Zehntausende Mazedonier fordern Regierungsrücktritt
In einer der bisher größten Demonstrationen des Landes forderten Zehntausende Madezonier den Rücktritt ihrer Regierung.
Die redete die Proteste klein und ließ via Medien einen "Misserfolg" verkünden.
Wie viele Mazedonier tatsächlich gegen ihre Regierung auf die Straße gegangen sind, ist unklar.
Beobachter schätzen die Menge auf 20.000 bis 40.000 Menschen
Zehntausende Menschen haben in der mazedonischen Hauptstadt Skopje für den Rücktritt der Regierung demonstriert. Sie warfen dem seit 2006 zunehmend autoritär regierenden Ministerpräsidenten Nikola Gruevski am Sonntag vor, tief in Korruption und Kriminalität verstrickt zu sein. "Tschüss Nikola", "Rücktritt" und "Freiheit" war auf Transparenten zu lesen.
Die mehrheitlich unter Regierungseinfluss stehenden Medien haben die Massendemonstration dagegen kleingeredet. Der Protest sei ein "Misserfolg" und "absolutes Fiasko" gewesen, berichtete die Zeitung "Vecer". Dazu wurden Fotos mit nur wenigen Demonstranten gezeigt, die eine Pleite belegen sollten. Allerdings waren diese Bilder vor Beginn des Protestes aufgenommen worden.
Die Demonstranten hielten Plakate mit dem amtierenden Regierungschef Nikola Gruevski hoch. Am liebsten würden ihn viele hinter Gittern sehen
Die aus dem ganzen Land trotz vieler von der Regierung veranlasster Blockaden angereisten Bürger trugen mit einer dicken roten Linie durchgestrichene Gruevski-Porträts. "Entweder Gruevski oder
Mazedonien", beschrieben Redner die Problemlage. Schon am frühen Morgen zogen die Protestierenden in kilometerlangen Schlangen ins Zentrum. Sie wurden von der Opposition, Studenten- und Schülerverbänden sowie großen Teilen der Zivilgesellschaft angeführt.
Opposition boykottiert seit einem Jahr
Während viele Medien unter Regierungskontrolle den Protest kleinschrieben, lobten die wenigen unabhängigen Stimmen den gemeinsamen Protest aller Nationalitäten in diesem Balkanland. "Mazedonier, Albaner, Türken, Roma – alle sind vereint mit dem Ziel des
Regierungsrücktritts", schrieb das
Portal "Libertas".
Während einige kritische Internetmedien immer wieder blockiert waren, berichteten viele Teilnehmer über die sozialen Netzwerke. "Die Informationsblockade ist gebrochen", freuten die sich.
Foto: REUTERS Der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, Zoran Zaev, in den Zehntausende Mazedonier nun große Hoffnungen setzen
Der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, Zoran Zaev, wirft Gruevski vor, hinter der Geheimdienstoperation zu stehen, bei der die
Telefone von 20.000 Bürgern illegal angezapft worden seien. Der Ministerpräsident bestreitet das. Unter den Abgehörten sollen Polizeibeamte, Richter, Geistliche und ausländische Diplomaten sein.
Zaev sagte, er habe seine Informationen von Patrioten des Inlandsgeheimdienstes erhalten. Unter anderem sei es um Korruption in der Regierungsspitze, wirtschaftliches Fehlverhalten und falsche Anschuldigungen gegen Oppositionelle gegangen.
Zudem setze die Regierung Journalisten und die Justiz unter Druck, drangsaliere Kritiker und lasse sie zum Teil umbringen.
Gruevski hatte am Vortag erneut einen Rücktritt kategorisch ausgeschlossen. Auch die von Opposition und Demonstranten verlangte Technokratenregierung zur Vorbereitung von Neuwahlen lehnte er ab.
Proteste in Skopje: Zehntausende Mazedonier fordern Regierungsrücktritt - DIE WELT