Grizzly
Problembär
(12.8.)
Heute ist mein letzter Tag in Bihac, morgen Mittag fährt der Bus.
Fahrkarte hab ich - 52€ bis München, der junge Fahrkartenverkäufer war ganz begeistert, dass er "München" richtig geschrieben hat. Mit der Bahn wär's zwar interessanter, aber angesichts der wenigen Resturlaubstage zu langsam.
Ich hab lang geschlafen, schon mal ein bissl gepackt, bin durch den Park geschlendert und hab mich gefragt, welche Durchgeknallten dieses Friedensdenkmal von 1967 so verschandelt haben - waren es die Serben, die Bihac 1992 - 1995 belagert und von den Bergen aus der Umgebung mit Artillerie heruntergeschossen haben, oder waren es die "Eigenenen" die zeitweise einen innerbosnischen Krieg geführt haben (Abdic-Truppen gegen die offizielle bosnische Armee) ? Und hat man die Einschusslöcher belassen, weil kein Geld da ist, oder weil man die Frau so zu einem Anti-Kriegs-Denkmal umfunktionieren will ?
Nachmittags habe ich mich auf eine Wiese an der Una gelegt, hab mich auch mal ins kalte Wasser gelegt, weil es fürs Schwimmen zu flach war. Dass sie ein offizelles Schwimmbad an der Una haben, hab ich erst abends entdeckt, und auf Nachtschwimmen hatte ich keine Lust.
Meine Frau hat mir mitgeteilt, dass heute der Perseidenschwarm, d.h. Sternschnuppen zu sehen sind - sogar in der Oslobodjenje finde ich einen Hinweis darauf. D.h. ich muss bis nach dem völligen Einbruch der Dunkelheit durchhalten und dann noch einen Platz suchen, der dunkel genug ist, um die Sterne zu sehen.
Also schaumermal, was der Abend so bietet.
Im Reiseführer steht, dass das Kino in der Fußgängerzone mangels Nachfrage geschlossen hat. Das stimmt derzeit nicht, sie haben nur ihren verdienten Jahresurlaub. Interresant ist, was man ins Kino nicht mitbringen darf - nicht dass das bei uns erlaubt wäre, aber dass man extra darauf hinweist ...
Kino fällt also flach - wahrscheinlich hätte ich einen Film in der Landessprache eh nicht verstanden, weil dafür reicht's noch nicht. So schlendere ich durch die Straßen und studiere die wie oft in Südeuropa an Hauswänden oder Bäumen angebrachten Todesanzeigen. Anscheinend sind die Anzeigen katholischer Verstorbener schwarz umrandetet und die moslemischer grün.
Hier gibt's erstmal kein Eis, es sei denn, es findet sich ein Nachfolger.
Irgendwann wird's trotzdem dunkel, ich verlasse das Gurman
und begebe mich auf die Wanderung Una-abwärts.
Ich hätte nicht gedacht, dass Bihac eine so gut funktionierende Straßenbeleuchtung hat - das war nicht immer so
http://www.dinnes.net/presse/download/006.Presse.1994-1995.pdf
Jetzt, wenn man mal keine braucht, weil ohne Beleuchtung kann man schlecht Sternschnuppen gucken, erscheint sie mir endlos weit in die Peripherie zu gehen. Schliesslich lande ich an einer kleinen verlassenen Moschee und rufe von dortaus meinen Stammtaxifahrer an. Meinen jetzigen Standort kennt der auch nicht. Da schafft ein junger Mann Abhilfe, der grad vorbei kommt, und dem ich meinen Handy in die Hand drücke mit der Bitte, dem Taxifahrer zu erklären, wo wir hier sind.
In weniger als zehn Minuten ist das Taxi da.
Wir entschliessen uns, zum Kriegsopferfriedhof zu fahren, das ist weiter draussen, und da, so hoffe ich, wird es dunkel genug sein. Aber unmittelbar daneben ist inzwischen auch Neubaugebiet, es sind zwar noch kaum Häuser da, aber bereits eine funktionierende Straßenbeleuchtung ...
Zwischen dem Neubaugebiet und dem Friedhof steht ein großer Rohbau, das soll eine Moschee werden. Die schiirmt mir das Straßenbeleuchtungslicht ab, und ich kann endlich Sternschnuppen gucken. Ein paar sehe ich auch vorbeiflitzen, allein zum Photographieren reicht's nicht. Und dann - ich hab mich vielleicht erschrocken - tönt plötzlich eine Stimme aus der ersten Etage des Rohbaus:
"Was machen Sie hier ?"
Ich erkläre ihm, dass ich Sterne beobachte. Er kommt herunter, will mich in sein Haus einladen. Wenn's nicht schon kurz vor Mitternacht und mein letzter Urlaubstag wäre, würde ich die Einladung gern annehmen. Aber so verweise ich auf das wartende Taxi und verabschiede mich.
(13.8.)
Noch einmal ins Gurman, auch wenn es um 11:30 für's Mittagessen noch ein bissl früh ist. In meinem Reiseführer, hab ich entdeckt, stehen zwei Sätze über dieses Lokal, es soll ein Geheimtipp sein, und nirgendwo in Bihac bekäme man so einen guten bosanski lonac. In der Zeit, in der ich da war, gab's leider keinen, wahrscheinlich waren zu wenig Leute da. Aber ich hab mir im Hotel die Seite aus dem Reiseführer rauskopiert und der Wirtin mitgebracht, die, hellauf begeistert, gleich einen Bilderrahmen holt und die Kopie an die Wand hängt.
Dann ist auch schon Busabfahrzeit. Ich ziehe meinen Rollkoffer über die Fußgängerbrücke zum Busbahnhof, der Bus ist schon da, ein letztes Bier, und ich nehme Abschied von Bihac, für dieses Jahr wenigstens.
Heute ist mein letzter Tag in Bihac, morgen Mittag fährt der Bus.
Fahrkarte hab ich - 52€ bis München, der junge Fahrkartenverkäufer war ganz begeistert, dass er "München" richtig geschrieben hat. Mit der Bahn wär's zwar interessanter, aber angesichts der wenigen Resturlaubstage zu langsam.
Ich hab lang geschlafen, schon mal ein bissl gepackt, bin durch den Park geschlendert und hab mich gefragt, welche Durchgeknallten dieses Friedensdenkmal von 1967 so verschandelt haben - waren es die Serben, die Bihac 1992 - 1995 belagert und von den Bergen aus der Umgebung mit Artillerie heruntergeschossen haben, oder waren es die "Eigenenen" die zeitweise einen innerbosnischen Krieg geführt haben (Abdic-Truppen gegen die offizielle bosnische Armee) ? Und hat man die Einschusslöcher belassen, weil kein Geld da ist, oder weil man die Frau so zu einem Anti-Kriegs-Denkmal umfunktionieren will ?
Nachmittags habe ich mich auf eine Wiese an der Una gelegt, hab mich auch mal ins kalte Wasser gelegt, weil es fürs Schwimmen zu flach war. Dass sie ein offizelles Schwimmbad an der Una haben, hab ich erst abends entdeckt, und auf Nachtschwimmen hatte ich keine Lust.
Meine Frau hat mir mitgeteilt, dass heute der Perseidenschwarm, d.h. Sternschnuppen zu sehen sind - sogar in der Oslobodjenje finde ich einen Hinweis darauf. D.h. ich muss bis nach dem völligen Einbruch der Dunkelheit durchhalten und dann noch einen Platz suchen, der dunkel genug ist, um die Sterne zu sehen.
Also schaumermal, was der Abend so bietet.
Im Reiseführer steht, dass das Kino in der Fußgängerzone mangels Nachfrage geschlossen hat. Das stimmt derzeit nicht, sie haben nur ihren verdienten Jahresurlaub. Interresant ist, was man ins Kino nicht mitbringen darf - nicht dass das bei uns erlaubt wäre, aber dass man extra darauf hinweist ...
Kino fällt also flach - wahrscheinlich hätte ich einen Film in der Landessprache eh nicht verstanden, weil dafür reicht's noch nicht. So schlendere ich durch die Straßen und studiere die wie oft in Südeuropa an Hauswänden oder Bäumen angebrachten Todesanzeigen. Anscheinend sind die Anzeigen katholischer Verstorbener schwarz umrandetet und die moslemischer grün.
Hier gibt's erstmal kein Eis, es sei denn, es findet sich ein Nachfolger.
Irgendwann wird's trotzdem dunkel, ich verlasse das Gurman
und begebe mich auf die Wanderung Una-abwärts.
Ich hätte nicht gedacht, dass Bihac eine so gut funktionierende Straßenbeleuchtung hat - das war nicht immer so
http://www.dinnes.net/presse/download/006.Presse.1994-1995.pdf
Jetzt, wenn man mal keine braucht, weil ohne Beleuchtung kann man schlecht Sternschnuppen gucken, erscheint sie mir endlos weit in die Peripherie zu gehen. Schliesslich lande ich an einer kleinen verlassenen Moschee und rufe von dortaus meinen Stammtaxifahrer an. Meinen jetzigen Standort kennt der auch nicht. Da schafft ein junger Mann Abhilfe, der grad vorbei kommt, und dem ich meinen Handy in die Hand drücke mit der Bitte, dem Taxifahrer zu erklären, wo wir hier sind.
In weniger als zehn Minuten ist das Taxi da.
Wir entschliessen uns, zum Kriegsopferfriedhof zu fahren, das ist weiter draussen, und da, so hoffe ich, wird es dunkel genug sein. Aber unmittelbar daneben ist inzwischen auch Neubaugebiet, es sind zwar noch kaum Häuser da, aber bereits eine funktionierende Straßenbeleuchtung ...
Zwischen dem Neubaugebiet und dem Friedhof steht ein großer Rohbau, das soll eine Moschee werden. Die schiirmt mir das Straßenbeleuchtungslicht ab, und ich kann endlich Sternschnuppen gucken. Ein paar sehe ich auch vorbeiflitzen, allein zum Photographieren reicht's nicht. Und dann - ich hab mich vielleicht erschrocken - tönt plötzlich eine Stimme aus der ersten Etage des Rohbaus:
"Was machen Sie hier ?"
Ich erkläre ihm, dass ich Sterne beobachte. Er kommt herunter, will mich in sein Haus einladen. Wenn's nicht schon kurz vor Mitternacht und mein letzter Urlaubstag wäre, würde ich die Einladung gern annehmen. Aber so verweise ich auf das wartende Taxi und verabschiede mich.
(13.8.)
Noch einmal ins Gurman, auch wenn es um 11:30 für's Mittagessen noch ein bissl früh ist. In meinem Reiseführer, hab ich entdeckt, stehen zwei Sätze über dieses Lokal, es soll ein Geheimtipp sein, und nirgendwo in Bihac bekäme man so einen guten bosanski lonac. In der Zeit, in der ich da war, gab's leider keinen, wahrscheinlich waren zu wenig Leute da. Aber ich hab mir im Hotel die Seite aus dem Reiseführer rauskopiert und der Wirtin mitgebracht, die, hellauf begeistert, gleich einen Bilderrahmen holt und die Kopie an die Wand hängt.
Dann ist auch schon Busabfahrzeit. Ich ziehe meinen Rollkoffer über die Fußgängerbrücke zum Busbahnhof, der Bus ist schon da, ein letztes Bier, und ich nehme Abschied von Bihac, für dieses Jahr wenigstens.