Paprika
Jackass of the Week
Alles deutet mittlerweile darauf hin, dass die Türkei längst im Faschismus angekommen ist. Aus ganz Europa und der ganzen Welt, finden sich Autoren, Historiker, Journalisten und andere Intellektuelle Menschen zusammen, die über die gegenwärtige Lage in der Türkei, ihre Sichtweisen und Analysen bezüglich der Geschehnisse in der Türkei ins Feld rücken. Und darum soll es hier auch gehen, um eine konstruktive und ehrliche Diskussion und Auseinandersetzung mit den Geschehnissen in der Türkei. Dabei sollten die jeweiligen innen- und aussenpolitischen Wechselwirkungen, Interessen und geopolitische Zielsetzungen der Türkei mit andern Staaten berücksichtigt werden. Ein Augenmerk auf die Verletzung der Menschenwürde und Menschenrechte sollte viel mehr Beachtung geschenkt werden, als die Beobachtung und Analysen bzw. Deutungen von Militärstrategien.
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[h=1]Die Wiederauferstehung des Faschismus in Erdoğans Türkei[/h] Ein italienischer Beobachter meint, dass sich der türkische Staatschef stark am Herrschaftsmodell Mussolinis orientiert.
01.05.2016 | 18:22 | Burkhard Bischof (Die Presse)
Wie charakterisiert man das Herrschaftsmodell, an dem der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, gerade herumbastelt? Autoritarismus? Gemäßigter Islamismus? Ein zeitgenössischer Aufguss des Osmanischen Reichs? Nein, argumentiert der italienische Soziologe und Publizist Marco D'Eramo in der neuesten Ausgabe der Kulturzeitung „Lettre International“, es ist Faschismus! Und zwar Faschismus nach klassischem Muster: eine autoritäre Bewegung mit diktatorischen Tendenzen, die im Interesse des Großkapitals agiert, aber auch zum Aufbau eines politischen Regimes imstande ist, das von einem breiten Konsens in der Bevölkerung getragen wird. Dabei orientiere sich Erdoğan nicht nur am Wesenskern des Faschismus, sondern übernehme auch die pittoresken, die komischen Elemente des Mussolini-Modells: etwa, dass er sich mit einer Präsidentengarde in Janitscharenuniformen umgibt oder sich einen Palast mit mehr als 1000 Räumen bauen lässt.
Nach einer Phase permanenten Wachstums zwischen 2002 und 2008 und der damit einhergehenden Steigerung des Wohlstands, der Einkommen und der Bildungsmöglichkeiten sieht D'Eramo jetzt dunkle Wolken heraufziehen. Die türkische Mittelschicht, die tragende Kraft für Politik und Wirtschaft, schrumpft seit 2008, die Zuflüsse ausländischen Finanzkapitals versiegen – außer aus Saudiarabien und den Golfstaaten. Die Kurdenfrage hat Erdoğan selbst wieder zu einem blutigen Konflikt gemacht, der Konfessionalismus greift um sich, wie der jüngste Vorstoß des Parlamentspräsidenten, die säkulare Verfassung umzuarbeiten, zeigte. „Die AKP“, schreibt D'Eramo, „mutiert zu einer sektiererischen Partei, die den Staat besetzt und genau dieselbe autoritäre Korruption praktiziert, wie sie für das Militärregime typisch war.“ Das Abdriften der AKP in Autoritarismus und Fundamentalismus aber lasse die Attraktivität des türkischen Modells im Nahen Osten zusehends schwinden.
Fazit: „Ein Faschismus, wie er sich derzeit in der Türkei konsolidiert, verspricht nichts Gutes“, schreibt D'Eramo. Erdoğan fehle im Augenblick eine langfristige Strategie, ein Ziel, ein Plan, der über den Machterhalt um jeden Preis hinausgehe. „Sein Versprechen wirtschaftlichen Wachstums wird gerade drastisch zurechtgestutzt. Seines wichtigsten ,Soft-power‘-Instruments, der Gülen-Bewegung, hat er sich selbst beraubt. Er wird getrieben von einer immer stärkeren religiösen Radikalisierung und einer wachsenden Annäherung an den salafistischen Jihad.“ Keine guten Aussichten also........
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"Erdogan wird sich von Merkels Kritik an der Türkei nicht beeindrucken lassen, da er weiß, dass keine Taten folgen werden. (…) Niemand wird die Türkei auf dem Weg in die Diktatur aufhalten - schon gar nicht Merkel." (Georg Restle, WDR)