"Die Griechen nehmen uns aus wie Weihnachtsgänse"
Die Euro-Krise spitzt sich dramatisch zu. Griechenland ist nicht in der Lage zu sparen. Der Bundestag soll Rettungsmaßnahmen beschließen – und ist dabei überfordert.
Viele Abgeordnete fühlen sich überfahren, zumal die Zweifel an dem bisher eingeschlagenen Weg zur Rettung der Währungsunion größer werden. Denn der Krisenstaat Griechenland spart nicht so stark wie versprochen, seit Ende 2009 hat sich sein Schuldenberg um noch einmal gut 60 Milliarden Euro erhöht.
Bisher lautete das Prinzip: Krisenländer wie Griechenland, Irland und Portugal bekommen von ihren Partnerländern Kredite, müssen sich dafür aber zu umfassenden Sparprogrammen verpflichten, die ihre Staatsverschuldung senken. „Aber Griechenland ist allein durch eine Rosskurs nicht rettbar. Das Land braucht Investitionen in einem Ausmaß, das vergleichbar ist mit dem Aufbau Ost“, sagt Ulrich Blum, der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.
Blum glaubt, dass die Griechen das „selbst nicht schaffen, die bekommen ja nicht einmal ihre Tourismuswirtschaft und ihren Gemüseanbau in den Griff“. Stattdessen müssten ausländische Investoren angelockt werden – durch „die Veräußerung von Staatseigentum bis hin zu ganzen Inseln“.
Die Anstrengungen der Griechen bleiben zudem immer deutlicher hinter dem Notwendigen zurück, in dieser Woche wurden sogar Verhandlungen über eine neue Kredittranche abgebrochen. „Die griechische Regierung rechnet fest damit, dass sie Geld bekommt – egal was sie tut“, sagte ein hochrangiger europäischer Regierungsvertreter am Freitag der „Welt“.
Vor diesem Hintergrund wächst die Zahl der Ökonomen, die für eine härtere Gangart plädieren. „Griechenland sollte auf kaltem Wege aus der Währungsunion ausgeschlossen werden“, sagt der Münsteraner Professor Ulrich van Suntum. „Konkret sollte die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen nicht mehr eins zu eins als Sicherheit akzeptieren, sondern nur noch zu ihrem Marktwert. Solange das nicht passiert, nehmen uns die Griechen aus wie die Weihnachtsgänse.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die schwächer werdende Weltkonjunktur Sparanstrengungen unterminiert.
Am Freitag erst hatten unerwartet schlechte Arbeitsmarktzahlen aus den USA den deutschen Aktienindex Dax um 3,4 Prozent ins Minus gedrückt. Die Welt werde „auf die USA als Konjunkturmotor auf absehbare Zeit verzichten müssen“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Weltbank-Präsident Robert Zoellick warnte am Samstag gar vor einer „neuen Gefahrenzone“ für die globale Wirtschaft.
Wirtschaftsprofessor van Suntum: "Die Griechen nehmen uns aus wie Weihnachtsgänse" - Nachrichten Wirtschaft - WELT ONLINE