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Griechenland will nicht sparen

  • Ersteller Ersteller Kejo
  • Erstellt am Erstellt am
Die vom Bundesverband der Deutschen Industrie propagierte, aber Medienberichten zufolge auch von der EU-Bürokratie und einigen europäischen Staaten und der griechischen Regierung selbst angestrebte Lösung ist, in Griechenland Sonderwirtschaftzonen mit besonderen Regeln einzurichten. Zuletzt setzte sich dafür der sozialdemokratische EU-Parlamentarier und Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, ein.

Die Griechinnen und Griechen befürchten, dass sie in solchen Sonderwirtschaftzonen für 400 Euro monatlich arbeiten werden. Auch Arbeitsschutzgesetze und Gewerkschaftsrechte dürften erheblich eingeschränkt werden. Wie aus Kreisen des Arbeitsministeriums in Athen verlautete, schlage die Troika der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds vor, die Sechs-Tage-Woche wieder einzuführen. Zudem sollen die Arbeitnehmer, wenn der Unternehmer dies als nötig erachtet, bis zu 13 Stunden am Tag arbeiten. Überdies sollen Kündigungsfristen und Abfindungen halbiert werden.

jungle-world.com - Archiv - 39/2012 - Thema - Kurz vor der humanitären Krise

Auf was für Ideen die kommen... 6 Tage-Woche und ackern wie blöde. Ganz toll.
 
jungle-world.com - Archiv - 39/2012 - Interview - Panagiotis Sotiris im Gespräch über die Veränderungen in der griechischen Gesellschaft und die Notwendigkeit des greek exit

Sie haben kürzlich in einem Text den Begriff des »downsizing« verwendet, um die langfristigen politischen und sozialen Transformationen zu beschreiben, die Griechenland derzeit erlebt.

Was gerade in Griechenland passiert, ist nicht nur austerity im neoliberalen Sinne. Es geht nicht nur darum, den Arbeitsmarkt billiger, die Wirtschaft unternehmerfreundlicher zu machen oder mehr zu privatisieren. Griechenland wird am Ende dieses Prozesses ein anderes Land sein. Aber auch Europa wird sich verändern, es wird eine neue Arbeitsteilung in Europa geben zwischen Zentrum und Peripherie. Griechenland wird zu einem Billiglohnland gemacht und immer mehr mit anderen Ländern des Südostens Europas konkurrieren. Ich gebe nur ein Beispiel: Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Landes wird derzeit die Hochschulbildung demontiert. Die Hochschulbildung vor der Krise war in einem guten Zustand, es gab mehr Institute, mehr Positionen für Studenten und für akademisches und wissenschaftliches Personal. Ab jetzt wird das alles nach und nach abgebaut. Das wird zu Verhältnissen führen, die ich als eine »Gesellschaft der reduzierten Erwartungen« beschreibe, eine Gesellschaft, in der es primär darum geht, zu überleben. Das downsizing ist tiefgreifender als eine Schocktherapie.
Den EU-Institutionen geht es nicht um Griechenlands Schulden, also darum, Griechenland wieder in die Lage zu bringen, seine Schulden zu bezahlen, sondern um die Durchsetzung der europäischen economic governance. Es geht dabei um ein strategisches Konzept, das man europäisches nation building nennen könnte. Der Diskurs, der diesen Prozess begleitet, ist nicht nur arrogant, sondern in gewissem Sinne neokolonial: Die Länder aus dem europäischen Norden, insbesondere Deutschland, sehen sich in der Pflicht, den Ländern aus dem Süden zu zeigen oder zu diktieren, wie sie ihre Wirtschaft sanieren sollen, »diese Leute« vor sich selbst zu schützen.
 
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