". Es sei ihnen strengstens untersagt, über ihren Glauben öffentlich zu sprechen und ihn zu praktizieren. Nach Angaben von CSI sind Schätzungen zufolge rund 400.000 iranische Bürger Christen, das entspricht einem halben Prozent der Bevölkerung.
30.09.2011, 13:59 Uhr
![beharrt-auf-seinem-glaubensbekenntnis-jussef-nadarchani.jpg](http://nachrichten.t-online.de/b/50/23/45/42/id_50234542/tid_da/beharrt-auf-seinem-glaubensbekenntnis-jussef-nadarchani.jpg)
![](http://bilder.bild.de/fotos-skaliert/iran-pastor-naderkhani-familienfoto-23102334-mfbq-20232862/5,h=343.bild.jpg)
Beharrt auf seinem Glaubensbekenntnis: Jussef Nadarchani (Foto: (Foto: IGFM))
Pastor droht im Iran die Todesstrafe
Ein Menschenrechtsexperte schätzt die Lage des Pastoren, der im Iran von der Todesstrafe bedroht ist, als "sehr ernst" ein. "Man muss mit dem Schlimmsten rechnen", sagte Wolfgang Baake, Beauftragter der "Deutschen Evangelischen Allianz" am Sitze des Bundestages. Der iranische Pastor Jussef Nadarchani soll wegen "Verbreitung nichtislamischer Lehre" und "Abfalls vom Glauben" gehenkt werden. Er weigert sich, seinen christlichen Glauben zu verleugnen.
Baake sagte, das Auswärtige Amt habe ihn informiert, dass die Hinrichtung in den nächsten Tagen aller Voraussicht nach vorgenommen werde. Ein Gesandter der Europäischen Union werde zwar am Samstag noch einmal ein Gespräch mit den iranischen Stellen führen, "aber dann könnte es schon zu spät sein." Leider hätten die Iraner keinen früheren Gesprächstermin möglich gemacht.
Nach Angaben der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM) ist Nadarchani nach Jahren der erste Konvertit, bei dem die iranische Justiz den "Abfall vom Islam" völlig offen als Begründung des Todesurteils nennt. Die IGFM vermutet, dass die Behörden die iranische Untergrundgemeinde noch stärker unter Druck setzen wollen.
Pastor wollte Kinder nicht muslimisch erziehen lassen
Der 1977 geborene Nadarchani war im Alter von 19 Jahren zum Christentum übergetreten und später Pastor einer kleinen protestantischen Gemeinde geworden. Im Jahr 2009 geriet Nadarchani jedoch mit den iranischen Behörden aneinander, als er sich gegen muslimische Erziehung seiner beiden Kinder in der Schule wehren wollte.
Das iranische Parlament hatte per Gesetz angeordnet, dass der muslimische Glauben im Schulunterricht noch stärker gefördert werden müsse. "Dieses Gesetz gilt für alle Schulkinder, auch die christlicher Eltern," heißt es beim IGFM. Nadarchani, dessen Söhne in den örtlichen Schulen ebenfalls von diesem Unterricht betroffen waren, habe gegen dieses Vorgehen protestiert. Daraufhin hätten ihn die iranischen Justizbehörden festgenommen und im Herbst 2010 wegen Apostasie - Abfall vom Islam - zum Tode verurteilt.
Nadarchani angeblich durch Abstammung "echter Muslim"
In einem Berufungsverfahren wurde das Gericht dazu aufgefordert, zunächst noch zu klären, ob Nadarchani jemals praktizierender Muslim gewesen war. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes könnte das Gericht dies nicht nachweisen. Dennoch sei das Urteil des Obersten Gerichtshofs nicht annulliert worden.
Nach Angaben des "Katholischen Magazin für Kirche und Kultur" verkündete das Gericht vielmehr, Nadarchani sei ein "echter Muslim", da er islamische Vorfahren habe. Somit gelte für Nadarchani das muslimische Recht. Sollte er sich nicht "vom falschen Glauben lossagen", werde er hingerichtet.
Iran bricht durch sein Vorgehen Völkerrecht
Die "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte" zeigte sich bestürzt. "Eine solche Entscheidung ist einem Mitglied der Internationalen Gemeinschaft unwürdig. Dieser klare Bruch internationaler und völkerrechtlich verbindlicher Abkommen darf nicht hingenommen werden", erklärte der geschäftsführende Vorsitzende der IGFM, Karl Hafen.
Die Regierungen mehrerer westlicher Länder - darunter die USA, Großbritannien und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton - forderten den Iran auf, den Konvertiten freizulassen.Das Auswärtige Amt bestellte am Donnerstag den Geschäftsträger der iranischen Botschaft ein. Bei dem Treffen habe die deutsche Seite noch einmal "mit Nachdruck" eine Aufhebung des Todesurteils und die Freilassung Nadarchanis gefordert, teilte das Ministerium mit. Der Iran sei völkerrechtlich verpflichtet, religiöse Minderheiten zu achten und die freie Religionsausübung zu respektieren.
Der Organisation IGFM zufolge hat Nadarchani mit seinem Übertritt zum Christentum und seiner Pastorentätigkeit lediglich sein Recht auf Religionsfreiheit in Anspruch genommen. Der Iran hat den "Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte" unterzeichnet und sich damit verpflichtet, seinen Bürgern das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zuzugestehen.
Glimpflicher Ausgang im Fall von Nadarchanis Frau
Nadarchanis Anwalt zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich, dass sein Mandant womöglich bald frei kommen könnte. Sein Mandant habe zwar die Aussage zu seinem Glauben nicht widerrufen, sagte Anwalt Mohammed Ali Dadchah. Er gehe dennoch davon aus, dass Nadarchani das Gericht mit seinen Argumenten überzeugt habe. Möglicherweise hofft Dadchah, dass die iranischen Behörden wie im Fall der Ehefrau des Pastors vorgehen: Diese war 2010 ebenfalls festgenommen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, kam jedoch später wieder auf freien Fuß.
Daniel Holler von der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM) äußerte hingegen im Interview mit t-online.de, es sei völlig unklar, ob das Todesurteil noch zurückgenommen werde. Daher sei es von enormer Bedeutung, den internationalen Druck auf den Iran zu erhöhen.
Dwight Bashir von der "US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit" (USCIRF) wies gegenüber "Radio Free Europe / Radio Liberty" darauf hin, dass seit über 20 Jahren kein christlicher Pastor mehr wegen Apostasie hingerichtet worden sei. Allerdings scheine sich die Lage im Iran derzeit zuzuspitzen. "Diese Entwicklung muss nun unbedingt ein Ende finden", so Bashir.
Für Christen, die offen zu ihrem Glauben stehen, hat sich die Situation im Iran zuletzt zunehmend verschlechtert. Nach Angaben von "Christian Solidarity International" (CSI), einer christlichen Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit, erleben Christen im Iran "massive Verfolgung und Diskriminierung und werden in allen Belangen des öffentlichen Lebens unerbittlich ausgegrenzt". Es sei ihnen strengstens untersagt, über ihren Glauben öffentlich zu sprechen und ihn zu praktizieren. Nach Angaben von CSI sind Schätzungen zufolge rund 400.000 iranische Bürger Christen, das entspricht einem halben Prozent der Bevölkerung.