Israel: Einsatz von weißem Phosphor eindeutig Kriegsverbrechen
Willkürliche Angriffe verursachten unnötiges Leid in der Zivilbevölkerung
(Jerusalem) – Der wiederholte Einsatz von Granaten mit weißem Phosphor in Gazas dicht besiedelten Gebieten während der jüngsten israelischen Offensive war willkürlich und stellt eindeutig ein Kriegsverbrechen dar, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.
Jede dieser Granaten streut 116 brennende Keile aus weißem Phosphor in einem Umkreis von bis zu 125 Metern vom Ort der Detonation entfernt. Weißer Phosphor entzündet sich durch den Kontakt mit Sauerstoff und brennt bei Temperaturen von bis zu 816 Grad Celsius solange weiter, bis entweder nichts mehr übrig ist oder die Sauerstoffzufuhr unterbunden wird. Weißer Phosphor führt bei Hautkontakt zu schwersten Verbrennungen.
Der ordnungsgemäße Einsatz von Phosphorwaffen in offenem Gelände ist erlaubt. Der Human Rights Watch-Bericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass die israelischen Streitkräfte wiederholt Phosphor-Granaten rechtswidrig über Wohngegenden detonieren ließen. Dabei sind Zivilisten getötet und verwundet sowie zivile Einrichtungen, darunter eine Schule, ein Markt, eine Lagerhalle der humanitären Hilfe und ein Krankenhaus, zerstört worden.
Die israelischen Streitkräfte wussten, dass weißer Phosphor eine lebensbedrohliche Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellt. In einem medizinischen Bericht, den das israelische Gesundheitsministerium während der jüngsten Kampfhandlungen vorbereitet hat, heißt es, dass weißer Phosphor „zu ernsthaften Verletzungen und zum Tod führen kann, wenn er mit Haut in Kontakt kommt, inhaliert oder geschluckt wird.“ Verbrennungen von bereits weniger als zehn Prozent des Körpers können tödlich sein, da sie zur Schädigung von Leber, Nieren und Herz führen, so der Bericht des Ministeriums. Häufig kommt es zu Infektionen, die chemische Substanz kann zu einer ernsthaften Schädigung der inneren Organe und zum Tod führen.
Um die hohe Zahl ziviler Opfer in Gaza zu rechtfertigen, machten israelische Regierungsvertreter immer wieder die Hamas verantwortlich, die Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ benutze und von zivilen Orten aus Angriffe unternehme. Die im vorliegenden Bericht dokumentierten Fälle lieferten jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Hamas zum Zeitpunkt der Angriffe Menschen als Schutzschilde benutzt hätte. In einigen Gebieten waren offensichtlich palästinensische Kämpfer anwesend, dies rechtfertigt jedoch nicht den willkürlichen Einsatz von weißem Phosphor in besiedelten Gebieten.
Das Kriegsrecht verpflichtet Staaten zu einer unabhängigen Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen. Aufgrund der vorhandenen Indizien soll Israel Ermittlungen einleiten und, soweit erforderlich, diejenigen strafrechtlich verfolgen, die die rechtswidrigen Angriffe unter Einsatz von weißem Phosphor angeordnet oder ausgeführt haben, so Human Rights Watch.
Auch die Regierung der Vereinigten Staaten, die Israel mit Phosphorwaffen beliefert hat, soll Ermittlungen einleiten, um zu entscheiden, ob der Einsatz dieser Waffen gegen das Kriegsrecht verstoße.
Israel: Einsatz von weißem Phosphor eindeutig Kriegsverbrechen | Human Rights Watch