Möglicherweise muss ich ein paar Dinge anders formulieren.
Ich habe nie von vergessen geredet! Ich schrieb von ungerechtfertigten Forderungen und Ansprüchen. Man kann nicht dauerhaft ein ganzes Volk pauschal für Verbrechen einer Gruppe von Menschen verantwortlich machen. Ich habe auch geschrieben, dass es in der Verantwortung nachfolgender Generationen ist, vergangene Fehler nicht mehr zu wiederholen.
Ist es so, dass damals ALLE Türken am Völkermord ALLER Griechen beteiligt waren? Dann kann man ALLE Türken dafür verurteilen! Wenn jetzt einzelne Personen diese unseligen Rülpser ("wir haben euch schwimmen geschickt etc...) von sich lassen, dann sind diese Personen zu verurteilen und zu bestrafen. Wenn es Viele sind, dann sind eben Viele zu verurteilen. Aber doch nicht das ganze Volk! Jedes einzelne Volk in Europa hat in seiner Geschichte irgendwelche dunklen Flecken. heißt das, dass jetzt jedes Volk jedem Anderen sein Sündenregister vorliest und sich jeder mit jedem verfeindet?
So kann das doch nicht funktionieren. Sollen Feindschaften bis zum Ende der Menschheit weiter bestehen? Soll jedes Unrecht aus der Vergangenheit gegen anderes Unrecht aus der Vorvergangenheit aufgewogen werden?
Ich spreche auch Sonne nicht das Diskussionsrecht ab. Das einzige, was mich stört, ist, dass nicht zu erkennen ist, welche Lehren er und alle Anderen aus dieser Diskussion ziehen. Das ist aber das EINZIGE was mich interessiert, und was meiner Meinung nach das Ziel dieser Diskussion sein soll.
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Wenn jemand das Licht der Welt erblickt, dann kann er vorerst einmal nichts für das Umfeld, in welches er hinein geboren wurde. Als Kind bis zu einem bestimmten Alter (kontinental unterschiedlich) kann er an diesem Umfeld nichts ändern. Als Neugeborener wirst du auch nicht gefragt, ob du das "Erbe" annehmen willst. Wie auch immer dieses Umfeld ist - ALLES hat seinen Preis! Bezahlt er diesen Preis nicht, wird er früher oder später scheitern.
In den Industrieländern ist der Preis für materiellen Wohlstand und soziale Sicherheit extrem hoch. In vielen Ländern übersteigt die Gesamtsteuer- und Abgabenbelastung deutlich die 50% Marke. Mit anderen Worten: Die hälfte des Arbeitslebens arbeitet man für die "Allgemeinheit", den Staat. Der bei weitem überwiegende Anteil der Bevölkerung steht unter Lohn eines Arbeitgebers. Dies schränkt natürlich die Freiheit ein. Regulierungen und Gesetze bestimmen jeden Schritt und jeden Handgriff des Lebens. Die Überwachung des täglichen Lebens nimmt erschreckende Dimensionen an.
Wir können nichts dafür, daß uns unsere Vorgängergeneration Schuldenberge in nie gekannter Höhe überlassen haben. Sollen wir deshalb pauschal alle unsere Väter und Mütter dafür verurteilen und sie aus ihren Wohnungen und Seniorenheimen werfen, mit dem Argument: Ihr habt eure Leistung schon verbraucht. Ihr habt sogar das Konto schon weit überzogen. Ich muss das jetzt zurückzahlen. Daher bleibt für mich nur mehr eine 30 m² Mietwohnung Ich werde euch das NIE vergessen! die 80er-Generation hat mich in die Lage gebracht! Wollen wir das? Hat schon jemand von einem reiselustigen und rüstigen Pensionisten gehört: "Es tut mir leid, dass wir unser ganzes Leben gut, oft sogar zu gut gelebt haben. Aber Danke, dass ihr jetzt unser überzogenes Konto ausgleicht."
Hat diese Sorgen ein Buschmann in der Kalahari? Nein aber er bezahlt einen anderen Preis. Wohl keinen geringeren. Nämlich den täglichen Kampf um Essen, Gesundheit, Wasser usw. - sprich ums nackte überleben. Auch er konnte sich das nicht aussuchen. Auch er ist dafür nicht verantwortlich! Macht er seiner Mutter lebenslang den Vorwurf, warum sie ihn dort hinein geboren hat?
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Ist es so, dass damals ALLE Türken am Völkermord ALLER Griechen beteiligt waren? Dann kann man ALLE Türken dafür verurteilen! ."
Es ist vollkommen unerheblich ob alle, manche oder nur einer beteiligt war. Wenn die Armee (oder ein Teil dieser Armee) eines vom Volk legitimierten Staates oder seine Gruender irgendeinen Voelkermord begangen haben, bewusst gefoerdert haben (...), dann ist dieser unter Strafe zu stellen.
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Wenn jetzt einzelne Personen diese unseligen Rülpser ("wir haben euch schwimmen geschickt etc...) von sich lassen, dann sind diese Personen zu verurteilen und zu bestrafen"
Aeh - nein. Sie sind nicht zu bestrafen. Zu
bestrafen sind die Moerder (und nur die).
Wenn sich jetzt die Nachfahren (oder ein wesentlicher Teil - denn (so sind zumindest meine Erfahrungen) es sind (in der Diaspora) nicht wenige die es eigentlich erfreut hat) daran aufgeilen/den Voelkermord gutheissen, ist dies zwar keine Straftat (und daher auch nicht zu "strafen"), heisst aber, dass sie (in dieser Hinsicht) bis heute vertrauensunwuerdig sind.
"So kann das doch nicht funktionieren.
Sollen Feindschaften bis zum Ende der Menschheit weiter bestehen? Soll jedes Unrecht aus der Vergangenheit gegen anderes Unrecht aus der Vorvergangenheit aufgewogen werden?"
Solange das Unrecht nicht vergessen, oder (zumindest teilweise) berichtigt wurde, solange wird auch die Feindschaft nie wirklich verschwinden, und bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder aufflammen.
"Ich spreche auch Sonne nicht das Diskussionsrecht ab. Das einzige, was mich stört, ist, dass nicht zu erkennen ist, welche Lehren er und alle Anderen aus dieser Diskussion ziehen. Das ist aber das EINZIGE was mich interessiert, und was meiner Meinung nach das Ziel dieser Diskussion sein soll."
Welche Lehre jemand daraus zieht, bleibt einem jeden selbst ueberlassen. Meine ist, dass unvollstaendiger Voelkermord wie Chili-essen ist - es brennt immer 2mal, wenn man Pech hat.
Davon ab, dass sich die Tuerkei (meine Erachten) mit der Vertreibung der West-Kleinasiaten ins eigene Bein geschossen - und den (heutigen) griechischen Staat gestaerkt hat.
(Sie haben die eigentlich sehr anpassungsfaehigen und unternehmerisch aktiven Ponten und Kleinasiaten weggeschickt und durch Verbrechen gegen sich aufgebracht,, dafuer aber die muslimischen Kurden, und die Juden, die sie bis heute nicht assimilieren konnten, im Land behalten. Entspricht einem Eigentor mit Foul...).
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Als Neugeborener wirst du auch nicht gefragt, ob du das "Erbe" annehmen willst."
Unerheblich. Solange du aus dem Staat deinen Nutzen ziehst, solange gehoert dir das komplette Paket. Wer jetzt daran "Schuld" sein mag, dass es Nachteile gibt, oder wer weniger/zu wenig/nichts positives zum Staat/Erbe beigetragen hat ist auch unerheblich. Du kannst das Gesamtpaket nur annehmen (und haftest damit voll fuer den Staat (will heissen - auch fuer Mitmenschen/vorherige Generation)) oder es (wann immer du willst) komplett ablehnen (und haftest ab da, nicht mehr fuer den Staat).
Nicht mehr, nicht weniger.
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In den Industrieländern ist der Preis für materiellen Wohlstand und soziale Sicherheit extrem hoch. In vielen Ländern übersteigt die Gesamtsteuer- und Abgabenbelastung deutlich die 50% Marke. Mit anderen Worten: Die hälfte des Arbeitslebens arbeitet man für die "Allgemeinheit", den Staat."
Ich habe noch nie so herzlich gelacht. 50% von 40.000Bruto im Jahr, sind immernoch weniger als 10% 1000.
Hinzu kommt, dass wir hier noch ueber ein allen zugaengliches Bildungs - und Gesundtheitssystem, ausgebaute Infrastruktur, gute Chancen auf einen (vergleichsweise gesunden) Job mit anstaendiger Versicherung, einen Sozialstaat mit Grundsicherung, Kindergaerten, (...) ich koennte ewig weitermachen, aber ich denke du weisst, worauf ich hinauswill.
Wenn du jetzt mal nach Rumaenien, nach Aegypten, Eritrea oder China faehrst, merkst du schnell, dass wir NICHT alle dieselben Lebensbedingungen/gleichwertige Startvorraussetzungen haben.
Mag ungerecht sein, ist aber so.
Das fuehrt jetzt allerdings etwas vom Thema weg...
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Wir können nichts dafür, daß uns unsere Vorgängergeneration Schuldenberge in nie gekannter Höhe überlassen haben."
Das ist unerheblich. Ich kann auch nicht dafuer, dass die Kokosnuss eine Schale hat. Will ich jedoch Kokoscreme essen, muss ich diese aus der ganzen Nuss herstellen und daher auch erstmal mit der Schale leben.
"Sollen wir deshalb pauschal alle unsere Väter und Mütter dafür verurteilen"
Aehhh nein. Um die gehts gar nicht. Wenn wir hier leben, haften wir auch fuer unsere Vorgaenger. Nichts anderes.
"und sie aus ihren Wohnungen und Seniorenheimen werfen, mit dem Argument: Ihr habt eure Leistung schon verbraucht. Ihr habt sogar das Konto schon weit überzogen. Ich muss das jetzt zurückzahlen."
Das ist ein anderer (unausgesprochener
) Vertrag, der da lautet: Wir fuettern die vorherige (nicht mehr Wert schaffende) Generation durch, unabhaengig von deren "erbrachter Gesamtleistung" und abhaengig von dem, was wir im Moment verdienen/produzieren, damit auch wir von der naechsten Generation (abhaengig von dem was diese verdient/produziert) durchgefuettert werden, sobald wir nicht mehr Wert schaffen.
"Hat diese Sorgen ein Buschmann in der Kalahari?".
Dieselben. Wenn er nicht mehr faehig ist, sich zu versorgen/hinreichend zur Versorgung beizutragen, ist er auf die Versorgung durch die vorherige Generation angewiesen. Und auch er erbt das, was seine Vorgaenger ihm hinterlassen haben (in den meisten Faellen nicht viel).
Er kann sich von dem was er erbt ja auch nicht die Rosinen rauspicken a la: "Unzerstoerte Umwelt, naturverbundene Lebensweise und Freiheit find ich toll, - schlechte Gesundheitliche Versorgung, mangelnde Bildung und geringe Lebenserwartung finde ich weniger toll - das will ich nicht, das nehm ich nicht an."
Der bekommt auch das komplette Paket, solange wie er dort lebt und von den Vorteilen profitiert. Zieht er weg, verschwinden neben den Vorteilen natuerlich auch die Nachteile.
Ich wuesste nicht, warum wir jetzt davon ausgenommen sein sollten. Sind wir etwas Besseres?