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Ferdydurke
Guest
Das versuchte ich bereits zu verdeutlichen. Man kann unsere ehemaligen kulturellen europäischen Verhältnisse nicht einfach, ohne Differenzierung, mit den orientalischen Kulturen gleichsetzen. Man bedenke z.B., dass in Europa um das Jahr 1000 n. Chr. verschiedene Kulturen beheimatet waren. Einmal die Christianisierten des "Heilligen römischen Reiches" und bis zum Jahr 1066, in Nordeuropa, immer noch die Wikinger lebten und herrschten, welche sich noch einmal wesentlich von Mittel- und Westeuropa unterschieden.
Das Heiraten von Kindern ist mir vorrangig aus der orientalischen Welt bekannt, mit Ausnahme von Gegebenheiten in europäischen Adelshäusern oder sonstigen, begrenzten Abweichungen. Nicht, dass ich erstere schlecht reden möchte, aber in Europa war und ist es einfach seit langer Zeit eher unüblich, beziehungsweise heute berechtigterweise verboten.
Ich denke, wir können getrost sagen, dass wir über die Verhältnisse in Europa im frühen Mittelalter oder über das Leben der Wikingen sowieso in erster Linie nur mehr oder wemiger wahrscheinliche Spekulationen führen können. Soweit ich weiß, existiert der Status der Ehe nach heutigem Verständnis erst ungefähr seit 1000 n.Chr. Kinderehen machen sowieso keinen Sinn, wenn die Gründung einer Familie im Vordergrund steht, insofern vermute ich, dass überhaupt in den meisten Gesellschaften der übliche Eheschluß immer mit der Geschlechtsreife zusammenfiel, einfach aus pragmatischen Überlegungen, und Kinderehen entweder Versorgungsehen oder -wie gesagt- politische oder wirtschaftliche Gründe hatten. Im orientalischen Raum würde ich sagen, dass die Kinderehe auch oft mit der Praxis der Polygamie zusammenfällt, welche allein aus rechnerischen Gründen eher einen kleinen, privilegierten Teil der Gesellschaft betrifft (Hierzu wären natürlich auch verläßliche Zahlen interessant). Aus polygamen Gesellschaften, in der wesentlich ältere Männer sehr jungeFrauen heiraten, weiß man, dass hier ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential herrscht.
Mich stört die Tendenz eine "Kinderschändergesellschaft" gegen eine "Nichtkindergesellschaft" auszuspiele, allein weil die Praxis des Eheschlusses (soweit es verläßliche Angaben gibt) erstmal noch nichts darüber aussagt, wie Sexualität in einer Gesellschaft außerhalb der Ehe gelebt wird, und was dort als legitim oder geduldet empfunden wurde. Aus dem christlichen Raum gibt es die Erlaubnis zum Eheschluß mit 7 Jahren durch Yves von Chartres und mit 11- 12 durch das Konzil, wobei ich nicht weiß, wann das genau war. Empfehlungen, sich mit dem Vollzug zurückzuhalten, basieren ja auch nicht auf Überlegungen zum Schutz des Kindes, sondern überhaupt den kirchlichen Moralvorstellungen, die ja sowieso empfehlen, sowenig wie möglich/nötig zu vollziehen
