G
Gelöschtes Mitglied 33246
Guest
Hallo zusammen,
was ist das denn für ein komischer Titel? Ich weiss, mir ist aber tatsächlich kein Besserer eingefallen. Folgende Situation (vereinfacht und leicht abgeändert, aber in Anlehnung an den Fall "Masterpiece Cakeshop v. Colorado Civil Rights Commission"):
Eine Konditorei bietet individuell hergestellte Hochzeitstorten für heiratende Paare an. Eines Tages kommen zwei Männer in den Shop und wollen die Bestellung für eine solche Torte aufgeben. Als der Konditor feststellt, dass es sich um ein schwules Pärchen handelt, teilt er ihnen mit, dass er aufgrund seiner Religion leider keine Torten für gleichgeschlechtliche Ehepaare anbieten könne. Die beiden Herren wenden sich im Anschluss an eine Kommission, die zur Überprüfung von Grundrechtsverletzungen zuständig ist, wobei angefügt werden muss, dass Grundrechte (oder Bürgerrechte) in vielen Staaten der USA nicht nur zwischen Staat und Bürger wirken (was in Europa die Regel ist), sondern auch Private unmittelbar für derlei Verletzungen verantwortlich gemacht werden können oder ihnen allenfalls eine Schutzpflicht zukommt.
Nach einigen völlig erfolglosen Vermittlungsversuchen genannter Kommission wurde die Konditorei verklagt. Die Kläger erhielten in den ersten beiden Instanzen Recht; indem sich der Konditor geweigert habe, ihnen eine Hochzeitstorte zur Verfügung zu stellen, weil sie schwul sind, habe er entsprechende Diskriminierungsverbote verletzt. Das Urteil hatte mithin aber auch einen vollstreckbaren Teil: die Torte ist zu backen, andernfalls die Lizenz für den Betrieb des Konditorei entzogen werde.
Der Beklagte zog den Fall an den Supreme Court, welcher wiederum entschied, dass die Vorinstanzen diverse Rechte des Beklagten, darunter die Religions- und Gewissensfreiheit, die Meinungsäusserungsfreiheit und seine Vertragsfreiheit (u.a. das Recht, mit anderen Privaten Verträge schliessen zu können, es aber nicht zu müssen) verletzt haben.
Auch wenn wir in Kontinentaleuropa eine etwas andere Rechtstradition haben, bitte ich euch, diese Fragen zu beantworten und, wenn möglich, zu begründen:
1. Hat das Oberste Gericht richtig entschieden?
2. Soll der Staat Private (also euch) dazu zwingen können, mit anderen Personen Verträge (vorliegend ein Werk- oder Kaufvertrag über eine Torte) einzugehen?*
3. Falls ihr die zweite Frage mit "ja" beantwortet habt: was, wenn ein an historischer Kunst Interessierter einen zufällig jüdischen Bildhauer damit beauftragen will, ihm ein bestimmtes Hakenkreuz nachzubilden?
*Eine begrenzte Kontrahierungspflicht besteht auch in Europa, in der Regel betrifft diese aber grössere Unternehmen, die essentielle Dienstleistungen oder Produkte anbieten (z. B. einen Lebensmittelhändler) und diesbezüglich eine örtliche Monopolstellung innehaben. Eine Weigerung der Vertragsschliessung würde für die anderen Person damit erhebliche Nachteile nach sich ziehen (indem sich der einzige Rewe in einem abgeschiedenen Dorf weigert, einer bestimmten Person Brot zu verkaufen).
was ist das denn für ein komischer Titel? Ich weiss, mir ist aber tatsächlich kein Besserer eingefallen. Folgende Situation (vereinfacht und leicht abgeändert, aber in Anlehnung an den Fall "Masterpiece Cakeshop v. Colorado Civil Rights Commission"):
Eine Konditorei bietet individuell hergestellte Hochzeitstorten für heiratende Paare an. Eines Tages kommen zwei Männer in den Shop und wollen die Bestellung für eine solche Torte aufgeben. Als der Konditor feststellt, dass es sich um ein schwules Pärchen handelt, teilt er ihnen mit, dass er aufgrund seiner Religion leider keine Torten für gleichgeschlechtliche Ehepaare anbieten könne. Die beiden Herren wenden sich im Anschluss an eine Kommission, die zur Überprüfung von Grundrechtsverletzungen zuständig ist, wobei angefügt werden muss, dass Grundrechte (oder Bürgerrechte) in vielen Staaten der USA nicht nur zwischen Staat und Bürger wirken (was in Europa die Regel ist), sondern auch Private unmittelbar für derlei Verletzungen verantwortlich gemacht werden können oder ihnen allenfalls eine Schutzpflicht zukommt.
Nach einigen völlig erfolglosen Vermittlungsversuchen genannter Kommission wurde die Konditorei verklagt. Die Kläger erhielten in den ersten beiden Instanzen Recht; indem sich der Konditor geweigert habe, ihnen eine Hochzeitstorte zur Verfügung zu stellen, weil sie schwul sind, habe er entsprechende Diskriminierungsverbote verletzt. Das Urteil hatte mithin aber auch einen vollstreckbaren Teil: die Torte ist zu backen, andernfalls die Lizenz für den Betrieb des Konditorei entzogen werde.
Der Beklagte zog den Fall an den Supreme Court, welcher wiederum entschied, dass die Vorinstanzen diverse Rechte des Beklagten, darunter die Religions- und Gewissensfreiheit, die Meinungsäusserungsfreiheit und seine Vertragsfreiheit (u.a. das Recht, mit anderen Privaten Verträge schliessen zu können, es aber nicht zu müssen) verletzt haben.
Auch wenn wir in Kontinentaleuropa eine etwas andere Rechtstradition haben, bitte ich euch, diese Fragen zu beantworten und, wenn möglich, zu begründen:
1. Hat das Oberste Gericht richtig entschieden?
2. Soll der Staat Private (also euch) dazu zwingen können, mit anderen Personen Verträge (vorliegend ein Werk- oder Kaufvertrag über eine Torte) einzugehen?*
3. Falls ihr die zweite Frage mit "ja" beantwortet habt: was, wenn ein an historischer Kunst Interessierter einen zufällig jüdischen Bildhauer damit beauftragen will, ihm ein bestimmtes Hakenkreuz nachzubilden?
*Eine begrenzte Kontrahierungspflicht besteht auch in Europa, in der Regel betrifft diese aber grössere Unternehmen, die essentielle Dienstleistungen oder Produkte anbieten (z. B. einen Lebensmittelhändler) und diesbezüglich eine örtliche Monopolstellung innehaben. Eine Weigerung der Vertragsschliessung würde für die anderen Person damit erhebliche Nachteile nach sich ziehen (indem sich der einzige Rewe in einem abgeschiedenen Dorf weigert, einer bestimmten Person Brot zu verkaufen).