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doch mit Blick auf die Anfänge der Gewalt bleibt ein Punkt festzuhalten: Unzweifelhaft ist, dass die Funktionäre der „Serbischen Demokratischen Partei“ (SDS) schon bald nach den ersten freien Wahlen in Bosnien von Ende 1990 dazu übergingen, para-staatliche serbische Territorien zu schaffen, die sich der Zuständigkeit der Regierung in Sarajevo (an der auch die SDS beteiligt war) entzogen. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Gemeinden (opštine) oder die sich selbst verwaltenden Ortsgemeinschaften (mesne zajednice) innerhalb der Gemeinden, wo die ethnische Segregation im Alltag auf Betreiben örtlicher Funktionäre und „Autoritäten“ vorangetrieben wurde. Kommunen mit serbischer Mehrheit oder einem bedeutenden serbischen Bevölkerungsanteil schlossen sich freiwillig oder unter massivem Druck örtlicher SDS-Funktionäre zu größeren Gemeinschaften zusammen, die in der Verfassung nicht vorgesehen waren. Nicht-Serben sahen sich permanenten Anfeindungen ausgesetzt; viele verließen die Gebiete. Die lokalen SDS-Führer verteilten Waffen an die serbische Bevölkerung. Diese stammten aus den Beständen der Jugoslawischen Volksarmee und der bosnischen Territorialverteidigung oder waren auf anderem Weg besorgt worden. Waffen gab es reichlich. Auf Parteiversammlungen und „Meetings“ wurde offen von einem bevorstehenden Krieg gesprochen. Und es wurden schon Listen mit Namen von Muslimen angelegt, die im Fall eines erwarteten Konflikts ausgeschaltet werden sollten. „Insbesondere in jenen Teilen des Landes, in denen die bosniakische Bevölkerung…die Mehrheit bildete, wurden bereits in dieser frühen Phase [sechs bis neun Monate vor Ausbruch der Kriegshandlungen] die ersten Vorbereitungen für eine Entmachtung und Eliminierung der Führungsstrukturen der Bosniaken und Kroaten getroffen. So wurde mit Hilfe ortskundiger Serben eine umfassende Identifikation der Oberschicht vorgenommen; alle Repräsentanten des öffentlichen Lebens, alle Politiker und Funktionäre, alle SDA-Mitglieder[22] und Aktivisten, die gesamte intellektuelle, wirtschaftliche und religiöse Lokalelite sowie all diejenigen Einzelpersonen, die auf andere Weise beachtlichen Einfluss auf die Lokalgemeinde ihrer Bevölkerungsgruppe ausübten, wurden auf Suchlisten gesetzt.“[23] Nach Kriegsbeginn betätigten sich dann die lokalen Akteure als Handlanger für das ortsfremde Militär und die paramilitärischen Banden.