Krasniqi vs. Banks – Ein “WM-Ausscheidungskampf” von Klitschkos Gnaden
DIE EBBY THUST KOLUMNE
Ich musste wirklich zweimal hinschauen, als ich das erst Mal die Pressemitteilung: „Luan Krasniqi boxt WM-Ausscheidung gegen Jonathan Banks“ gelesen habe. Inzwischen bin ich seit über 45 Jahren beruflich im internationalen Boxgeschäft involviert und glaube auch, dass ich mich ganz gut mit den jeweiligen Statuten der großen Boxverbände, den aktuellen Weltranglisten und diversen Kampfergebnissen auskenne.
So ist mir auch bekannt, dass Luan Krasniqi am 15. November 2008 (!), also vor über zwei Jahren, im Kampf gegen Alexander Dimitrenko, letztmals im Ring stand und dass Luan zu dem diesen Kampf auch noch durch ko in der dritten Runde verloren hat. Auch seinen vorletzten Kampf gegen Tony Thompson, im Juli 2007, hat Krasniqi ebenfalls durch ko verloren. Weiterhin weiß ich, dass ein Boxer der über ein Jahr inaktiv ist, sowohl in den Ranglisten aller Weltverbände nicht mehr gerankt, als auch bei der wohl objektivsten Rangliste von
BoxRec Boxing Records überhaupt nicht mehr berücksichtigt wird. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass Luan Krasniqi weder in der Weltrangliste von WBC, WBA, IBF oder WBO und auch nicht bei boxrec berücksichtigt wird. Nun stellt sich die Frage: Wer ordnet denn einen „WM-Ausscheidungskampf“ überhaupt an und wer sanktioniert ihn“? Doch nur die jeweiligen Weltboxverbände. Aber die Vorraussetzung, dass einer der vier großen Weltverbände einen WM-Ausscheidungskampf bestimmt, ist, dass die beiden Kontrahenten die hierfür nominiert werden, im Normalfall an Nr. 1 und Nr. 2 der Rangliste stehen – siehe den Ausscheidungskampf Ray Austin (WBC Nr. 1) vs. Odlanier Solis (WBC Nr. 2), der von der WBC angeordnet wurde und der morgen Nacht, am 17. Dezember in Miami stattfindet – oder aber mindestens unter den Top Five der jeweiligen Weltverbands-Weltrangliste geführt werden müssen. Da aber Luan Krasniqi derzeit in keiner Rangliste der Welt unter den Top 50 platziert ist, kann auch kein Weltverband ihn für einen WM-Ausscheidungskampf nominieren. Zudem sind die beiden ko-Niederlagen in seinen letzten beiden Kämpfen, sicherlich keine Empfehlung für einen WM-Ausscheidungskampf.
Die Frage, ob denn der vorgesehene Gegner von Luan Krasniqi, Jonathan Banks, wenigstens für einen WM-Ausscheidungskampf qualifiziert ist, muss ebenfalls mit einem klaren Nein beantwortet werden. Jonathan Banks ist im Februar letzten Jahres, noch im Cruisergewicht boxend, gegen Tomasz Adamek schwer ko gegangen (siehe Foto unten rechts). Danach startete er im Schwergewicht. So kämpfte Banks, meist im Rahmenprogramm der Klitschkos. Seinen ersten Schwergewichtskampf bestritt er gegen Paul Butli, die Nr. 240 der boxrec-Rangliste, einen Boxer der die letzten neun Kämpfe am Stück verloren hat. Übrigens hat dieser Paul Butli schon vor drei Jahren als Aufbaugegner gegen Sebastian Köber verloren (!). Dann boxte Banks vor einem Jahr in Bern, im Rahmen von Klitschko vs. Johnson, gegen den Deutschen Marcel Zeller, die aktuelle Nr. 417 der Rangliste. In Deutschland sah man Banks dann letztmals im September dieses Jahres, in der Commerzbank-Arena in Frankfurt, wiederum im Rahmen einer Klitschko-Veranstaltung; hier boxte er gegen den 40jährigen Saul Monatna, die Nr. 200 der Rangliste: Übrigens derselbe Saul Montana, den schon unser Deutscher Torsten May, vor fast 16 Jahren (!) in der Düsseldorfer Philipshalle verprügelt hat. Und dann steht dieser Jonathan Banks auf einmal auf Ranglistenplatz 7 bei der WBC. Da muss man sich nun wirklich fragen ob hier die Klitschkos nicht ein gutes Wort bei der Ranglistenkommission,eingelegt haben. Man sollte auch wissen, eingelegt haben. Man sollte auch wissen, dass Jonathan Banks von den Klitschkos gemanagt wird und dass er, seit Jahren, der treue Sparringspartner von Wladimir Klitschko ist. Aber jetzt stellt sich doch die Frage: Wer hat denn nun dem Kampf zwischen Luan Krasniqi vs. Jonathan Banks, der am 26. Februar in der Ludwigsburger Arena stattfindet, überhaupt das Prädikat „WM-Ausscheidungskampf“ verliehen, wenn es nicht einer der Weltverbände war? Wohl die Klitschkos selbst, wer sonst? Das ist dann wohl einmalig in der Geschichte des Boxsports, dass ein (oder auch zwei) Boxer, selbst zwei Kontrahenten für einen WM-Ausscheidungskampf nominieren. Dass der jeweilige Weltverband um dessen Titel dann letztendlich geboxt wird, seinen Segen zu diesem WM-Kampf gibt, ist so gut wie sicher, denn die Verbände verdienen gerade mit den beiden Klitschko-Brüdern das meiste Geld.
Trotzdem freue ich mich einerseits für Luan Krasniqi, der menschlich und sportlich ein Super-Typ ist, dass er noch mal solch eine Chance bekommt. Dass Luan die Qualität für einen WM-Fight hat, hat er schon gegen Lamon Brewster bewiesen. Hier führet er bis zur 9.Runde nach Punkten, bevor ihm ein ko-Schlag die WM-Träume zerplatzen ließ. Gegen Brewster hätte er auch Weltmeister werden können – aber gegen die Klitschkos? Auch die ko-Niederlage gegen Alexander Dimitrenko war sicher unglücklich. Ich glaube sogar, dass Luan Banks locker besiegen wird. Aber dann gegen einen der Klitschkos – muss er sich dass denn antun? Braucht er denn unbedingt Geld oder ist es die Sucht nach Ruhm? Bis der Klitschko Kampf ansteht, ist Krasniqi 40 Jahre alt. Hat Luan denn nicht gesehen wie Shannon Briggs nach seinem letzten Kampf gegen Vitali Klitschko ausgesehen hat oder wie Wladimir Klitschko seine Gegner konstant ko schlägt. „Aber ich habe doch Wladimir als Amateur nach Punkten besiegt“, wird Luan nun wohl sagen. Mir ist das bekannt, aber das liegt 15 Jahre zurück und Wladimir ist sicherlich in dieser Zeit nicht schlechter geworden. Das große Geld beim Unternehmen Aktion WM-Ausscheidung verdienen sicherlich die Klitschkos und nicht Luan Krasniqi. Denn die Klitschkos haben den TV-Deal mit RTL und ganz sicher werden auch die Klitschkos diesen Kampf promoten und das TV-Geld kassieren. Und bei der darauf folgenden Weltmeisterschaft gibt es keine Versteigerung, wie sonst nach einer offiziellen WM-Ausscheidung, sondern hier bestimmen alleine die Klitschkos die Börse des Gegners.
Aber es gibt noch eine weitere Sonderheit bei diesem Spektakel, was mir zu denken gibt: Warum hört man, von den sonst so kritischen und objektiven Sportjournalisten, in den Medien, kein Wort der Kritik? Oder hat man gar Angst, bei zuviel Kritik, bei künftigen Klitschko Events keine Pressekarte mehr zu bekommen? Wie kann man es einfach hinnehmen, dass ein fast 40jähriger Boxer, der in seinen beiden letzten Kämpfen, zudem noch schwer ko ging und seit über zwei Jahre inaktiv ist und ein zweitklassiger, hochgefressener Cruisergewichtler, der bisher fast nur drittklassige Gegner geboxt hat, um eine von den Klitschkos sanktionierte WM-Ausscheidung boxen? Erinnert sich den Niemand mehr an die Aussage der beiden Brüder, dass sie nur die Besten boxen wollten? Wird denn Krasniqi oder erst recht Banks, diesem Anspruch gerecht?
Übrigens verleiht das weltweit bekannteste und objektivste Ranglistenportal boxrec.com diesem Kampf nur 2 von 5 möglichen Sternen. Das ist weniger als mancher Rahmenkampf in einer Kleinringveranstaltung.
Krasniqi vs. Banks – Ein “WM-Ausscheidungskampf” von Klitschkos Gnaden